Zeitbilder 5/6, Schulbuch
Brunelleschi, Leonardo, Michelangelo… Malerei und Bildhauerei wurden zu einer Wissenschaft, die mit mathematischer Präzision betrieben wurde. Künstler wie Michelangelo (1475–1564), der die Fres- ken in der Sixtinischen Kapelle schuf, und sein größter Konkurrent, Leonardo da Vinci (1452–1519), sahen in den richtigen Proportionen ein Zeichen der göttlichen Ordnung. Schon zu seinen Lebzeiten hatte Leonardo nicht nur als Künstler, sondern auch als Universalge- lehrter einen hervorragenden Namen. Vor allem für die Kriegsindustrie war er als Erfinder zahlreicher neuer Waffen tätig. Schon vor Leonardo hatte Filippo Brunelleschi (1376– 1446) in der Malerei der Zentralperspektive zum Durch- bruch verholfen. Seine Meisterleistung aber vollbrach- te dieser Künstler beim Dombau in Florenz: 42 Meter beträgt die Spannweite der 1436, nach altrömischem Vorbild fertig gestellten Riesenkuppel – erst 150 Jahre später wurde der Petersdom mit einer um einen halben Meter größeren Kuppel ausgestattet! Der Kampf gegen die Autorität der Theologie Mit der Zeitenwende kam es zum Kampf der Naturwis- senschaften gegen die Kirche. Die Theologie galt noch immer als „Königin der Wissenschaft“. Sie erhob den Anspruch, „mit absoluter Autorität und unfehlbarer Si- cherheit“ nicht nur in Fragen des Glaubens, sondern auch in allen anderen Wissenschaftsbereichen entschei- den zu können. Ein besonderer Streitpunkt war die von der Religion und Philosophie beeinflusste Astronomie: Bis zum 15. Jh. galt die von Aristoteles und Ptolemäus (83–161) übernommene Vorstellung, die Erde sei der Mittelpunkt des Kosmos (= geozentrisches Weltbild), als unverän- derliche Tatsache. Das neue heliozentrische Weltbild Der Pole Nikolaus Kopernikus (1473–1543) verwarf je- doch das geozentrische Weltbild. Nach dem Studium al- ter griechischer und arabischer Texte übernahm er die Auffassung des hellenistischen Astronomen Aristarch (ca. 320–250 v. Chr.), der die Sonne in den Mittelpunkt der Welt stellte: Q In der Mitte von allen aber hat die Sonne ihren Platz. Wer könnte nämlich diese Leuchte in die- sem herrlichsten Tempel an einen anderen oder gar besseren Ort setzen als den, von dem aus sie das Ganze zugleich beleuchten kann? (Nach Teichmann, Wandel des Weltbildes, 1985, S. 70) Wie begründet Kopernikus sein heliozentrisches Weltbild? Warum würde diese Begründung der modernen Naturwis- senschaft nicht genügen? Der Mathematiker Johannes Kepler (1571–1630) er- rechnete wenige Jahrzehnte später, dass sich die Pla- neten nicht im Kreis, sondern in Ellipsen um die Sonne drehten. Im Jahre 1616 aber hatte die römische Kirche erklärt, die heliozentrische Theorie sei „formell inso- fern häretisch, als sie ausdrücklich den Lehren der Hl. Schrift an manchen Stellen widerspricht“. Das brachte den italienischen Gelehrten Galileo Galilei (1564–1642) sogar vor das Inquisitionsgericht in Rom, weil er sich für Kopernikus ausgesprochen hatte. Er musste unter- schreiben, dessen Lehre nie für wahr gehalten zu ha- ben. Kopernikus, Kepler und Galilei konnten ihre (zum Teil fehlerhaften) Theorien in der Praxis natürlich noch kaum beweisen, fehlte es ihnen doch an den dazu nö- tigen exakten Geräten. Der Einfluss ihrer Arbeiten auf die weitere Entwicklung der Naturwissenschaft zu ei- ner von der Theologie unabhängigen Fachwissenschaft aber bleibt unbestritten. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Eine wichtige Veränderung in der Kunst war der Übergang zur Zentralperspektive. Sucht in Lexika oder im Internet ei- nerseits nach einer Definition dieses Begriffs, andererseits nach Beispielen dafür. Gestaltet dazu eine Ausstellung (ev. fächerübergreifendes Projekt mit BE). 2. Fasse die Merkmale von Humanismus und Renaissance zusammen und recherchiere weitere Kunstwerke (Bilder, Plastiken, Gebäude) aus dieser Zeit. 3. Wie werden heute Erkenntnisse in den Natur- bzw. Gei- steswissenschaften gewonnen? Das heliozentrische System des Kopernikus, von ihm selbst verein- facht dargestellt: Der Punkt auf dem dritten inneren Kreis stellt die Erde (terra) dar. Zusammen mit dem Mond (unter der 4. Kreisbahn) be- wegt sie sich um die Sonne. Ganz außen liegt die Sphäre der Fixsterne (sphaera immobilis). 115 Die frühe Neuzeit 4 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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