Zeitbilder 5/6, Schulbuch
schied ob Söhne oder Töchter, dieses Herzogtum erb- lich vom Reiche innehaben und besitzen sollen (...) Wir bestimmen auch, dass keine hochgestellte oder niedrige Person in dem Gebiet dieses Herzogtums ohne Zustimmung und Erlaubnis des Herzogs die Ausübung irgendeiner Gerichtsbarkeit sich anmaße. Der Herzog von Österreich schuldet aber von seinem Herzogtume dem Reiche keinen anderen Dienst, als dass er zu den vom Kaiser in Bayern angesetzten Reichstagen über Vorladung erscheine. Gegeben zu Regensburg am 17. September im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1156. (Frass, Österreichisches Quellenbuch 1, 1956, 78) Höhepunkt und Ende der Babenberger-Herrschaft 1180 wurde die Steiermark unter den Traungauern zum Herzogtum erhoben. In einem Vertrag, „Georgenberger Handfeste“ (1186) genannt, machte der letzte Traun- gauer den Babenberger Leopold V. zu seinem Erben. Im Jahr 1192 fiel die Steiermark an die Babenberger. Unter der Regierungszeit Herzog Leopolds V. kam es zu einem Aufschwung der Wirtschaft und Kultur. Leopold V. ließ den englischen König Richard Löwenherz, mit dem er im Heiligen Land einen heftigen Streit hatte, in der Nähe von Wien gefangen nehmen. Für dessen Freilassung erhielt er ein hohes Lösegeld aus England. Dieses verwendete er, um Wiener Neustadt zu gründen. Wien, das seit 1155 Residenz war, ließ er ausbauen.1221 wurde den Wienern das Stadtrecht verliehen. Der streitbaren Herzog Friedrich II. führte Kriege und rebellierte gegen den Kaiser. Dieser verhängte daher die Reichsacht über ihn, Wien wurde 1237 vorüberge- hend eine reichsunmittelbare Stadt. Herzog Friedrich II. fiel 1246 in einer Schlacht an der Leitha gegen die Ungarn. Da er keine Kinder hinterließ, ging mit ihm die Herrschaft der Babenberger zu Ende. Vom Personenverbandsstaat zum Flächenstaat Im Frühmittelalter verstand man unter einem „Staat“ nicht wie heute ein Gebilde aus Staatsgebiet, Staats- volk und Staatsgewalt. Damals meinte man mit „Staat“ ein loses System von „Personenverbänden“, von Ab- hängigkeiten und persönlichen Bindungen. Lehen si- cherten den Unterhalt des Vasallen und verschafften ihm genügend Vermögen (z. B. Kauf einer Rüstung und eines Pferds), um seinem Herrn die verlangten Dienste zu leisten. Ab dem 12. Jahrhundert trat allmählich eine Änderung ein: Vasallen waren immer stärker an der wirtschaft- lichen Ausbeutung des Lehens interessiert. Die per- sönliche Beziehung und der Dienst als Lehensmann traten zurück. Durch Anhäufung von Grundbesitz und königlichen Rechten beherrschten die hohen Adeligen nun ihr Land. Regionale Machtträger, z. B. Grafen und Markgrafen, wurden so zu Landesfürsten. Allmählich löste der spätmittelalterliche und neuzeitliche Flächen- staat (Territorialstaat) den mittelalterlichen Personen- verbandsstaat ab. Eine Einschränkung ihrer Macht erfuhren die Landes- herren durch die Landstände. Diese setzten sich aus Vertretern des Adels, der Geistlichkeit und der Städte zusammen. In Tirol, Vorarlberg und der Schweiz wa- ren auch die Bauern vertreten. Die Landstände wirkten bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Landes mit. Vor allem besaßen sie das Steuer- und Truppenbewil- ligungsrecht. Ihre Versammlungen hießen Landtage. Diese „Interessensvertretung“ der Stände wurde erst im 17. Jahrhundert durch den fürstlichen Absolutismus ausgeschaltet. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Gestaltet ein großes Wandplakat mit dem Titel: „Die Ba- benberger und das Werden Österreichs“. Besprecht, bevor ihr damit beginnt, welche wichtigen Er- eignisse, Personen und Entwicklungen darauf dargestellt werden sollten. Orientiert euch vor allem am Inhalt dieses Kapitels. Verwendet auf dem Plakat Texte, Jahreszahlen und bildliche Darstellungen. 2. Beschreibe in Stichworten, wie sich der mittelalterliche Personenverbandstaat zum neuzeitlichen Flächenstaat wandelte. W Die Erweiterung der Mark durch die Babenberger. Mit der Verlegung der Residenz nach Wien durch Heinrich II. wur- de Wien schnell zur politischen und kulturellen Mitte Österreichs. Einen besonderen Höhepunkt erlebte die Stadt unter Herzog Leopold VI. (1198-1230), der ihr 1221 das Stadtrecht verlieh und für eine beträchtliche Vergröße- rung sorgte. 245 Österreich im Mittelalter und in der Neuzeit 7 Nur zu Prüfzwecken – Eigen um des Verlags öbv
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