Zeitbilder 5/6, Schulbuch

Wandel in der Wirtschaft Der Wandel der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung, die Änderungen in Wirtschaft, Politik, Religion und Kul- tur wurden am Ende des 15. Jahrhunderts immer deut- licher. Deshalb gaben Historiker im 19. Jh. der Zeit ab 1500 einen anderen Namen: Neuzeit. Seuchen, Kriege und allgemeine Not waren die ständigen Begleiter des mittelalterlichen Menschen bei seinem Aufbruch in ein neues Zeitalter. Während auf dem Lande große Teile der Bauernschaft ins Elend stürzte und viele kleine (adeli- ge) Grundherren verarmten, erlebten die Städte einen spürbaren Aufschwung. In den großen Handelszentren entwickelte sich ein neu- er Unternehmertyp. Er suchte seinen Markt nicht mehr nur in der näheren Umgebung, sondern in ganz Europa und bald schon in anderen Kontinenten. In Italien erleb- te das Bankwesen seine Geburtsstunde und entwickel- te sich schnell zu einem bis heute unverzichtbaren Teil des Wirtschaftslebens. Technische Erfindungen trugen wesentlich zur Steigerung der Produktivität bei. Sie er- möglichten den Europäern auch die Ausbreitung über die Weltmeere und andere Kontinente. Den Entdeckun- gen folgten bald die Ausbeutung und Beherrschung rie- siger fremder Länder. Das war vor allem auch auf die Entwicklung neuer Waffentechniken zurückzuführen. Wandel in der Politik Der Zeitenwandel zeigte sich auch in der Politik: Papst und Kaiser waren im Jahrhunderte dauernden Kampf und Zusammenspiel die wichtigsten politischen Kräfte im mittelalterlichen Europa. Nun verloren sie ihren Vor- rang. Zwar regierten die Habsburger jahrzehntelang ein Reich, „in dem die Sonne nicht untergeht“. Doch ein starkes französisches Königreich im Westen und die bis nach Wien vorstoßenden Osmanen machten ihnen die Vormachtstellung in Europa streitig. Im Heiligen Römischen Reich wiederum nutzten die Landesfürsten die schwache Stellung des Kaisers zum Ausbau starker Landeshoheiten. Auch die mächtige katholische Kir- che befand sich in der Krise: Es ging um die Erneuerung des Glaubens und um den Kampf gegen die Missstän- de in der von Rom aus re- gierten Amtskirche. Doch anstelle einer Reform folgte die Reformation, anstelle neuer Glaubenseinheit gab es Glaubenskrieg. Wandel in der Kultur Auch kulturgeschichtlich be- gann für Europa eine neue Epoche: Als Erste brachen italienische Wissenschaftler und Künstler mit dem Welt- bild des Mittelalters. Nicht mehr das Jenseits stand im Mittelpunkt des Denkens, sondern der „diesseitige“ Mensch. Die Gebildeten beschäftigten sich lieber mit dem „heidnischen“ Kulturgut der griechisch-römi- schen Antike. Wissenschaft und Technik profitierten von dieser neuen Geisteshaltung. Schließlich sorgte der Buchdruck für eine rasche Verbreitung dieses Ge- dankengutes in ganz Europa. 1453, 1492, 1517 oder ???? Bis heute ist bei Historikerinnen und Historikern die Periodisierung (= zeitliche Einteilung) der Geschichte ein Problem. Besonders deutlich zeigt sich dieses bei der Grenzziehung zwischen Mittelalter und Neuzeit. Während die Geschichtswissenschaftler bis ins 20. Jh. häufig ein Ereignis der politischen Geschichte (wie z. B. die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahre 1453, die Fahrt des Kolumbus nach Amerika 1492 oder den Ausbruch der Reformation mit Luthers Thesen von 1517) als Trennlinie zwischen Mittelalter und Neuzeit zogen, unterschied schon in der Mitte des 15. Jh. ein italienischer Gelehrter zwischen dem „Mit- telalter“ und „unserem Zeitalter“. Diese Trennlinie zeigte sich in einem neuen Menschen- und Weltbild, in einem neuen Verständnis von Wissenschaft, Kunst und Kultur. Dabei spielte die griechisch-römische Antike eine entscheidende Rolle. Nach welchen Kriterien könnte man Epochengrenzen in der Geschichte ziehen? Im 20. Jahrhundert hat die Entdeckung der Kernspaltung revolutionäre Entwicklungen der Technik bewirkt, im Jahre 1969 landeten die ersten Menschen am Mond. Das Computerzeitalter hat Wissenschaft und Technik, Wirtschafts- und Alltagsleben entscheidend verändert. Stehen wir damit am Beginn eines neuen Zeitalters? Begründet eure Standpunkte. 1. Europa im Wandel – Humanismus und Renaissance  Michelangelo, Gott erschafft Adam (Sixtinische Kapelle, Vatikan, 1511–1512). Teil eines Deckenfreskos, das die Erschaffung der Welt und des Menschen und die Sintflut zeigt. 112 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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