Zeitbilder 5/6, Schulbuch

9. Die Revolutionen von 1848/49 Die Revolution von 1830 Obwohl nach 1815 in Europa eine Zeit der Restauration einsetzte, konnte dennoch nicht völlig zu den alten Ver- hältnissen zurückgekehrt werden. Besonders in Frank- reich wehrte sich das Bürgertum dagegen, dass König, Adel und Kirche den Absolutismus aufrechterhalten wollten. Im Juli 1830 kam es in Paris zu einer Revoluti- on, der sich auch Studenten, Handwerker und Arbeiter anschlossen. König Karl X. dankte ab, das Parlament wählte mit Louis-Philippe einen neuen König („Bürger- könig“). Diese Ereignisse in Frankreich lösten eine Wel- le liberaler Proteste in ganz Europa aus. Die Revolutionen von 1848/49 1848/49 fanden in vielen Staaten Europas Revolutionen statt. Sie erschütterten die politische und gesellschaft­ liche Ordnung weit stärker als alle anderen revolutio- nären Aufstände seit der Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress 1815. Die liberale Opposition gegen Obrigkeitsstaat und Zensur hatte beständig zugenom- men. Hinzu kamen nationale Bewegungen, eine tief gehende Wirtschaftskrise und soziale Spannungen. So prägten liberale, nationale und soziale Faktoren die Re- volutionen von 1848/49. Sie waren jedoch im Verlauf der einzelnen Revolutionen nicht immer von gleicher Bedeutung. Die nationale Frage spielte z. B. in Frank- reich keine so große Rolle wie in Italien, in den deut- schen Staaten oder im Vielvölkerstaat der Habsburger. In Frankreich war wiederum die Soziale Frage bereits die „Arbeiterfrage“, während in anderen Ländern die „Bauernfrage“ dominierte oder „Bauern- und Arbeiter- frage“ sich überschnitten. So entstand 1848 keine ge- meinsame revolutionäre Front gegen die alten Mächte. Die Revolution begann wieder in Frankreich, wo im Februar 1848 der Kampf um das allgemeine Wahlrecht und soziale Besserstellung zu Demonstrationen führte. Als die Regierung weitere Kundgebungen verbot, kam es in Paris zum revolutionären Aufstand. Zeitgenössi- sche Berichte sprechen davon, dass die Revolution von jenen getragen wurde, „die von der Arbeit ihrer Hände lebten“. Sie stellten rund zwei Drittel der Pariser Bevöl- kerung und litten besonders unter den unsicheren Le- bensbedingungen. Der König dankte ab und Frankreich wurde für kurze Zeit Republik. Schon bald zeigten sich jedoch Gegensätze in der revolutionären Bewegung. Das Bürgertum wollte vor allem das allgemeine und gleiche Wahlrecht – allerdings nur für Männer –, fürch- tete sich aber vor einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft. Dieser Gegensatz erreichte im Juni seinen Höhepunkt, als es in Paris neuerlich zu einem Aufstand kam. Die neue Regierung brachte Militär zum Einsatz und schlug den Aufstand blutig nieder. Tausende Men- schen verloren dabei ihr Leben. Österreich – das alte System wankt Ähnlich wie in Paris ging auch in Ös- terreich die Revolution aus einer be- stehenden Reformbewegung hervor. Zum Aufstand kam es, als am 13. März 1848 in Wien Militär auf Demonstran- ten schoss. Noch am selben Tag trat Staatskanzler Metternich zurück. Am 14. März wurde die Zensur aufgeho- ben und einen weiteren Tag später durch Kaiser Ferdinand I. eine Verfas- sung in Aussicht gestellt. Die monar- chistische Staatsform blieb dabei un- angetastet. Der Kaiser ernannte aller- dings eine neue Regierung, der aber keiner der Revolutionäre angehörte. Gleichzeitig mit diesen Ereignissen in der Innenstadt kam es in den Vororten Wiens zu sozialen Revolten. Die Auf- ständischen stürmten Fabriken und zerstörten Maschinen, die sie für die Ursache ihres Elends hielten. Auch ein Steueramt wurde niedergebrannt. In Geschäften, Bäckereien und Wirts- häusern fanden Plünderungen statt. Ende April verkündete die Regierung eine Verfassung, die ein Wahlrecht für wohlhabende Schichten vorsah. Als es im Mai zu neuerlichen Unru- hen kam, verließ der Kaiser mit sei- nem Hof die Hauptstadt, die zentrale Po Loire Rhône Donau O d e r D o n a u M i t t e l m e e r N o r d s e e O s t s e e London Paris Athen So a Berlin Warschau Prag Wien Budapest Belgrad Rom Neapel Genua Mailand Venedig Florenz Turin Palermo Köln Stuttgart München ( b r i t i s c h ) B a l e a r e n Korsika Kreta Hannover Bayern Toskana Piemont E l b e I o n i s c h e I n s e l n Sachsen Hessen F r a n k r e i c h Sardinien Sizilien Königreich beider Großbritannien und Irland Niederlande Dänemark Schweiz Kirchen- staat Russland O s m a n i s c h e s Schweden P r e u ß e n Belgien Lux. Spanien Griechen- land Ö s t e r r e i c h - U n g a r n 0 500 km Grenze des Deutschen Bundes bis 1866 Revolutionen 1848/49 W Die Revolutionen der Jahre 1848/49. 213 Liberalismus und Nationalismus 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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