Zeitbilder 5/6, Schulbuch

hielt er eine Brandrede gegen den Papst („der Anti- christ“) und verbrannte die Bannbulle (1520). Luther hatte mittlerweile auch noch andere Schriften verfasst, die für Aufregung im Heiligen Römischen Reich sorgten. Während sie beim Großteil der Bevölke- rung, quer durch alle Stände, begeistert aufgenommen wurden, stießen sie natürlich bei der Amtskirche auf Widerstand. In seiner Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation …“ stand zu lesen: Q Man hat erfunden, dass Papst, Bischof, Priester und Klosterleute der geistliche Stand genannt wird; Fürsten, Herren, Ackersleut und Handwerker der weltliche Stand (…). Doch alle Christen sind in Wahrheit geistlichen Standes (…). Demnach werden wir also allesamt durch die Taufe zu Priestern ge- weiht (…). Wie sollten wir dann nicht auch die Macht haben (…), zu urteilen, was da Recht oder Unrecht im Glauben wäre? (Steigerthal, Stundenblätter, 1985, S. 41) In derselben Schrift verwarf er die Ehelosigkeit der Priester, die Heiligen- und Reliquienverehrung und das Mönchstum. Grundsätzlich galt für ihn die Heilige Schrift als einzige Glaubensgrundlage. Die kaiserliche Acht bleibt wirkungslos! Der junge Kaiser Karl V. wollte die religiöse Frage un- bedingt lösen und berief einen Reichstag nach Worms ein (1521). Er forderte Luther gegen Zusicherung freien Geleits auf, sich dort zu verantworten. Luther erschien vor dem Reichstag, war aber selbst nach tagelangem Verhandeln nicht bereit, wenigstens einzelne Teile seiner Schriften zu widerrufen. Er be- gründete dies so: Q Es sei denn, dass ich durch Zeugnisse der Schrift oder durch klare Vernunftgründe überwunden werde – denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien allein, dieweil am Tag liegt, dass sie öfters geirrt haben und sich selbst widersprochen –, so bleibe ich überwunden durch die von mir ange- führte Heilige Schrift und mein Gewissen gefangen in Gottes Wort; widerrufen kann ich nichts und will ich nichts, dieweil wider das Gewissen zu handeln unsicher und gefährlich ist. (Looß, Luther in Worms, 1983, S. 31) Damit war der weltgeschichtlich bedeutsame Bruch zwischen Luther und der höchsten politischen Macht vollzogen. Denn die Antwort des Kaisers vor den ver- sammelten Reichsständen war ebenso klar und scharf: Q Weil nun dieser eine Bruder mit seinem Wahn wider die ganze Christenheit streitet, als ob alle Christen heute und vor tausend Jahren sich im Irr- tum befunden hätten, so will ich alles daran setzen, dass dies gottlose Vernehmen nicht weiter um sich greife. (…) Nachdem wir gestern die Rede Luthers hier gehört haben, sage ich Euch, dass ich bedaure, so lange ge- zögert zu haben, gegen ihn vorzugehen. Ich werde ihn nie wieder hören; er habe sein Geleit; aber ich werde ihn fortan als notorischen Ketzer betrachten und hoffe, dass ihr als gute Christen das Eure tut. (Looß, Luther in Worms, 1983, S. 32) Mit welchem Argument verdammt Karl V. Luther? Karl V. verhängte nun die Reichsacht über Luther, verbot seine Lehre und befahl die Verfolgung seiner Anhänger (Wormser Edikt). Der Reformator aber wurde auf dem Heimweg von Reitern seines Landesherrn zum Schein überfallen und auf die sichere Wartburg gebracht. In den folgenden Monaten übersetzte er dort das Neue Testament ins Deutsche. Es wurde bald weit verbreitet und bildete die Grundlage des Neuhochdeutschen.  Luther vor dem Reichstag zu Worms (farbiger Holzschnitt, 1557). Die lateinische Inschrift „Intitulentur libri“ bedeutet, dass gerade die Bücher von Luther aufgezählt werden. Der deutsche Text im Bild lautet: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen.“ Mit diesem Satz soll Luther seine Rede vor dem Kaiser und den Fürsten beendet haben. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Fasse die Kritikpunkte Luthers an der katholischen Lehre zusammen. Lehre Luthers Lehre Luthers Heilige Schrift einzige Glaubensquelle Erlösung nur durch die Gnade Gottes Sakramente: nur Taufe und Abendmahl Verwerfung des päpstlichen Primates Evangelisches Landeskirchentum Ablehnung der Heilgenverehrung, der Wallfahrten, des Mönchtums 131 Die frühe Neuzeit 4 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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