Zeitbilder 5/6, Schulbuch
Erster Weltkrieg: Ursachen und Anlass Der Erste Weltkrieg gründete auf einer Reihe von Konflikten • zwischen den europäischen Großmächten. Eine Krisenzone bildete Marokko, wo bereits 1911 auf Grund deutsch-franzö- sischer Gegensätze ein Krieg drohte. In der Krisenregion Balkan prallten die Interessen Russlands, • Österreichs und des Osmanischen Reiches aufeinander. Im Sinne des Panslawismus betrachtete sich Russland als Füh- rungs- und Schutzmacht der slawischen Völker. 1912 besiegten Serbien, Bulgarien, Montenegro und Grie- • chenland im 1. Balkankrieg das Osmanische Reich. Uneinig- keit der Sieger führte wenig später zum 2. Balkankrieg. Im Vorfeld des Krieges standen in Europa zwei mächtige • Bündnissysteme einander gegenüber: der „Dreibund“ (Deut- sches Reich, Österreich-Ungarn, Italien) und die Triple En- tente (Großbritannien, Frankreich, Russland). Nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erz- • herzog Franz Ferdinand in Sarajewo richtete Österreich an Serbien ein Ultimatum, das von Serbien jedoch abgelehnt wurde. Am 28. Juli 1914 erklärte Österreich an Serbien den Krieg. Innerhalb weniger Tage erfolgten weitere Kriegserklä- rungen der verschiedenen Bündnispartner. Im Westen erstarrte der Krieg in Frankreich zu einem Stel- • lungskrieg. Ähnliches galt für die Südfront, nachdem Italien im Mai 1915 gegen Österreich in den Krieg eingetreten war. Im Osten veränderte sich der Frontverlauf mehrfach, doch ohne militärische Entscheidung. Die Zahl der Kriegsteilnehmer wuchs. Japan und Rumänien • traten auf Seite der Entente, die Türkei und Bulgarien auf Seite der Mittelmächte in den Krieg ein. 1917 traten die USA wegen des uneingeschränkten U-Bootkrieges auf der Seite der Entente in den Krieg ein. Im Laufe des Sommers 1918 wurde die Überlegenheit der • Alliierten immer stärker. Aber erst im November 1918 boten die Mittelmächte einen Waffenstillstand an. Die Regierungen Deutschlands und Österreichs hofften dabei darauf, dass das 14-Punkte-Programm des amerikanischen Präsidenten Wilson vom Jänner 1918 als Grundlage für einen Frieden zur Anwendung käme. Im Laufe des Oktober 1918 zerfiel der Vielvölkerstaat der • Habsburger in eine Reihe von „Nachfolgestaaten“. Am 12. November erfolgte die Ausrufung der Republik • „Deutsch-Österreich“, nachdem Kaiser Karl I. auf die weitere Ausübung der Regierungsgeschäfte verzichtet hatte. Imperialismus Der Imperialismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts steht geschichtlich in enger Verbindung zum Kolonialismus der frühen Neuzeit. Er bezeichnet ein Streben nach Herrschaft und Macht, das vor allem in Afrika und Asien zu einer formellen oder informellen Beherrschung von Territorien und Län- dern durch die imperialen Mächte führte. Gründe für die imperiale Politik waren in erster Linie ein verbreitetes Großmacht- streben, daraus entstehende Rivalitäten sowie wirtschaftliche und militärische Ziele. Kapitalismus Darunter versteht man eine Wirtschafts- und Gesellschafts- ordnung, die durch privates Eigentum an Grundbesitz, Kapital (= Eigentum an Maschinen, Fabriken, Geld) sowie freier Verfügung über den Faktor Arbeit gekenn- zeichnet ist. Weitere Merkmale sind der (freie) Markt, der nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage funktioniert, und das Streben nach Gewinn. Kommunismus Darunter versteht man eine politische Bewegung, welche die „klassenlose Gesellschaft“ zum Ziel hat bzw. auch diesen Zustand erreicht hat. In der klassenlosen Gesellschaft gibt es nach Marx kein Privateigentum an Produktionsmittel (= Grundbesitz, Kapi- tal, Arbeitskräfte) sondern eine Planwirt- schaft, in der jeder am gesellschaftlichen Reichtum teilhaben kann. Liberalismus Der Liberalismus des 19. Jahrhunderts betont die Freiheit des Individuums in Staat, Wirtschaft und Ge- sellschaft. Sie gilt – ausgedrückt in den Bürgerrechten – als die grundlegende Norm für das Zusammenleben der Men- schen und als Voraussetzung für den Fortschritt. Im politischen Bereich wer- den der Verfassungs- und Rechtsstaat sowie die Gewaltenteilung gefordert. Im wirtschaftlichen Bereich stellen Privatei- gentum, Produktionsfreiheit, freier Markt, Wettbewerb und Handel zentrale Forde- rungen dar. Marxismus ist die Sammelbezeich- nung für die von Marx und Engels entwi- ckelte Wirtschafts- und Gesellschaftsthe- orie und den damit verbundenen politi- schen Ideen. Nation In der Antike und im Mittelalter bezeichnete der lateinische Begriff „na- tio“ (= Geborenwerden) die Abstammung oder Herkunft einer Person. Seit der Fran- zösischen Revolution und der Romantik wurde „Nation“ vor allem politisch und kulturell verstanden. Die politische Selb- ständigkeit der „Nation“ war das Ziel vie- ler nationaler Bewegungen im 19. Jahr- hundert. Dabei spielten das Bekenntnis, einer „Nation“ anzugehören (= subjektive Komponente) sowie die als gemeinsam angenommene Sprache, Geschichte und Kultur (= „objektive“ Komponente) eine entscheidende Rolle. Nationalökonomie Alte Bezeichnung für Volkswirtschaftslehre (als Teilbe- reich der Wirtschaftswissenschaften); die „klassische Nationalökonomie“ von Adam Smith hatte als Grundlage den freien Markt und freien Wettbewerb nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage. Rasse Der Begriff „Rasse“ wurde in der Aufklärung des 18. Jh. als ein Merkmal verwendet, um Menschen biologisch und anthropologisch zu unterscheiden und in Kategorien einzuteilen. Gefördert durch die Theorien von Charles Darwin wurde in der 2. Hälfte des 19. Jh. „Rasse“ end- gültig zu einem zentralen Begriff der Klas- sifizierung von Menschen. „Rasse“ blieb allerdings nicht ein ausschließlich „wis- senschaftlicher“ Begriff, sondern wurde sehr rasch mit ideologisch-politischen In- teressen und Wertvorstellungen von „hö- her- bzw. minderwertig“ verbunden. Dies geschah insbesondere in der Ideologie des Nationalsozialismus. Obwohl von wis- senschaftlicher Seite die Aussagekraft des Begriffs in Frage gestellt wird, findet „Rasse“ weiterhin ihre (pseudo-) wissen- schaftliche Begründung und ideologisch wertende Verwendung. Sozialismus ist die Bezeichnung für eine Gesellschaftsordnung, deren Grund- prinzipien Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität sind. In der politischen Praxis nahmen / nehmen sowohl sozialdemokra- tische Parteien in den parlamentarischen Demokratien als auch sozialistische bzw. kommunistische Parteien in den autoritä- ren Volksdemokratien darauf Bezug. Wirtschaftsliberalismus Seine Grund- lage bilden ein freier Markt und freier Wettbewerb (Konkurrenzprinzip) durch private Unternehmer, ohne staatliche Ein- griffe in die Wirtschaft. Grundbegriffe 237 6 Von Beginn der Industrialisierung bis zum Ersten Weltkrieg Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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