Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Hofgesellschaft in Atem. Das gesamte Leben am Hof war durch eine strenge Etikette geordnet. Jeder Einzel- ne erhielt einen festen Platz und eine bestimmte Rolle zugewiesen. Auch dies diente dem Ausbau und der Si- cherung der Vorrangstellung des Königs. Ein Kritiker Ludwigs XIV., der Herzog von Saint-Simon, schrieb über Methoden des Sonnenkönigs, die Hofge- sellschaft in Abhängigkeit zu halten: Q Alle Welt wurde allmählich dazu gebracht, in den Dienst des Königs zu treten und dadurch zur Ver- größerung des Hofes beizutragen. Dies war einer der Wege, den Adel um seine Bedeutung zu bringen und an die Gleichheit zu gewöhnen. So geriet langsam jede persönliche und auf Abstammung gegründete Unterscheidung in Vergessenheit. (Guggenbühl, Quellen zur allgemeinen Geschichte III, 1965, S. 269 f.) Ludwig XIV. trat auch als Förderer der Kunst auf. Er nutzte diese jedoch lediglich zur Verherrlichung seiner Person und Herrschaft (vgl. dazu Methode: Herrscher- portraits deuten, S. 156 f.).  Der Spiegelsaal im Schloss Versailles. Der Raum ist 73 Meter lang und mit 17 kostbaren Spiegeln ausgestattet. Die Verwaltung im Dienste des Königs Die Zentralisierung und Vereinheitlichung der Verwal- tung führte Ludwig XIV. konsequent fort. Dabei kam es zu einer starken Ausweitung der staatlichen Büro- kratie. Begünstigt wurde diese Entwicklung durch das seit dem Mittelalter in Frankreich übliche System der Ämterkäuflichkeit. Für alle Ämter in der staatlichen Verwaltung musste Geld an die königliche Finanzver- waltung gezahlt werden. Diese hatte sehr bald erkannt, welch nahezu unerschöpfliche Einnahmequelle dieser Postenschacher darstellte. Es wurden daher ständig neue Posten geschaffen, deren Inhaber ihr Amt auch weiterverkaufen konnten. Starb allerdings ein Amtsträ- ger in seinem Amt, fiel dieses an die Krone zurück. Merkantilismus – Wirtschaft im Dienste des Königs Der absolutistische Staat hatte wegen der prunkvollen Hofhaltung, dem großen Beamtenapparat und den teu- ren Kriegen einen hohen Geldbedarf. Es entwickelte sich daher eine vom Staat gelenkte Wirtschaftsform – der Merkantilismus. Dieser Wirtschaftslehre lag die An- nahme zu Grunde, dass die Produktion von Waren an- gekurbelt werden müsse. Colbert schrieb dazu in einer Denkschrift an Ludwig XIV.: Q Die Papiermühlen, Metallwarenfabriken, Sei- den- und Leinenwebereien, Seifensiedereien und überhaupt alle sonstigen Manufakturen waren und sind völlig ruiniert. (...) Würden diese Manufakturen bei uns wieder eingerichtet, so hätten wir nicht nur deren Erzeugnisse für unseren Bedarf, sondern wir hätten auch noch Überschüsse für die Ausfuhr, die uns wiederum einen Rückfluss an Geld einbrächten. Dies aber ist, mit einem Wort gesagt, das einzige Ziel des Handels und das einzige Mittel, Größe und Macht dieses Staates zu vermehren. (...) Ich glaube, man wird ohne weiteres in dem Grundsatz einig sein, dass es einzig und allein der Reichtum an Geld ist, der die Unterschiede an Macht und Größe zwischen den Staaten begründet. (Geschichte in Quellen III, 1966, S. 447 f.) Was ist das zentrale Anliegen der wirtschaftspolitischen Maßnahmen Colberts? Worin sieht er den Unterschied zwischen den Staaten begründet? Besitzen Colberts Grundsätze heute noch Gültigkeit? Das wichtigste Ziel der Merkantilisten war eine aktive Handelsbilanz: Der Gesamtwert der Exporte sollte grö- ßer sein als der Gesamtwert der Importe. Luxusgüter (feine Stoffe, Spiegel, Gobelins, kostbare Möbel etc.) sollten im eigenen Land produziert, dort verkauft, aber auch exportiert werden. Erwünscht war auch die Einfuhr von Rohstoffen, die im Inland zu Fertigwaren verarbei- tet wurden und mit Gewinn exportiert werden konnten. Im Inland vorkommende Rohstoffe sollten jedoch auf keinen Fall ausgeführt werden. Gesteuert wurde dies durch eine strenge Zollpolitik mit hohen Einfuhrzöllen. Die Merkantilisten befürworteten auch den Erwerb von Kolonien, die als Lieferanten billiger Rohstoffe und als Abnehmer teurer Fertigwaren dienen sollten. Im Inland sollten die Löhne niedrig gehalten werden. Dadurch wollte man die Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten sichern. Deshalb forderten die Merkantilisten niedrige Nahrungsmittelpreise, um den Arbeitern trotz der niedrigen Löhne den Hunger zu er- Das Herrschaftssystem Ludwigs XIV. König regiert absolut durch Position des obersten Richters und Gesetzgebers Entscheidung über Krieg und Frieden Ernennung von Beamten und Ministern Entscheidung über Ausgaben Einfluss auf Wirtschaft Entscheidung über Einnahmen, Steuer- gesetzgebung Untertanen über die 153 Absolutismus und Aufklärung 5 Nur zu Prüfz ecken – Eigentum des Verlags öbv

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