Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Die Mittelmeerwelt – im Schatten der Hochkulturen WährenddieMenschheit indenverschiedenenHochkul­ turen der Erde (vgl. Karte S. 9) bis zum 3. Jt. v. Chr. schon eine bedeutende Entwicklung vollzogen hatte, waren in Europa fast überall jungsteinzeitliche Lebensformen vorherrschend. Nur auf Kreta und im übrigen ägäischen Raum bildeten sich schon im 3. Jt. Lebensformen mit einem ähnlichen Entwicklungsstand wie im Vorderen Orient und in Ägypten heraus. Die „minoische“ Kultur, benannt nach dem sagenhaften König Minos, war eine der bedeutendsten Kulturen dieses Raumes. Sie kannte bereits eine eigene Schrift – die bis heute nicht entzif­ ferte Linearschrift A. Es gab auch schon stadtähnliche Siedlungen mit großen Palästen wie z. B. in Knossos und – neben Ackerbau und Viehzucht – eine auf (Fern-) Handel basierende Tauschwirtschaft. Dazu kamen vie­ le technische Errungenschaften, die zum Teil aus den östlichen Hochkulturen übernommen wurden (z. B. das Räderfahrzeug). Bezüglich der Herrschaftsform und des Aufbaus der Gesellschaft sind auf Grund der weni­ gen und nicht auswertbaren schriftlichen Quellen vie­ le Fragen offen: Bestand Kreta aus mehreren kleinen Stadtstaaten oder gab es bereits ein großes Reich, das auch die ägäische Inselwelt beherrschte? In der übri­ gen westlichen Mittelmeerwelt waren die altmediterra­ nen Gesellschaften von solchen Errungenschaften bzw. Entwicklungsstufen noch weit entfernt. Wahrscheinlich lebten sie als Sippenverbände vorwiegend in kleinen Dorfgemeinschaften. Ackerbau und Viehzucht bildeten die Grundlage dieser geschlossenen Hauswirtschaften und erst gegen Ende des 3. Jt. dürfte ihnen die Metall­ verarbeitung und -nutzung bekannt geworden sein. Weibliche Figuren in unterschiedlicher Darstellungs­ form und aus verschiedensten Materialien lassen ver­ muten, dass die Stellung der Frau in einigen Regionen rund um das Mittelmeer recht bedeutend war. Die Erde selbst wurde wohl als weibliches Wesen gedacht. Die­ se „Mutter-Göttinnen“ werden von manchen Forschern als Vorfahren der griechischen und römischen Göttin­ nen der klassischen Zeit angesehen. Die Indoeuropäer drängen von Norden in den Mittelmeerraum Im Laufe des 2. Jahrtausends v. Chr. kam es zur Einwan­ derung bzw. zum Einsickern mehrerer indoeuropäischer Gruppen in Richtung Mittelmeerraum – nach Kleinasi­ en, Griechenland und Italien (s. Karte). Dort haben sie sich mit der bodenständigen Bevölkerung zum Teil ver­ mischt und sie teilweise auch verdrängt. Im heutigen Griechenland (besonders auf der Pelopon­ nes) folgte der „minoischen“ die „mykenische“ Kultur. Ihre Herrscher ließen gewaltige Burgen errichten (z.B. in Mykene und Tiryns), doch ihre Abstammung ist bis heu­ te nicht mit Sicherheit geklärt. Auch die seit 1952 entzif­ ferte Schrift der „Mykener“, die so genannte Linear B, gibt darüber keine Auskunft – denn die Aufzeichnungen beschränken sich auf Inventarlisten, Rechnungen, Orts- und Götternamen. Als sicher aber gilt, dass aus dieser Vermischung von Einwanderern und bodenständiger Bevölkerung die Griechen hervorgegangen sind. Die eingewanderten Stämme zogen an der Wende zum 1. Jt. v. Chr. teilweise auf die ägäischen Inseln und an die kleinasiatische Küste weiter: Das ist die Epoche der ersten griechischen Kolonisation. 1. Die Mittelmeerwelt – Wiege der Antike  Diskus von Phaistos mit Line- arschrift A (Museum Heraklion, Kreta, 17.Jh v. Chr.).  Statuette einer etruskischen Göttin, Perugia, um 500 v. Chr., Höhe 16,4 cm. Die Göttin ist mit einem feinen „Chiton“, einem hemdartigen Gewand, bekleidet. 14 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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