Zeitbilder 5/6, Schulbuch

L Er deportierte irische Soldaten bis nach Westindi- en, verfolgte den katholischen Klerus und über- ließ das entvölkerte Land englischen Soldaten, Of- fizieren und Spekulanten zu Schleuderpreisen. Eine drakonische Sozial- und Bodengesetzgebung brach- te die ärmere irische Bevölkerung unter die Knecht- schaft englischer Protestanten und stabilisierte deren Herrschaft ebenso wie die irischen Elendsverhältnis- se auf Jahrhunderte hinaus. (Elze, Studienbuch Geschichte, 1983, S. 478) Was weißt du vom englisch-irischen Gegensatz in Nordir- land heute? Cromwell regierte, gestützt auf das Heer, wie ein abso- luter Monarch. Er wurde aber in seiner Herrschaftsaus- übung vom Parlament eingeschränkt. Dies veranlasste ihn schließlich im Jahre 1658, kurz vor seinem Tod, so- gar das Parlament aufzulösen. Ein außenpolitisch wich- tiges Gesetz Cromwells im Sinne einer merkantilisti- schen Handelspolitik war die „Navigationsakte“ (1651): Waren aus fremden Ländern durften nur noch auf eng- lischen Schiffen oder Schiffen des Erzeugerlandes im- portiert werden. Im ersten englisch-holländischen See- krieg, der deshalb ausbrach, siegte die englische Flotte. Damit war ein wichtiger Schritt getan in Richtung briti- scher Hegemonie zur See. Wiederherstellung des Parlaments und der Monarchie Das nach Cromwells Tod entstandene politische Va- kuum brachte die Rückkehr zum Parlamentarismus. Das neue Parlament rief nun den Sohn von Karl I. aus dem französischen Exil zurück. Aber auch Karl II. zeig- te bald absolutistische Tendenzen. Die Revolution von 1640 bis 1660 hatte jedoch die absolute Monarchie als Regierungsform besiegt. Der König konnte nur mehr im Zusammenwirken mit dem Parlament regieren; die Kontrolle des Parlaments über die Steuergesetzgebung war gesichert; das „common law“ hatte sich im Kampf gegen die königliche Sondergerichtsbarkeit behauptet. Gegen drohende Übergriffe der königlichen Rechtspre- chung und zum Schutz der persönlichen Freiheit be- schloss das Parlament die „Habeas-Corpus-Akte“. Bis heute bildet sie eine wichtige Grundlage der englischen Verfassung: Q Es geschehen große Verzögerungen durch Rich- ter, Kerkermeister und andere Beamte, denen der Gewahrsam der königlichen Untertanen in Straf- und vermuteten Straffällen übergeben ist. Um dem zu- vorzukommen, möge verfügt werden, dass wenn ir- gendeine Person einen Habeas-Corpus-Befehl (Haft- befehl; Anm.d.A.) vorlegt, diese binnen drei Tagen nach der Ausstellung vor die Richter des Gerichts, von dem der Befehl ausgegangen ist, gebracht wer- den soll. Desgleichen sind dann die wahren Ursachen der Haft zu bescheinigen. (Guggenbühl, Quellen zur allgemeinen Geschichte III, 1965, S. 223) Weshalb kann man von der Habeas-Corpus-Akte als von einem der wichtigsten Dokumente auf dem Weg zur Rechtsstaatlichkeit sprechen? Wogegen wendet sie sich vor allem? Glorreiche Revolution – Parlamentarismus und Rechtsstaatlichkeit siegen Unter Karls Bruder und Nachfolger Jakob II. drohte England auf Dauer ein katholisches Herrscherhaus zu erhalten. Um dies zu verhindern, rief das Parlament 1688 Jakobs protestantische Tochter Maria und ihren Gatten Wilhelm von Oranien zur Übernahme der Herr- schaft ins Land. Jakob floh ohne Kampf nach Frankreich (Glorreiche Revolution). Als Voraussetzung für die Thronbesteigung musste Wil- helm III. im Jahre 1689 die alten Rechte des Parlaments in der „Bill of Rights“ bestätigen: Q Und demzufolge erklären die geistlichen und weltlichen Lords und die Gemeinen zur Siche- rung und Aufrechterhaltung ihrer alten Rechte und Freiheiten: 1. Die in Anspruch genommene Befugnis, Gesetze vorübergehend außer Kraft zu setzen oder den Voll- zug von Gesetzen zu hemmen, auf bloße königliche Autorität hin, ohne Zustimmung des Parlaments, ist ungesetzlich. 4. Die Einhebung von Geld für Zwecke der Krone, unter dem Vorwand des königlichen Vorrechts, ist ungesetzlich. 6. Die Aufstellung und Unterhaltung eines stehen- den Heeres in Friedenszeiten, ohne Bewilligung des Parlaments, ist ungesetzlich. 8. Die Wahlen zum Parlament sollen frei sein. 9. Redefreiheit, Debatten und Verhandlungen im Par- lament dürfen nicht zum Gegenstand einer Anklage vor Gericht gemacht werden. (Guggenbühl, Quellen zur allgemeinen Geschichte III, 1965, S. 240 f.) Damit war die Zeit der Revolution für England beendet. Das System der parlamentarischen Monarchie hatte sich durchgesetzt. Diese Regierungsform wurde beispielge- bend. Sie hat die Verfassungsentwicklung der übrigen europäischen Länder sowie der Vereinigten Staaten von Amerika – die später selbst zum Vorbild wurden – in den nächsten Jahrhunderten maßgeblich beeinflusst. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Erkläre mit Hilfe des Autorentextes und eines Lexikons die Begriffe „Petition of Rights“, „Bürgerkrieg“, „Bill of Rights“ und „Glorreiche Revolution“. 2. In welchen Schritten gelang es in England, den Absolu- tismus zu brechen und das Parlament als Volkssouverän einzusetzen? 159 Absolutismus und Aufklärung 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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