Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Erste Machtwechsel in Athen Auch in Athen herrschten in der Frühzeit Könige (wie z. B. der sagenumwobene Theseus). Seit dem 8. Jh. v. Chr. jedoch übernahmen langsam ihre Gefolgsleute, die berittenen Adeligen, die politische Macht. Sie besaßen große Güter und galten als die Besten (griechisch: aris- toi) der Gesellschaft. Diese Machtübernahme geschah in Athen durchaus friedlich. Zuerst wurde die Regie­ rungsdauer des Königs auf zehn Jahre beschränkt. Ab dem 7. Jh. v. Chr. teilten sich zunächst drei, bald danach neun Adelige als Oberbeamte (= Archonten) die Re­ gierungsgewalt. Später wechselten sie einander sogar jährlich ab. Seit dem 7. Jh. v. Chr. führten die gesellschaftlichen Veränderungen zu einem großen sozialen Konflikt. Es gab zwei aufstrebende Bevölkerungsgruppen: den neuen „Geldadel“: Er war durch den blühenden –– Handel mit den Kolonien und die damit aufkommen­ de Geldwirtschaft entstanden; die reichen Großgrundbesitzer. –– Ihnen standen die vielen, nicht konkurrenzfähigen Kleinbauern als Verlierer gegenüber: Sie gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten, mussten zunächst bei einem Grundbesitzer Schulden machen und dafür ihr Land als Sicherstellung bieten. Waren die Schuldner nicht in der Lage, den Kredit zurückzuzahlen, boten sich ihnen zwei Möglichkeiten: Sie konnten entweder ihren Besitz dem Grundherrn überlassen und in die Stadt zie­ hen oder sie begaben sich in die Leibeigenschaft. Viele der ehemals freien Bauern wurden schließlich als Skla­ ven verkauft.  Aufnahme der Akropolis mit dem Parthenon im Mittelpunkt. Die (Verfassungs-)Reform des Solon Im Jahr 594/593 v. Chr. sollte der Archon Solon, ein rei­ cher Kaufmann, als „Versöhner und weiser Reformator“ diesen sozialen Konflikt lösen. Denn er genoss bei allen Bevölkerungsgruppen das Vertrauen. Sein Reformpro­ gramm umfasste folgende Punkte: Die auf Grundstücken lastenden Schulden wurden –– wesentlich gemindert. Alle wegen Schulden leibeigen gewordenen Perso–– nen wurden freigelassen; die ins Ausland verkauften Sklaven auf Staatskosten zurückgeholt. Die Verpfändung der eigenen Person wurde verbo–– ten. Ein neues Recht sah für reiche wie arme Bürger die –– gleiche Behandlung vor (Gleichheitsgrundsatz – Iso­ nomie). Solon vergrößerte aber auch die politischen Rechte des „Geldadels“, der ihn als Gesetzgeber in das Regie­ rungsamt gedrängt hatte. Er teilte die attischen Bürger in vier Vermögensklassen ein. Je nach der Größe ihres Vermögens (und ihrer Steuerleistung) durften sie künf­ tig in der Politik mitbestimmen. Nur die Reichsten konn­ ten Archonten werden und nur die Besitzlosen durften nicht in die Regierung. Alle Bürger aber waren in der Volksversammlung vertreten, wo die Gesetze beschlos­ sen wurden (Timokratie = Herrschaft des Vermögens). Was hältst du davon, politische Mitbestimmung nur von der Höhe der Steuerleistung abhängig zu machen? Welche Auswirkungen hätte dies auf die politische Situati- on in Österreich heute? Tyrannis auch in Athen Solons Reformen änderten nichts daran, dass die besitz­ losen Bauern weiterhin als billige Arbeitskräfte in der Landwirtschaft oder im Gewerbe ihr Leben meistern mussten. Ihre Unzufriedenheit nützte um 560 v. Chr. der Adelige Peisistratos und erkämpfte sich mit ihrer Hilfe schließlich die Alleinherrschaft (= Tyrannis). Er schickte feindlich gesinnte Adelige in die Verban­ nung und teilte deren Grundbesitz und auch Staats­ boden unter den besitzlosen Bauern auf. Die armen Stadtbewohner beschäftigte er im Straßen-, Wasserlei­ tungs- und Tempelbau. Peisistratos förderte durch viele Aufträge auch Kunst und Kultur, die er mit einer neu­ en Steuer finanzierte. Sein Sohn Hippias führte die Ty­ rannis weiter fort, bis er 510 v. Chr. von gegnerischen Adelsgeschlechtern aus Athen vertrieben wurde. Kleisthenes entwickelt die attische Demokratie weiter Der Athener Adelige Kleisthenes, der maßgeblich an der Vertreibung des letzten Tyrannen mitgewirkt hatte, führte im Jahre 508 v. Chr. als neuer „weiser Gesetzge­ ber“ die nächste Verfassungsreform durch. Er löste die alten, auf Verwandtschaft beruhenden, vier Stammes­ verbände (= Phylen) auf und fasste die attischen Bürger in zehn neuen Phylen zusammen. Nun konnten z. B. der Bauer vom Bergland, der Kaufmann aus der Stadt und der Fischer von der Küste in ein- und derselben Phy­ le zusammenkommen. Eine Phyle bildete gleichzeitig auch eine Heereseinheit. Das Archontenamt durften weiterhin nur die Reichsten ausüben. Doch nunmehr konnten auch die Besitzlosen 3. Die Entwicklung der „attischen Demokratie“ 17 2 Die antike Welt Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=