Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch

63 Strahlenschutz 22.4 Gesundheitliche Auswirkungen ionisierender Strahlung In der folgenden Tabelle sind Werte für verschiedene Strahlenbelastungen angegeben: Auf den menschlichen Organismus wirkt ionisierende Strahlung, indem die Wassermoleküle den Hauptteil der Strahlungsenergie aufnehmen und dissoziieren (der menschliche Körper besteht zu nahezu 70% aus Wasser). Zwei Strahlungswirkungen werden wir ge- nauer beschreiben: die Radiolyse des Wassers und die direkten Schädigungen des Zellkernes. Wassermoleküle werden bei der Bestrahlung in freie Elektronen, Wasserstoffatome und OH – -Gruppen zer- legt. Weiters entstehen H 2 und H 2 O 2 -Moleküle, deren chemische Wirksamkeit aber auch bei großen Strah- lendosen gering ist. Die freien Elektronen, Wasser- stoffatome und OH – -Gruppen reagieren jedoch heftig mit ihrer Umgebung und verändern beispielsweise die funktionellen Gruppen der organischen Moleküle, die Bindungsverhältnisse zwischen den Atomen oder die Wasserstoffbrückenbindungen. Durch ionisierende Strahlung kann es bei der DNA (Desoxyribonukleinsäure, Träger der Erbinformatio- nen) zu einem Bruch der beiden Stränge des Riesen- moleküls kommen: Bleibt ein Strang intakt, so vermag die Zelle den Schaden selbständig zu beheben. Wer- den beide Stränge durchtrennt, ist die selbstständige Reparatur der DNA ausgeschlossen. Die Folgen sind Veränderungen der DNA oder das Absterben der Zel- le. Die zellbildenden Organe des menschlichen Körpers sind deshalb am strahlenempfindlichsten. Diese sind das Knochenmark, Milz, Lymphknoten, Schleimhäute der Luftwege und des Magen-Darm-Traktes und die Keimdrüsen. 22.4.3 JenachDosis sinddrei KlassenvonStrahlenschädigun- gen zu unterscheiden: Akute Schäden des menschli- chen Körpers treten unmittelbar bei Bestrahlung auf ( „Strahlensyndrom“) . Spätfolgen von Bestrahlungen (zB erhöhte Risken für Krebs oder Leukämie) heißen latente Schäden . Darüber können genetische Schä- den an der Nachkommenschaft auftreten (Erbschä- den). Für die Auswirkungen ist entscheidend, ob nur ein Teil des menschlichen Körpers bestrahlt wurde (zB bei medizinischer Diagnostik oder Therapie) oder ob eine Ganzkörperbestrahlung erfolgte. So verkraftet der menschliche Körper eine lokale Einzeldosis bis zu etwa 10Gy, während eine Ganzkörperbestrahlung von 10Gy absolut tödlich wirkt. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Strahlenwirkungen bei einer Ganzkörperbestrahlung des Menschen: Bemerkung: Die biologische Wirksamkeit kleiner Strahlendosen kann nicht angegeben werden. Grund- sätzlich könnte bereits ein Strahlteilchen oder ein Photon genügen, um Krebs oder ein Tumorwachstum auszulösen. Deshalb wurde in einigen Ländern (zB Großbritannien oder Schweden) bereits festgelegt, die Belastung von beruflich strahlenexponierten Per- sonen mit 15 mSv pro Jahr zu begrenzen. Vorgang Äquivalentdosis in mSv/a 3 h Flug pro Jahr in 10000 m Höhe 0,01 Belastung durch medizinische An- wendungen (Durchschnittswert) 0,5 Natürliche Strahlenbelastung 1 bis 3 Höchstzulässige Dosis für Perso- nen, die berufsbedingt ionisieren- der Strahlung ausgesetzt sind 20 Schwellendosis – erste klinisch nachweisbare Effekte bei einmali- ger Bestrahlung 250 mSv Aufgenom- mene Dosis in Sv Strahlenwirkung < 0,5 Geringe (vorübergehende) Blutbild- veränderungen 0,8–1,2 Vorübergehender„Strahlenkater“ (Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen in 10% aller Fälle) 4–5 50% Todesfälle innerhalb von 30 Ta- gen, Erholung der Überlebenden nach 6 Monaten. Überlebende weisen latente Schäden auf (verkürzte Le- benserwartung, erhöhtes Krebsrisiko, Leukämie, Wachstumsstörungen bei Kindern) 5,5–7,5 Letale Dosis – 100% Todesfälle (Übel- keit, Erbrechen, Mattigkeit, Fieber, Abgeschlagenheit, Schleimhautent- zündungen, Blutdruckabfall). Der Tod tritt innerhalb weniger Wochen ein. > 50 Der Tod tritt unmittelbar bei Bestrah- lung ein (abwechselnd Mattigkeit und Übererregbarkeit, schwere Nerven- schädigungen, Krämpfe). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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