Zeitbilder 5/6, Schulbuch

gen der Österreicher Wilhelm Engerth (1854). Sie wurde für die im selben Jahr fertig gestellte, erste europäische Gebirgsbahn über den Semmering dringend benötigt. Ihr Planer, Karl Ritter von Ghega, verteidigte sie gegen alle Zweifler und Gegner: Q Exzellenzen! Hochverehrte Herren und Fachkol- legen! In zahlreichen Blättern des In- und Auslandes und in vielen Fachzirkeln hat der Entschluss der hochlöbli- chen Regierung zur Erteilung der Baugenehmigung der Bahn über den Semmering nach meinem Projekt Stimmen laut werden lassen, die das Projekt als un- durchführbar und gefährlich bezeichnen. Namhafte Fachleute haben sogar eine Denkschrift verfasst, nach welcher der Semmering einzig und al- lein mit Hilfe einer Standseilbahn bezwungen wer- den könne (…). Meine langjährigen Erfahrungen aber, meine auch im Ausland erworbenen Kenntnis- se erlauben mir, Ihnen, meine sehr verehrten Her- ren, die Versicherung geben zu können, dass die ers- te Lokomotivbahn über die Alpen ein voller Erfolg werden wird. Kein Geringerer als der Altmeister des Lokomotivbaues, George Stephenson, ist hierüber der gleichen Ansicht. (Berger u. a., Arbeitsbuch, S. 14) Seit Jahren ist ein Eisenbahntunnel durch den Semmering geplant. Welche Vorteile bzw. Nachteile erwarten Befür- worter bzw. Gegner eines solchen Milliardenprojektes? Welche Meinungen gibt es dazu in eurer Klasse? Die Fertigstellung der Südbahn führte zu einer enormen Verkürzung der Wegzeit: Zu Fuß waren Wanderer von Wien nach Graz vier Tage unterwegs, mit der Postkut- sche betrug die Fahrzeit 29 Stunden. Der Personenzug aber schaffte die Strecke in weniger als 10 Stunden. Daher nahm der Personen- aber auch der Güterverkehr mit der Bahn zwischen der Hauptstadt Wien und dem Hafen Triest innerhalb kurzer Zeit um ein Vielfaches zu. Denn die Fahrzeitverkürzung führte auch zu einer deut- lichen Verbilligung der Frachtkosten. Die deutliche Zunahme des Güterverkehrs auf der Schiene kurbelte auch die Wirtschaft in Europa weiter an. Die Eisenbahn wurde aber auch strategisch sehr wichtig: Heere konnten damit wesentlich schneller zum Einsatz gebracht, Kanonen auf Geleisen transportiert werden. Auch in anderen Kontinenten wurden bald riesige Bahn­ projekte abgeschlossen: 1869 ging in den USA die Pazi- fikbahn, welche die Ost- mit der Westküste verband, in Betrieb. In Russland war im Jahr 1900 die Transibirische Eisenbahn bis zum Pazifik fertig ausgebaut. Auch zu Wasser wird der Transport schneller Der Transport zu Wasser war im Vergleich zur Straße zwar unsicher und langsam, doch immer wesentlich bil- liger. Deshalb verfügte England schon zu Beginn der In- dustrialisierung über ein gut ausgebautes Kanalsystem, auf dem der Großteil der Güter transportiert wurde. Seit Leonardo da Vinci versuchten europäische Erfinder, Schiffe auch mit einem Schaufelrad anzutreiben. Aber erst durch die Nutzung der Dampfkraft gelang es, mit dem Radantrieb größere Geschwindigkeiten zu erzie- len. Das erste brauchbare Dampfboot des Amerikaners John Fitch erreichte 1786 immerhin schon 25 km/h. We- sentlich erfolgreicher war John Fulton: Seine 43 Meter lange, mit vier riesigen Schaufelrädern ausgestattete „Clermont“ bewältigte im Jahre 1807 die 120 Seemei- len zwischen New York und Albany in damals unglaub- lichen 32 Stunden (ein Segelschiff brauchte dreimal so lang). Bald machten Dampfschiffe auch Probefahrten auf der Donau und anderen europäischen Flüssen. 1819 fuhr bereits ein mit Schaufelrädern ausgestatteter Dreimas- ter in 27 Tagen über den Atlantik. Die entscheidende Verbesserung im Schiffsantrieb aber gelang dem öster- reichischen Forstmeister Johann Ressel: Er erfand 1829 die Propellerschraube, die viel höhere Geschwindigkei- ten ermöglichte. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die wesentlichen Erfindungen in der Textil- und Schwerindustrie sowie im Transportwesen zusammen! W Das Dampfschiff Maria Anna erregte 1837 in Linz großes Aufsehen. Welche Länder (Kontinente) haben in welchen Zeiträumen die höchsten Zuwachsraten? Die Entwicklung der Eisenbahn zwischen 1850 und 1910 (Streckennetz in 1 000 km) 1850 1860 1890 1910 USA 14,5 49,2 268,4 392,8 England 10,5 16,8 32,3 37,7 Deutschland 6,0 11,6 42,9 63,1 Frankreich 3,1 9,5 36,7 51,2 Österreich-Ungarn 1,6 4,5 26,5 45,9 Russland 0,6 1,6 32,4 76,3 Süamerika – 0,5 27,6 65,5 Asien (ohne Russland) – 1,4 31,7 85,0 201 Industrialisierung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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