Zeitbilder 5/6, Schulbuch

(…) die Vergewaltigung unserer Frauen durch Wei- ße. Manche Männer sind totgeschossen worden wie Hunde, wenn sie sich weigerten, ihre Frauen und Töchter preiszugeben. (Gründer, Geschichte der deutschen Kolonien, 1985, S. 119) Der Aufstand der Herero und Nama endete mit der völ­ ligen Niederlage der Schwarzen. Auf die Massenmorde während des Aufstandes folgten Hinrichtungen, Depor- tationen und Konzentrierung der Herero und Nama in Lagern sowie die planmäßige Zerstörung ihres sozialen und kulturellen Lebenszusammenhangs. Die Stamme- sorganisation wurde aufgelöst, Vermögen und Land konfisziert. Besitz war den Schwarzen nur noch in be­ grenztem Umfang gestattet, es bestand weit gehend Ar- beitszwang. Die neue Rechtlosigkeit der Afrikaner zeig- te sich im Verbot von Land-, Großvieh- und Feuerwaf- fenbesitz, in der Einschränkung des Jagdrechts und der Aberkennung der Rechtsfähigkeit. Die Praxis kolonialer Massengewalt wird in der aktuellen wissenschaftlichen Literatur als Völkermord eingestuft. China – von vielen Seiten bedroht Die imperialistische Expansion erfasste auch Asien, wo- bei hier mit Japan und den USA auch zwei außereuro- päische Mächte beteiligt waren. Um 1840 zeigten von den ausländischen Mächten erst- mals die Briten ihre Stärke, nachdem die chinesische Regierung den Opiumhandel einer britischen Handels- kompanie unterbinden wollte. Unter dem Druck briti- scher Kriegsschiffe mussten die Häfen geöffnet, freie Schifffahrt und Zoll- und Handelsbegünstigungen ge­ währt werden. Hongkong wurde britische Kolonie. Die internationalen Handelsniederlassungen befanden sich in den Hafenstädten (Shanghai, Kanton). Hier re- gierten sich die ausländischen Großkaufleute praktisch selbst. Jiang Menglin von der Universität Peking klagte über die Ausländer: L Ihre Klubs schlossen jene Chinesen aus, deren Be- kanntschaft gelohnt hätte. In ihren Bibliotheken fehlten die lesenswerten Bücher. Ihre Köpfe steckten voller Dünkel (…) und rassistischem Vorurteile. Sie wussten nichts von der Weisheit und Kunst der gro- ßen Meister ihrer eigenen Kultur. (…) Nichts anderes interessierte sie als das Zusammenraffen von Geld. (Osterhammel, Chinesische Revolution, 1989, S. 478) Mitte der Achtzigerjahre bestanden Pläne, China aufzu­ teilen. Dieses Konzept Frankreichs und Großbritanni- ens scheiterte jedoch am Aufstieg Japans und der USA. Die USA vertraten in China eine „Politik der offenen Tür“ für alle Staaten. Danach sollte das Land dem freien Handel offen stehen und als Absatzmarkt dienen. Gegen die Bedrohung von außen, aber auch aus inneren Ursachen brach 1900 der Aufstand der „Boxer“ los. Sie waren eine von vielen Geheimgesellschaften Chinas, welche die alte Ordnung wiederherstellen wollten. Im Laufe des Aufstandes wurden der deutsche Botschafter und zahlreiche Ausländer ermordet. Ein internationa- les Truppenkontingent unter deutscher Führung schlug den Aufstand nieder. Peking wurde besetzt und Chinas Regierung musste eine hohe Entschädigung zahlen. In China bereitete sich allerdings eine neue Revolution vor. Diesmal orientierten sich die Revolutionäre stärker an europäischen Entwicklungen wie Volkssouveränität, Nationalstaat, Demokratie und Sozialismus. Die erste große Revolution im 20. Jahrhundert in China führte 1911 zum Sturz des Kaisertums und zur Errichtung der Republik. Die Abhängigkeit des Landes von Großmäch- ten wie Großbritannien, Japan oder den USA blieb je- doch weiter bestehen. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Finde Unterschiede in der Form der imperialen Beherr- schung in afrikanischen Ländern und in China. Denke da- bei an die direkte und indirekte Beherrschung. 2. Beschreibe die Aufstände der Herero und Nama sowie der „Boxer“. Nenne die jeweiligen Folgen. Versuche, weite- re Beispiele für Aufstände und koloniale Massengewalt in Erfahrung zu bringen. Denke dabei z. B. an Kamerun und an den Kongo. W Karikatur des Europäers aus chinesischer Sicht. Ein tätowierter, be- haarter, britischer Matrose wird als heimtückisches Ungeheuer darge- stellt. Im China des 19. Jh. wurden westliche Technik und europäisches Denken abgelehnt. In Europa hingegen begeisterte sich die reiche, gebil- dete Oberschicht für alles, was chinesisch war. W Herero-Aufstand 1904 in der dt. Kolonie „Südwestafrika“ (heu- te: Namibia), Rückkehr aus der Omaheke-Wüste, Foto 1905. Nach einem Sieg über die Aufständischen in der Schlacht am Water- berg (August 1904) flüchteten ca. 30 000 Herero in die wasserlose Wüste Omaheke. Wahrscheinlich verdurstete die Hälfte von ihnen. Der Herero-Aufstand wurde von den deutschen Kolonialtruppen blutig niedergeschlagen. Die wenigen Überlebenden wurden in weit entfernte „Konzentrationslager“ gebracht. 225 Imperialismus und Erster Weltkrieg 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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