Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Absolutismus als prägende Kraft Die Auswirkungen des Absolutismus reichen bis in die Gegenwart: Wichtige Merkmale moderner Staaten wur- den damals grundgelegt. Dies war mit vier wichtigen Vorgängen verbunden: Bürokratisierung: Zugleich mit der Ausbildung des –– geschlossenen Flächenstaates fand die Zentralisie- rung der Verwaltung statt. Von der Zentrale bestellte und bezahlte Beamte übernahmen die Aufgabe, die Ausführung der fürstlichen Entscheidungen zu über- wachen (Bildung eines Beamtenapparates). Militarisierung: Die absolutistischen Fürsten schufen –– ein „stehendes“ Heer aus Berufssoldaten, das auch in Friedenszeiten unterhalten wurde. Die Soldaten wur- den uniformiert und in Waffengattungen gegliedert. Für das Militär verwendeten die absoluten Herrscher einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen. Die Armee wurde damit zu einer Belastung, aber auch zum „Muskel“ des Absolutismus. So gesehen waren die europäischen Monarchien im Absolutismus eigentlich Militärdiktaturen. Disziplinierung der Untertanen: Darunter versteht –– man die beginnende Auflösung der mittelalterlichen Ständegesellschaft. Es sollten nicht unabhängige Stände dem Königtum gegenüberstehen, sondern dem Staat verpflichtete Untertanen. Eingriffe des Staates in die Wirtschaft: Das stehende –– Heer, die Besoldung der Beamten und der Luxus bei Hofe steigerten den Geldbedarf des Staates enorm. Die Wirtschaftsfachleute jener Zeit hatten aber er- kannt, dass allein die ständige Erhöhung der Steuern keine Lösung war. Man sah diese vielmehr in dem Be- mühen, die Wirtschaftskraft des Landes zu erhöhen (vgl. S. 153 ff.). Untersuche die vier angeführten Bereiche im politischen Leben der Gegenwart. Wie führt der heutige demokratische Staat jene Politik, die ansatzweise im Zeitalter des Absolutismus begonnen hat, weiter fort? Ein Kardinal als Baumeister des Absolutismus Ludwig XIII. (1610–1643) machte Kardinal Richelieu zum ersten Minister und überließ ihm den weiteren Ausbau der absoluten Monarchie. Seit 1614 waren die Generalstände nicht mehr einberufen worden. Sie wa- ren gewählte Vertreter der Stände, die über Steuern, Gesetze und allgemeine Angelegenheiten des Staates beraten sollten. Das Königtum wollte ihre Mitwirkung an der Verwaltung des Staates verhindern. Als sich die Hugenotten (vgl. S. 155) 1627 gegen diese Politik er- hoben, ließ Richelieu ihr Zentrum La Rochelle erobern. Die Hugenotten verloren nun alle im Edikt von Nantes gewährten Privilegien. In Opposition zur absolutistischen Politik Richelieus und Ludwigs XIII. standen auch viele Hochadelige. Grund dafür war die fortschreitende Zentralisierung der Ver- waltung – sie wurden dadurch weit gehend entmach- tet. L Alle Komplotte und Revolten wurden nun gna- denlos unterdrückt. Sehr hoch gestellte Schul- dige wurden enthauptet, um ein abschreckendes Beispiel zu geben. (...) Andere wurden in die Bastille gesperrt oder vor „außerordentliche Kommissionen“ gebracht. So nannte man die Sondergerichte, die durchwegs mit Anhängern des Kardinals besetzt wa- ren. Der Apparat tyrannischer Unterdrückung wurde durch ein Netz von Geheimagenten ergänzt. (Bertier de Sauvigny, Die Geschichte der Franzosen, 1980, S. 163) Nenne andere Beispiele aus der Geschichte, wo sich die Herrschenden mit solchen Mitteln an der Macht hielten. (Denke dabei auch an den Unterricht in der 3. und 4. Klasse.) Im Kampf gegen die habsburgische Vormachtstellung in Europa mischte sich Frankreich in den Dreißigjährigen Krieg ein. Richelieu wollte dabei die habsburgische Vormachtstellung durch eine französische Hegemonie ersetzen. Eines seiner Ziele war auch das Erreichen der „natürlichen Grenzen Frankreichs“, d. h. der Rhein- und der Pyrenäengrenze. Als der Kardinal 1642 starb, hatte er diese Vorhaben nahezu erreicht. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse in Stichworten zusammen, wie und warum sich die Herrschaftsform des Absolutismus entwickelte. 2. Welche Merkmale moderner Staaten wurden im Absolu- tismus grundgelegt? 3. In welchen Staaten lassen sich heute noch absolutisti- sche Ansätze erkennen?  Kardinal Richelieu leitete von 1624 bis 1642 als Premierminister die Regierungsgeschäfte in Frankreich. 151 Absolutismus und Aufklärung 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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