Zeitbilder 5/6, Schulbuch
Die Völker wehren sich Die rücksichtslose Politik Napoleons und vor allem die harte Auspressung der eroberten und abhängigen Län- der hatten (nationale) Gegenkräfte geweckt. In den daraus folgenden Auseinandersetzungen wurde nun erstmals seit langem wieder die betroffene Bevölkerung aktiv. Aber auch die Regierungen versuchten aus dem napoleonischen Hegemonialsystem auszubrechen. L Einnahmen Napoleons aus den besetzten Län- dern: 4 Mio. pro Jahr von Spanien; 30 Mio. pro Jahr von Italien; während des Krieges 1805 von Ös- terreich 118 Mio. verlangt, mindestens 75 Mio. erhal- ten; während des Krieges 1809 von Österreich 250 Mio. verlangt, bezahlt wurden 164 Mio. (…) Portu- gal, (…), Preußen, (…). Die Armee lebte fast völlig auf Kosten des Feindes. (Schmid, Fragen an die Geschichte, Bd. 3, 1981, S. 171) „Der Krieg ernährt den Krieg.“ Wer ist von dieser Politik am meisten betroffen? Im Jahre 1809 versuchte Österreich die napoleonische Vorherrschaft abzuschütteln und erklärte Frankreich den Krieg. Darauf reagierte Napoleon prompt: Er marschierte nach Wien. Zwar konnte Erzherzog Karl den Kaiser der Fran- zosen bei Aspern erstmalig schlagen und damit die Le- gende der Unbesiegbarkeit Napoleons zerstören, aber schon wenige Wochen später wurde der Erzherzog bei Deutsch-Wagram entscheidend besiegt. Im folgenden Frieden von Schönbrunn zeigte Napoleon seine ganze Macht: Österreich verlor Salzburg und das Innviertel an Bayern, Dalmatien, Istrien, Kroatien, Ost- tirol und Teile Kärntens wurden zum Königreich Dalma- tien zusammengefasst. Ein weiterer Erfolg Napoleons war die Heirat mit der Tochter Franz’ I., Marie Louise (von seiner ersten Gattin hatte er sich scheiden lassen). Er wollte sich so auf eine Stufe mit den alten Fürsten- häusern stellen. In Tirol hatte 1809 ein Bauernaufgebot unter der Füh- rung von Andreas Hofer die bayrische Besatzung aus dem Land gejagt. In drei Schlachten am Berg Isel bei Innsbruck wurden die bayrischen und französischen Truppen besiegt. Napoleons Debakel in Russland Um 1810 wollte Napoleon die Kontinentalsperre ver schärfen. Der russische Zar Alexander I. nahm aber wieder Wirtschaftsbeziehungen zu England auf und lieferte Getreide und Holz. Napoleon musste also Russ- land wieder in sein System zwingen, um gegen England Erfolg zu haben. Dazu bot er das bisher größte Heer der Geschichte auf: Die Grande Armée zählte mehr als 600 000 Mann, von denen allerdings nur etwa ein Drittel Franzosen waren. Die stärksten Kontingente mussten Österreich, Preußen und Sachsen stellen. Ende Juni begann der Einmarsch in Russland. Die Russen wurden in einigen sehr verlust- reichen Schlachten geschlagen, doch Russland war noch nicht besiegt. Napoleon hoffte, durch die Einnahme Moskaus den Zaren zum Frieden zwingen zu können. Als er jedoch die Stadt im Frühherbst erreichte, waren die Bewohnerinnen und Bewohner zum größten Teil geflohen. Schon am nächsten Tag äscherte ein Brand weite Teile der Stadt ein. Napoleons Lage wurde immer unhaltbarer: Es traten ernste Versorgungsschwierigkei- ten auf. Diese wurden noch dadurch verstärkt, dass der russische Feldherr Kutusow die Taktik der „verbrann- ten Erde“ anwandte. Außerdem stand der gefürchtete russische Winter vor der Tür. Ende Oktober 1812 befahl Napoleon den Rückzug. Die- Idealisierte Heldendarstellung Napoleons auf dem St. Bernhard. Auf dem Felsen sind die Namen seiner berühmten Vorgänger zu entziffern, die mit ihren Armeen die Alpen überquerten: Hannibal und Karl der Große (Gemälde, Schloss Malmaison). Das Gemälde des kaiserlichen Hofmalers Jacques-Louis David diente der kaiserlichen Propaganda. In Wirklichkeit ritt Napoleon nicht auf einem Pferd, sondern auf einem Maultier. Er trug auch nicht seine Paradeuniform, sondern einen ge- wöhnlichen Waffenrock. Andreas Hofer am Berg Isel bei Innsbruck. Zeitgenössisches Flugblatt. Nach dem Frieden von Schönbrunn führte der Tiroler Bauer und Wirt Andreas Hofer – von Wien allein gelassen – einen vergeblichen Klein- krieg weiter. Von einem Landsmann verraten, geriet er in die Gewalt der Franzosen, die ihn in Mantua standrechtlich erschossen. 175 Revolution und Restauration 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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