Zeitbilder 5/6, Schulbuch
2. Österreich im Frühmittelalter Die Slawen Nachder AuflösungdesWeströmischenReiches herrsch- ten auf dem Boden des heutigen Österreich in schnel- lem Wechsel durchziehende germanische Völker. Slawische Stämme hatten im Verlauf des 6. Jahrhun- derts – aus dem Osten kommend – ein riesiges Gebiet zwischen Donau, Elbe und Ostsee zu besiedeln begon- nen. Sie standen weitgehend unter der Herrschaft der Awaren. Ihre Einfälle im heutigen Ost- und Südostöster- reich bis hin nach Oberitalien brachten um 600 erneut Unruhe in den mitteleuropäischen Raum. Letzte bisher noch bestehende Städte wurden dabei zerstört. Die Niederlage der Bayern gegen die Slawen in den Jahren 595 und 610 bei Aguntum im oberen Drautal bewirkte die Verfestigung einer Grenzzone zwischen Bayern und Slawen in unserem Raum. Sie spaltete den Ostalpenraum für Jahrhunderte. Eine Schwächeperiode des Awarenreiches nutzte Samo, ein fränkischer Kaufmann, zur Errichtung eines bedeu- tenden Slawenreiches. Q Als nun aber die Wenden (Slawen) mit Heeres- macht die Awaren angriffen, zog der Kaufmann Samo (...) an ihrer Seite im Heer mit; in diesem Kampfe gegen die Awaren bewährte sich seine Um- sicht und Tapferkeit so sehr, dass es ans Wunderbare Franken- Sachsen reich Slawische Völker Awaren- reich Reich des Samo † 659 S o r b e n Bregenz Pavia Tschechen Mährer Slowaken O s t r ö m i s c h e s R e i c h L a n g o b a r d e n r e i c h S l o w e n e n K r o a t e n K a r a n t a n e n B a j u w a r e n Passau Wels Salzburg Innichen Rom Ravenna Neapel Hemmaberg Aguntum (Lienz) Dreiherrenspitze Lorch Wien Tulln Traismauer K a r n i s c h e A l p e n P o n g a u Tennen- geb. Do n au I n n I n n S a l z a c h E n n s D r a u M u r D o n a u T h e i ß D r a u S a v e D o n a u W e i c h s e l O d er E l b e S a a l e E t s c h P o T i b e r A d r i a t i s c h e s M e e r W Die Siedlungsgebiete der Slawen in Mitteleuropa im 7. Jh. grenzte. (...) Die Wenden, die die Tüchtigkeit Samos erkannten, wählten ihn zu ihrem König und er regier- te 35 Jahre lang erfolgreich. (Fredegar, Die vier Bücher der Chroniken, IV, 48, 8. Jh.) Der Schwerpunkt dieses neuen Herrschaftsbereiches befand sich im Sudetenraum. Dort lagen vermutlich die Anfänge einer für Europa wichtigen Entwicklung. Sie führte nämlich zur Stammesbildung der Karantanen, Kroaten, Tschechen und Serben. Zwar konnten die Awa- ren nach dem Tode Samos (um 659 n. Chr.) ihre Herr- schaft über weite Teile Mitteleuropas wiederherstellen und bis in die Karolingerzeit erhalten. Die Alpenslawen (Karantanen) schienen aber ihre Selbstständigkeit be- hauptet zu haben. Ihr Gebiet umfasste Osttirol, Kärnten, Teile Salzburgs, Oberösterreichs und Niederösterreichs sowie einen großen Teil der heutigen Steiermark. Missionierung im 7. und 8. Jahrhundert Erste Spuren des Christentums im Gebiet des heutigen Österreich gibt es bereits zur Zeit der großen Christen- verfolgungen unter Kaiser Diokletian. Wahrscheinlich waren im letzten Jahrhundert der römischen Herrschaft in den Städten von Norikum, Pannonien und Rätien die meisten Bewohner christlich. Doch in der Zeit der Völ- kerwanderung und vor allem durch die Slawen- und Awareneinfälle wurde die christliche Tradition fast zur Gänze zerstört. Im 7. und 8. Jahrhundert kam es zu ei- ner neuerlichen Christianisierung. In Salzburg reorganisierte und reformierte Bischof Ru- pert (gest. kurz nach 716) das christliche Leben und die kirchliche Ordnung. Er handelte im Auftrag des Bay- ernherzogs. So bereitete er die Missionierung der heidnischen Ka- rantanen vor. Diese wurde schließlich von Bischof Virgil (Bischof in Salzburg von 749 – 784) erfolgreich in An- griff genommen. Bereits im 7. Jh. trugen irische Mönche das Christentum in Gallien und Burgund in die ländlichen Regionen. We- sentliche Impulse gingen dabei von Columban aus. Er kam wahrscheinlich im Jahr 611 nach Bregenz, dem ersten Ort des heutigen Österreich, der nach den Stür- men der Völkerwanderung wieder namentlich auf- scheint. Bregenz befand sich damals an der Grenze zwischen Heiden und Christen, zwischen Alamannen und Romanen. Columbans Schüler Gallus gründete das Kloster St. Gallen (Schweiz), das jahrhundertelang gro- ßen kulturellen Einfluss auf Mitteleuropa ausübte. W Die politisch handlungsberechtig- ten Karantanen führten die Fürsten einsetzung in der Karnburg durch und verwendeten dabei den „Fürs tenstein“, die umgedrehte ionische Basis einer römischen Säule. Dieser bildet das älteste Herrschaftszei- chen,dasauföstereichischemBoden verwendet wurde und erhalten blieb. (Wolfram, Grenzen und Räume, 1995, S. 303 f.) 242 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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