Zeitbilder 5/6, Schulbuch
Act harte Kritik übten und dem englischen Parlament das Recht bestritten, Finanzgesetze für die Kolonien zu verabschieden. Da die Intelligenz über sämtliche Kommunikations- mittel verfügte, zündete ihr Protest rasch in den Be- völkerungsmassen. Vielfach wurde die These, dass es keine Besteuerung ohne angemessene Mitsprache („no taxation without representation“) geben dürfe, aufgegriffen. (Dahms, Grundzüge der Geschichte der Vereinigten Staaten, 1971, S. 127) Weshalb spielt „die Intelligenz“ in Revolutionen immer wieder eine führende Rolle? Welche Weltanschauung bildet die Grundlage für die For- derung „no taxation without representation“? Der Widerstand wird gewalttätig Die Kolonisten reagierten auch mit Protestresolutionen, der Gründung militanter patriotischer Vereine und mit Gewalttaten. Noch bevor das Gesetz in Kraft trat, hatten alle Eintreiber der Stempelsteuer aus Angst um ihr Le- ben ihr Amt wieder niedergelegt. Solchen Schwierigkeiten gegenübergestellt, hob das Parlament in London das Stempelgesetz auf. Doch schon bald darauf verabschiedete es ein neues Gesetz, welches wichtige Importwaren wie Blei, Farben, Papier, Glas und Tee mit Zöllen belegte. Neuerlich kam es zum Boykott englischer Waren, wieder musste Großbritan- nien auf Drängen seiner geschädigten Kaufleute die Maßnahmen zurücknehmen. Nur der Teezoll blieb be- stehen, um der East India Company, die vor dem finan- ziellen Ruin stand, zu helfen. Jetzt wurde der amerikanische Widerstand erst recht gewalttätig. Bei der Bostoner „Tea Party“ kaperten als „Indianer“ verkleidete Aktionisten drei Teeschiffe und warfen die Ladung ins Meer. Diesmal reagierte England scharf: Der Bostoner Hafen wurde bis zum Ersatz des angerichteten Schadens ge- sperrt und die Kolonie Massachusetts einer königlichen Militärregierung unterstellt. Als Reaktion kamen die Vertreter der Kolonien zum Ersten Kontinentalen Kon- gress in Philadelphia zusammen, um über ein gemein- sames Vorgehen zu beraten. Die „Nonimportation“ wurde verstärkt. Der Unabhängigkeitskrieg bricht aus Großbritannien sah sich vor die Alternative gestellt: Entweder Aufhebung der Gesetze oder ihnen mit Ge- walt Geltung verschaffen. Das Parlament in London entschloss sich für den zweiten Weg. Anlass zum offe- nen Ausbruch des Krieges war der Versuch englischer Truppen, ein Waffenlager der Kolonisten in Massachu- setts zu zerstören. Dabei kam es am 19. April 1775 bei Lexington und Concord zu ersten Gefechten zwischen regulären britischen Truppen und der einheimischen Miliz. Dieser gehörte jeder Mann zwischen sechzehn und sechzig Jahren an. Die Amerikaner blieben Sieger an diesem ersten Tag des Unabhängigkeitskrieges, der schließlich acht Jahre dauern sollte. Ein zweiter Kontinentalkongress der Kolonisten in Phi- ladelphia stellte nun Geld für Waffen und Schiffe be- reit und beschloss die Umwandlung der Milizen in eine reguläre Armee. George Washington, ein Plantagenbe- sitzer aus Virginia, wurde zum Oberbefehlshaber er- nannt. Die Idee der Unabhängigkeit gewann nur zögernd an Boden. Den Umschwung brachte eine Hetzschrift von Thomas Paine, die unter dem Titel „Common Sense“ verbreitet wurde. Darin bezeichnete er König Georg III. als einen „hartherzigen, sauertöpfischen Pharao“ und als „Bestie von England“. „Ein einziger ehrlicher Mann ist für die Gesellschaft wertvoller als alle gekrön- ten Schurken, die jemals lebten.“ Wer den „britischen Mördern“ jetzt noch die Hand reiche, habe „das Herz eines Feiglings“. Trotz des Stimmungswandels in der Bevölkerung wagte es der Kongress noch nicht, die Unabhängigkeit aus- zurufen. Der militärische Kampf der meist recht undis- ziplinierten Truppen Washingtons gegen die reguläre Armee Großbritanniens verlief nämlich keineswegs erfolgreich. Daher war es für die Amerikaner von ent- scheidender Bedeutung, dass ihnen Frankreich und Spanien Kriegsmaterial lieferten und erfahrene Offizie- re schickten. Erst jetzt ließen sich die Kongressdelegierten zum letz- ten, unwiderruflichen Schritt bewegen. Am 4. Juli 1776 beschlossen sie „The Unaminous Declaration of the Thirteen united States of America“: Q Wir erachten folgende Wahrheiten für selbstver- ständlich: dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass ihnen der Schöpfer gewisse unveräußerli- che Rechte verliehen hat, zu denen unter anderem Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehö- ren; dass zur Sicherung dieser Rechte Regierungen eingesetzt sind, welche die ihnen zustehende Gewalt von der Einwilligung der Regierten ableiten; dass es das Recht des Volkes ist, eine Regierungsform, wenn sie jenen Zwecken verderblich wird, abzuändern oder abzuschaffen und eine neue Regierung einzu- setzen, welche derart gestaltet ist, dass Sicherheit und Wohlfahrt des Volkes gefördert werden. Wenn eine lange Reihe von Missbräuchen und Anmaßun- gen die Absicht darlegt, das Volk unter unbeschränk- ten Despotismus zu beugen, so ist es sein Recht, ja seine Pflicht, eine solche Regierung zu stürzen. Deshalb geben wir feierlich kund und erklären, dass diese vereinigten Kolonien freie und unabhängige „Tea Party“ im Bostoner Hafen am 16. Dezember 1773. 164 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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