Zeitbilder 5/6, Schulbuch

einem rechtskräftigen Urteil ver- folgt hat, es sei denn, dass er ge- zwungen war, zum unmittelbaren Schutz von Leib und Gut Gewalt mit Gewalt abzuwehren, was ge- meinhin als Notwehr bezeichnet wird. (...) [6.] Erhebt jemand wie vorge- schrieben vor dem zuständigen Richter Klage, wird ihm das Recht verweigert und muss er notgedrun- gen seinem Gegner den Frieden aufkündigen, (...) dann soll dies bei Tage geschehen und außerdem sollen Fehdeführer und Fehdegeg- ner vom Tage der Absage bis zum vierten Tage, d. h. 3 volle Tage, absoluten Frieden gegen Personen und Sachen bewahren. (Nach Buschmann, Kaiser und Reich, 1994, S. 82 ff.) Warum will Kaiser Friedrich II. eurer Meinung nach die Fehde verbieten? Unter welchen Umständen ist sie erlaubt? Ein absolutes Verbot des Fehdewe- sens wurde erst mit dem „Ewigen Landfrieden von Worms“ (1495) durch den Habsburger Kaiser Maximilian I. ausgesprochen. Staatliches Recht setzt sich durch Mit der Ausbildung der Territorialstaa- ten im Spätmittelalter setzte sich auch das „von oben“ verordnete Recht der Im 13. Jh. kam es mit dem „Sachsen- spiegel“ (um 1230) und dem „Schwa- benspiegel“ (um 1275) zu den nächs- ten Rechtsaufzeichnungen – erstmals in mittelhochdeutscher Sprache: Sie wurden von Privatleuten verfasst und beinhalteten nicht nur das geltende Gewohnheitsrecht im Deutschen Reich, sondern auch vom Kaiser erlassene reichsrechtliche Bestimmungen. In den folgenden Jahrhunderten wurden diese Aufzeichnungen wie Gesetze ausgelegt. In diese Zeit fällt auch die Aufzeichnung der ersten so genannten Landrechte (Österreichisches Landrecht von 1237, die Tiroler Landesordnung von 1282). Diese von den Landesherren „in ihrem Land“ verordneten Rechte lösten lang- sam aber sicher die alten Stammes- rechte ab. Das bedeutete den Übergang vom „Personalitätsprinzip“ (= das Recht des Stammes folgt jeder Person nach) zum „Territorialitätsprinzip“ (= jede Per- son unterliegt dem Recht des Landes, in dem sie sich befindet). Schon seit Karl dem Großen hatten die Herrscher versucht, zusätzlich zu den verschiedenen Stammesrechten, eigenes Recht zu verordnen. Eines ihrer größten Probleme war die Herstellung eines „Landfriedens“. Denn gerade die Adeligen wollten bei Streitigkeiten das Recht, das auch nach mittelalterlicher Auffassung von Gott ausging, immer wieder selbst „finden“. Das Mittel dafür war die Fehde. Diese adeligen Klein- kriege waren bis ins Hochmittelalter ganz normal. Solche „Rechtsfindung“ endete entweder mit einem Sieger – dann hatte er das Recht „gefunden“ – oder einem Sühnevertrag zwischen Täter und Opfer. Wie schon manche seiner Vorgänger, wollte auch Kaiser Friedrich II. mit dem „Mainzer Reichslandfrieden“ im Jahr 1235 der Fehde möglichst Einhalt gebieten: Q [5.] Recht und Gericht sind geschaffen, damit niemand Rächer seines eigenen Unrechts werde; denn wo die Autorität des Rechtes fehlt, herrschen Willkür und Grausamkeit. Daher bestimmen Wir, dass nie- mand, in welcher Streitsache auch immer ihm Schaden oder Unrecht zugefügt worden sein mag, sein Recht im Wege der Fehde durch- setzen soll, wenn er nicht zuvor Klage vor dem zuständigen Rich- ter erhoben und sein Recht bis zu  In den alten Volksrechten spielte das Gottesurteil eine wichtige Rolle. Bei der Wasserprobe (rechts) wird der Beweisführer an einem Strick ins Wasser gehalten. Geht er unter, so nimmt ihn das reine Wasser auf. Damit ist der Unschuldsbeweis erbracht. Links wird auf Reliquien geschworen. Sachsenspiegel, Buchmalerei aus Heidelberg. Landesfürsten gegenüber den alten Ge- wohnheitsrechten immer mehr durch. Das „neue Recht“ war beeinflusst von der römischen Rechtstradition, die an der Universität von Bologna schon lan- ge gelehrt wurde. So erließ Kaiser Karl V. mit der „Consti- tutio Criminalis Carolina“ ein aus dem gelehrten römischen Recht entwickel- tes, neues Strafrecht für das gesamte Reich. Es war nämlich das Ziel der Herrscher, in ihren Ländern eine mög- lichst einheitliche Rechtsordnung zu schaffen. Im Zeitalter des Absolutismus traten deshalb neben die alten Gesetze ver- schiedenste Erlässe und Vorschriften. Diese wurden z. B. in den habsburgi- schen Ländern mit Hilfe von Berufsbe- amten vollzogen. Damit waren auch die Voraussetzungen für den Ausbau des „modernen Staa- tes“ gegeben. Fragen und Arbeitsaufträge 1. Wie wurde die Rechtsfindung und Rechtsprechung ausgeübt bzw. wer war dafür verantwortlich: a) in der Steinzeit b) in den Hochkulturen c) bei den Römern d) im Mittelalter 2. Fasse die Merkmale eines moder- nen Rechtsstaates zusammen. 109 X Titel dieser Politikseite Alles, was Recht ist! Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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