Zeitbilder 5/6, Schulbuch
tionäre gegen den massiven Einsatz von Militär und Kanonen keine Chance. In Ungarn forderte Lajos Kossuth Anfang März eine –– eigene ungarische Regierung. Unter dem Druck der revolutionären Ereignisse stimmte Ferdinand I. zu. Viele Ungarn forderten nun, die Verbindung zur Gesamtmonarchie auf eine reine Personalunion zu beschränken. Innerhalb des Königreiches Ungarn brachen jedoch ebenfalls Gegensätze zwischen den Magyaren und den anderen Nationalitäten auf. Be- sonders mit den Kroaten spitzte sich der Konflikt zu. Nach gescheiterten Vermittlungsversuchen drangen kroatische Truppen in Ungarn ein, und Ferdinand I. erklärte die Regierung in Budapest für abgesetzt und das Parlament für aufgelöst. Die Revolution scheitert Die militärischen Erfolge der kaiserlichen Armeen in Prag, Oberitalien und Wien, die Gegensätze innerhalb der revolutionären Bewegung, das Ausscheiden der Bauern sowie die nationalen Zersplitterungen zeigten in Österreich bereits im Herbst 1848 das Scheitern der Revolution an. Dennoch dankte am 2. Dezember Fer- dinand I. ab. Ihm folgte Franz Joseph I. auf den Thron. Sein politisches Ziel war es, die Revolution endgültig zu überwinden. Vor allem in Ungarn stieß die Niederschla- gung der Revolution noch auf heftigen Widerstand. Mitte Dezember 1848 marschierten kaiserliche Truppen in Ungarn ein. Der ungarische Reichstag proklamierte daraufhin Ungarn als selbstständigen Staat. Die Versu- che, internationale Hilfe zu bekommen, schlugen aber fehl. Solidarität übten hingegen die gegenrevolutionä- ren Mächte. Mit russischer Hilfe konnte die kaiserliche Armee die ungarische Revolution endgültig besiegen. Es folgten ein äußerst blutiges Strafgericht mit zahlrei- chen Hinrichtungen und die Unterwerfung Ungarns unter ein zentralistisches Regime. Ebenfalls endgültig unterdrückt wurde 1849 die revolutionäre Bewegung in Oberitalien. Während sich die Gegenrevolution durchsetzte, beriet der Reichstag noch die Grundlagen einer Verfassung und einen Katalog an bürgerlichen Grundrechten. Die- ser Reichstag tagte seit Herbst 1848 in Kremsier und be- kannte sich in einem Verfassungsentwurf zur Volkssou- veränität. Zur Lösung der Nationalitätenfrage schlug er die Einrichtung einer Volks- und Länderkammer vor, die sowohl die Interessen des Gesamtstaates als auch jene der Nationalitäten wahren sollten. Doch der Krem- sierer Entwurf wurde nie verwirklicht. Im März 1849 wurde der Reichstag aufgelöst, es folgte eine von der Regierung verordnete Verfassung (Verfassungsoktroy). Trotz des Scheiterns blieben die Revolutionen nicht ohne Folgen. In Österreich war es 1848/49 zu einer um- fassenden Verwaltungsreform gekommen. Für Inneres, Unterricht, Handel und Ackerbau wurden z. B. 1849 neue Ministerien geschaffen. Die Justiz wurde in allen Bereichen von der Verwaltung getrennt. Der Obers- te Gerichtshof übernahm die Befugnisse der Obersten Justizstelle. Die Bauernbefreiung blieb bestehen. In der Anfangsphase stellte das liberale Bürgertum den Kern der revolutionären Bewegungen dar. Doch auch die Arbeiterschaft erlebte 1848/49 eine erste breitere Politi- sierung. Sie machte allerdings die Erfahrung, dass ihre Forderung nach staatsbürgerlicher Gleichberechtigung und sozialer Besserstellung im Bürgertum vielfach auf Ablehnung stießen. Die Politisierung der Arbeiterschaft führte vielmehr zu einem Gefühl der Bedrohung und lös- te Furcht vor einer neuerlichen sozialen Revolution aus. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Beschreibe Ursachen und Abläufe der Revolutionen von 1848/49. 2. Fasse die Revolution in der Habsburgermonarchie zu- sammen. Recherchiere darüber hinaus, in welchen der ge- nannten Länder die Revolution von 1848/49 noch heute im Staatsbewusstsein einen hohen Stellenwert besitzt. W Nach 1848 wanderten vielen Menschen nach Amerika aus. Sie waren tief enttäuscht vom Scheitern der Revolution. Manche verließen ihre Hei- mat, um der Verfolgung zu entgehen. Das Bild zeigt das Mitteldeck eines Auswandererschiffes um 1850. W Lajos Kossuth, der Führer der ungarischen Unabhängigkeitsbewegung strebte eine völlige Trennung Ungarns vom Habsburgerreich an. Diese zeitgenössische Lithografie zeigt ihn im Gedenken an die ungarischen Gefallenen der Schlacht von Kapolna gegen die Österreicher (Februar 1849). 215 Liberalismus und Nationalismus 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=