Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Boulton hatte wohl nur deshalb so viel Geld in das Pro- jekt gesteckt, weil Watt seine Erfindung hatte patentie- ren lassen und damit jegliche Konkurrenz ausgeschal- tet war. Mit einem königlichen Patent durften Erfinder nämlich schon seit dem 17. Jh. ihre Erfindungen für eine begrenzte Zeit alleine nutzen. Watt und Boulton beka- men vom Parlament sogar eine Patentverlängerung zu- erkannt: Q Und in Anbetracht dessen, dass, um diese Dampf- maschine mit der nötigen Präzision und zu mä- ßigen Preisen herzustellen, zuvor eine beträchtliche Summe Geld (…) ausgegeben werden muss, dass mehrere Jahre (…) erforderlich sein werden, um den größten Teil der Öffentlichkeit vom Nutzen dieser Erfindung zu überzeugen, wird wahrscheinlich die ganze Zeit, die durch das genannte Patent gewährt wurde, verstreichen, bevor besagter James Watt ei- nen angemessenen Vorteil aus seinen (…) Erfindun- gen ziehen kann: Und obwohl durch die Beschaffung mechanischer Kraft zu weit niedrigeren Kosten und in geeigneterer Form als bisher seine Dampfmaschi- nen von größerer Nützlichkeit sein können, (…) steht es doch nicht in der Macht des besagten James Watt, seine Erfindung zu jener Vollkommenheit zu entwi- ckeln, die er wünscht (…), wenn die Zeitspanne, die durch besagtes Patent gewährt wurde, nicht verlän- gert wird. (Aus dem Gesetz Georgs III.; in: Scherer, Erfindung und Innovation bei der Entwicklung der Dampfmaschine durch Watt – Boulton, 1972, S. 153) Welche Gründe werden für die Verlängerung des Patentes angeführt? Welche Nachteile könnte die Allgemeinheit durch einen solchen Patentschutz erleiden? Versucht etwas über heu- tiges Patentrecht und -schutz zu erfahren (z. B. im Zusam- menhang mit Computer-Software). Der hohe Einsatz an Geld und Forschung lohnte sich: Boulton hinterließ bei seinem Tod 150 000 Pfund, Watt immerhin 60 000 Pfund. Als Watt 1819 starb, überquer- te das erste, mit Dampf betriebene Schiff bereits den Atlantik. Der weltweite Siegeszug der Dampfmaschine war nicht mehr aufzuhalten. Der technische Fortschritt in der Schwerindustrie Seit dem 16. Jh. wurde in Großbritannien schon Kohle für den Hausbrand und in der herkömmlichen Indus- trie verwendet: z. B. bei der Glas- und Ziegelherstel- lung. Der Bedarf an Kohle nahm ab 1700 stark zu, denn Holzkohle war durch das Abholzen immer knapper und damit auch teurer geworden. Anfangs wurde nur im Tagbau abgebaut. Untertagabbau war ja auch wegen der fehlenden technischen Voraussetzungen (Wasser- pumpen) gar nicht möglich. Erst mit dem Einsatz der Dampfmaschine gelang es, Kohle in immer größeren Tiefen abzubauen. Sie wurde bald nicht nur zum Was- serpumpen, sondern auch zumBefördern vonMenschen und Material in den Schächten verwendet. Anstelle der Kohlenträger/innen und Ponys wurde sie bald auch als Zugmaschine eingesetzt, welche die beladenen Karren zuerst auf Holz-, gegen Ende des 18. Jh. aber schon fast überall auf Eisenschienen (= tramways) transportierte. Schon 1709 hatte der Eisengießer Abraham Darby aus Steinkohle Koks hergestellt und damit Eisen zum Schmelzen gebracht. Doch erst gegen Ende des 18. Jh. konnte gutes Eisen billig und in Massen erzeugt wer- den. Anfangs sollte damit vor allem besseres Kriegs- gerät (z. B. Kanonen) hergestellt werden, innerhalb kurzer Zeit jedoch wurde auch für den Hausgebrauch (Tore, Bettgestelle, Wasserrohre usw.) und für die In- dustrie (Maschinen und Werkzeug) produziert. Den- noch brauchte man noch immer mehrere Tage, um 10 Tonnen Stahl herzustellen. Als Henry Bessemer 1855 seine „Bessemerbirne“ erfunden hatte, benötigte er für W Mit einer Dampfmaschine werden die Pumpen in einem englischen Kohlebergwerk angetrieben (unbekannter Maler, um 1792). 199 Industrialisierung 6 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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