Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch
27 Äquivalenz von Energie und Masse 20.5 Zerfall des Neutrons Freie Neutronen zerfallen mit einer Halbwertszeit von etwa 10 3 s. Dabei entstehen zwei gegensätzlich gela- dene Teilchen: Proton p + und Elektron e – . Man spricht vom b -Zerfall des Neutrons. Wenn man von einem ruhenden Neutron ausgeht, müsste sich für die Energie des Elektrons ein ganz bestimmter Wert ergeben, der sich relativ leicht be- rechnen lässt. Dasselbe gilt für den Betrag des Elek- tronenimpulses. Messungen haben aber ergeben, dass die Elektronen nach einem b -Zerfall nicht einen fixen Energiewert haben, sondern dass sich ein gan- zes Energiespektrum ergibt. Der oben angesprochene Energiewert tritt in diesem Spektrum als obere Grenze der Elektronenenergie auf ( E max ). A1 Stelle den Energie- und Impulssatz für den b -Zer- fall eines Neutrons auf und zeige mit Hilfe der relati- vistischen Energie-Impuls-Relation, dass sich ein ein- deutiger Energiewert für das Elektron ergibt, wenn beim b -Zerfall nur Proton und Elektron entstehen! Dieser offensichtliche Widerspruch zwischen Theorie und Experiment wurde erst beseitigt, alsman annahm, dass ein drittes Teilchen beim b -Zerfall erzeugt wird. Dieses Teilchen wurde von Wolfgang Pauli im Jahre 1931 postuliert. Es gehört zur Klasse der Neutrinos und ist wegen seiner exotischen Eigenschaften (elek- trisch neutral, nahezu masselos, unterliegt nicht der elektromagnetischen Wechselwirkung) nur schwer nachzuweisen, da es sehr durchdringungsfähig ist. Wegen der geringen Wechselwirkung der Neutrinos mit Materie wird ein Neutrinostrahl kaum schwächer, wenn er die ganze Erde durchdringt. Erst 1956 gelang es, Neutrinos direkt nachzuweisen. Heute wird im eu- ropäischen Kernforschungszentrum in Genf ( CERN = Organisation Européenne pour la Recherche Nucléaire ) und anderen Laboratorien mit Neutrinos gezielt expe- rimentiert. Für den b -Zerfall des Neutrons schreibt man daher n p e e " o + + + - Dabei bezeichnet e o ein so genanntes elektronisches Antineutrino (Elektronneutrino, Abb. 27.2). 20.5.6 Bemerkung: Neutrinos sind von großer Bedeutung, da sie bei sehr vielen Kern- und Elementarteilchenre- aktionen beteiligt sind, so zB bei Kernverschmelzungs- prozessen in der Sonne. Bei der Fusion von Protonen zu Deuteronen zerfällt ein Proton in ein Neutron, ein Positron und ein Neutrino: Man sieht am b -Zerfall des Neutrons und des Protons, dass man nicht von der Vorstellung ausgehen darf, dass hier Teilchen in ihre Bestandteile zerfallen. Viel- mehr verteilt sich bei diesen Übergängen die Gesamt- energie auf eine andere Art. A2 Begründe, warum wohl ein ruhendes Neutron, nicht aber ein ruhendes Proton einen b -Zerfall erleidet! A3 Verschaffe dir Informationen über CERN! Relativistische Stoßprozesse Aus der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung folgt, dass die Ruhemasse keine Erhaltungsgröße ist. Beim Zusammenstoß sehr schneller Teilchen mit ge- ringer Ruhemasse aber großem (relativistischen) Im- puls ist es möglich, dass dynamische Masse in Ruhe- masse umgewandelt wird. Da bei derartigen Reakti- onen Elementarteilchen entstehen, spricht man auch von einer Teilchenproduktion . 20.5.7 Abb. 27.1 Energiespektrum beim b -Zerfall Intensität Energie E max Abb. 27.2 n p e e " o + + + - e _ p + n Zerfall elektronisches Antineutrino ν e Beispiel Teilchenerzeugung Zwei Elektronen stoßen mit so großer Geschwindig- keit zusammen, dass neben den beiden Elektronen nach dem Stoß auch ein Proton und ein Antiproton vorhanden sind. Das Antiproton hat die gleiche Mas- se wie das Proton, ist aber einfach negativ geladen. Energie + e – + e – → p + + p – + e – + e – Abb. 27.4 www e + p + n Umwandlung Energie + ν e Abb. 27.3 p e E e " o + + + + N r zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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