Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch

67 22.6 Kernenergie Kernenergie (nuclear energy) Zwei Prozesse ermöglichen die Energiegewinnung durch Kernreaktionen: Durch Spaltung von schweren Kernen in zwei leichtere Kerne und durch Verschmel- zung von zwei leichten Kernen zu einem schwereren wird Bindungsenergie frei. A1 Gib an, welche Kerne am stabilsten gebunden sind! Kernspaltung (nuclear fission) Wir schätzen zunächst ab, welcher Energiebetrag bei der Spaltung schwerer Kerne frei wird und vergleichen diese Energie mit dem Heizwert von Erdöl: Bei dieser Spaltung von einem Urankern wird somit etwa die Energie 132 · 0,7 MeV + 100 · 0,9 MeV ≈ 200 MeV frei. 22.6 22.6.1 Wir berechnen auf der Grundlage des ersten Beispiels den ungefähren„Heizwert“ von 1 kg U-235: 235 kg Uran enthalten 6 · 10 26 Kerne 1 kg Uran enthält 2,6 · 10 24 Kerne Pro Kern erwarten wir einen Energiegewinn von etwa 200 MeV. Daher erhalten wir für den Energiege- winn bei der vollständigen Spaltung von 1 kg Uran 5 · 10 32 eV. Dies entspricht der Energie von 8 · 10 13 J (1 eV = 1,6 · 10 −19 J). ImVergleich dazu hat 1 kg Heizöl- leicht einen Heizwert von etwa 4 · 10 7 J/kg. Bei der Kernspaltung können wir also einen Energiegewinn erwarten, der etwa 2 · 10 6 -mal so hoch ist wie jener bei der Verbrennung von 1 kg Heizöl. A2 Vergleiche die Bindungsenergie äußerer Elektro- nen der Atomhülle und die Bindungsenergie der Nuk- leonen! Wir beschreiben die induzierte Kernspaltung anhand der Spaltung eines U-235-Kernes. Dieses Uranisotop kommt in der Natur vor. Trifft ein Neutron auf den Atomkern, und wird dieses Neutron vom Atomkern eingefangen, so entsteht für kurze Zeit der Zwischen- kern U-236. Dabei wird die Bindungsenergie des ein- gefangenen Neutrons frei. Diese Energie führt zusam- men mit der kinetischen Energie des Neutrons dazu, dass die starke Kernkraft zwischen den Kernteilchen überwunden wird: Der Kern zerfällt in zwei Tochter- kerne. Beim Zerfall wird durchschnittlich die Energie von 174 MeV frei. Die Tochterkerne enthalten zusam- men weniger Neutronen als der Urankern. Pro Kern- spaltung werden somit auch Neutronen frei. Bei geeigneten Bedingungen spalten die frei gewor- denen Neutronen weitere Urankerne, und die Anzahl der freien Neutronen steigt rasch an. Mit der größer werdenden Anzahl von Spaltneutronen wächst auch die Zahl der gespaltenen Kerne. Dies wird Kettenre- aktion (chain reaction) genannt. Abb. 67.1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0 50 100 150 200 250 2 H 3 He 6 Li 11 B 12 C Ra U 4 He Bindungsenergie pro Nukleon / in MeV E A Nukleonenzahl A 56 Fe ist das stabilste Nuklid Fe Beispiel Energiebilanz einer Kernspaltung Wird ein Urankern mit der Massenzahl A = 235 in zwei leichtere Kerne mit den Massenzahlen A = 132 und A = 100 gespalten, so gilt für die Bindungsener- gie pro Nukleon: Bindungs- energie pro Nukleon Energie- gewinn pro Nukleon Mutterkern A = 235 7,5 MeV Tochter- kerne A = 132 8,2 MeV 0,7 MeV A = 100 8,4 MeV 0,9 MeV Bei der Kernspaltung wird Bindungsenergie der Nuk- leonen frei. Diese Energie ist etwa millionenfach hö- her als bei chemischen Prozessen. Die Spaltung eines Atomkerns wird durch ein Neut- ron ausgelöst. Neben der Bindungsenergie werden bei der Spaltung auch 2 oder 3 Neutronen frei. Neutroneninduzierte Kernspaltung TH8/K8 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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