Zeitbilder 5/6, Schulbuch

 Die Abbildung zeigt ein nach Leonardos Skizzen gebautes Flugmodell, das wegen seines Gewichtes nicht flugfähig war. Nicht jede Idee lässt sich technisch umsetzen… In der Zeit des Spätmittelalters (ca. 1250–1500) vollzog sich in Europa eine nachhaltig wirksame technische Entwicklung. Sie führte zu einer Überlegenheit der Eu- ropäer in der landwirtschaftlichen Produktivität und im Handwerk, vor allem aber auch zu einem Vorsprung in der Kriegsindustrie (Waffen- und Geschützbau) und in der Seefahrt. Manche der (technischen) Ideen wurden damals in ihrer Bedeutung noch gar nicht erkannt. An- dere, wie z. B. der Antriebsmotor, konnten zu Beginn der Neuzeit wegen der fehlenden technischen Voraus- setzungen noch nicht verwirklicht werden. So hatte der englische Franziskanermönch Roger Bacon schon um 1260 eine Zukunftswelt mit Automobilen, Unterseeboo- ten und Flugzeugen vorausgesehen. Bereits um 1010 baute der englische Benediktiner- mönch Eilmer von Malmesbury ein Gleitflugzeug, mit dem er von einem Klosterturm aus immerhin eine Stre- cke von 600 Metern flog. Das italienische Universalge- nie Leonardo da Vinci entwarf 500 Jahre später nicht nur eine Art Hubschrauber, er plante auch eine vom Menschen mechanisch betriebene Flugmaschine. Und ein namentlich unbekannter italienischer Ingenieur hat- te schon Jahre vor Leonardo die Idee des Fallschirms. Die Maschinentechnik im Aufschwung Schon im Spätmittelalter versuchten Technikkundige, wie beispielsweise die Zisterzienser, neue Energiequel- len ausfindig zu machen und entsprechende Maschinen zu bauen. Wassermühlen zum Getreidemahlen verwen- dete man schon seit der Antike. Spätestens seit der Wen- de zum 2. Jahrtausend nutzten die Europäer die Wasser- kraft auch für viele andere Produktionszweige: Es gab Mühlen zum Walken der Tuche, zum Metallschneiden und -schleifen, zum Stampfen der Biermaische und des Eisens (in der Steiermark schon um die Mitte des 12. 2. Aufschwung von Technik und Wissenschaft Jh.) oder zum Betreiben einer Säge. Die Wasserkraft be- nötigte man auch für die großen Blasbälge zum Betrieb der Eisenschmelzöfen und für die Wasserförderung in den Bergwerken. Windmühlen sind seit dem 12. Jh. in England bezeugt. Kurbel, Bohrer und Pleuelstange wa- ren seit dem 15. Jh. in Mitteleuropa in Verwendung. Die Erfindung der mechanischen Uhr am Ende des 13. Jh. veränderte bald das Alltagsleben in den Städten: Pünktlich, Stunde für Stunde schlug nun die Glocke vom Rathaus oder vom Kirchturm und bestimmte fortan den Tagesablauf der arbeitenden Menschen. Auf dem Lande richtete sich die Arbeitszeit weiterhin nach dem Sonnen- aufgang und -untergang. Für kürzere Zeitmessungen gab es damals die Sanduhr, die Taschenuhr aber wurde erst um 1510 erfunden (das Nürnberger Eierlein). Am Ende des 13. Jh. tauchte, aus China kommend, auch das Spinnrad im Westen auf. Es beschleunigte und ver- billigte die Garnproduktion erheblich. Damit erhöhte sich auch der Leinenverbrauch für Kleidung und Tücher gewaltig. Mit den Leinenlumpen war aber auch gleich- zeitig für jenen Rohstoff gesorgt, der ab 1450 in immer größeren Mengen gebraucht wurde: das Papier. Der Buchdruck beschleunigt die Kommunikation Q Zu dieser Zeit (1450) wurde zu Mainz, einer Stadt Deutschlands am Rheine, jene wunderbare und früher unerhörte Kunst, Bücher mittels Buchstaben zusammenzusetzen und zu drucken, durch Johannes Gutenberg, einen Mainzer Bürger, erfunden und aus- gedacht. Nachdem er beinahe sein ganzes Vermögen aufgewendet hatte, vollbrachte er doch endlich mit dem Rat und den Vorschüssen des Johannes Fust die angefangene Sache. Sie erfanden die Kunst, die For- men aller Buchstaben des lateinischen Alphabets zu gießen. Diese Formen nannten sie Matrizen, und aus ihnen gossen sie wiederum eherne oder zinnerne, zu jeglichem Drucke geeignete Buchstaben; solche hat- te man früher mit den Händen geschnitzt. (…) Sie hielten ihre Art und Weise, zu drucken, einige Zeit geheim, bis sie durch Gehilfen, ohne deren Mitwir- kung sie die Kunst nicht selbst ausüben konnten, zu- erst bei den Straßburgern und schließlich bei allen Nationen verbreitet wurde. (Aus den Hirsauer Annalen; in: Hug u. a., Geschichtliche Weltkunde, 1990, S. 4 f.) Bis zu Gutenbergs Erfindung waren Bücher sehr kost­ spielig. Denn trotz des billigen Papiers, das das teure Pergament abgelöst hatte, verursachte das Abschrei- ben-Lassen eines Buches enorme Kosten. Später erfand man die nur begrenzt haltbaren hölzernen Druckstöcke, doch die enthielten immer nur den einen, einmal ein- geschnitzten Text. Erst Gutenbergs Idee, bewegliche metallene Buchstaben zu verwenden, die man beliebig oft auswechseln und zu neuen Texten zusammensetzen konnte, revolutionierte den Buchdruck. Binnen weniger Jahrzehnte schossen in ganz Europa Druckereien aus dem Boden und begründeten eine neue Industrie.  Leonardo da Vinci, Luftschrauben-Skizze. 116 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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