Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch

108 Materialwissenschaft, Mikro- und Nanotechnik 24 Bottom-up Bei bottom-up-Methoden entstehen Mikro- und Na- nostrukturen durch Wachstum von Schichten auf ei- ner Oberfläche. Dieses Wachstum kann auf verschie- dene Weise bewirkt werden. Eine Möglichkeit ist das Aufstäuben oder Aufdampfen von Metallen auf einer Oberfläche ( epitaktisches Wachstum ). Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass organische Moleküle durch sogenannte Selbstorganisation monomole- kulare Schichten auf Oberflächen bilden. Eine Besonderheit des epitaktischen Wachstums be- steht darin, dass sich dabei kristalline Strukturen aus- bilden können, die in normal gewachsenen Kristallen nicht auftreten. Der aufwachsende Stoff (Adsorbat) kann einerseits die Oberfläche Schicht für Schicht gleichmäßig bedecken. Dabei entsteht ein mehr oder weniger gleichmäßig dünner Film mit zweidimensi- onaler Struktur. Anderseits kann das Adsorbat auch dreidimensionale Strukturen bilden, die sich vonei- nander getrennt an der Oberfläche anlagern (Clus- ter). Die Filmbildung tritt häufig beim epitaktischen Wachstum von Metallen auf Metalloberflächen auf, während die Clusterbildung bevorzugt beim Wachs- tum von Metallen auf dielektrischen Oberflächen zu beobachten ist. Schon in der Antike wurde beschrieben, dass Öl auf Wasser einen bemerkenswert dünnen Film bildet. Wir wissen heute, dass Ölsäuremoleküle wasserabweisen- de ( hydrophobe ) und sich stark an Wasser bindende ( hydrophile ) Endgruppen besitzen. Die Ölsäuremo- leküle richten sich daher auf einer Wasseroberfläche so aus, dass die hydrophilen Endgruppen auf dem Wasser liegen, während die hydrophoben Endgrup- pen vom Wasser wegweisen. Die van der Waals-Kraft zwischen den Fettsäuremolekülen trägt dazu bei, dass sich die Moleküle regelmäßig anordnen. Insgesamt kann also ein extrem dünner Film aus regelmäßig an- geordneten Fettsäuremolekülen durch Selbstorgani- sation entstehen, der in seiner Dicke imWesentlichen der Länge eines Moleküls enspricht ( monomolekula- rer Film ). Interessanterweise ist es möglich, derartige Filme von der Wasseroberfläche auf andere Materia- len zu übertragen. Dazu zieht man das gewünschte Trägermaterial senkrecht durch dieWasseroberfläche. Die hydrophilen Endgruppen lösen sich dabei von der Wasseroberfläche und binden sich an das Trägerma- terial. Der monomolekulare Ölfilm haftet nun am Trä- germaterial. Die Ordnung des Films bleibt bei diesem Vorgang weitgehend erhalten. Taucht man den Träger neuerdings ins Wasser ein, so wird die erste monomo- 24.3.2 lekulare Schicht mit einer zweiten monomolekularen Schicht überzogen. Dieser Vorgang lässt sich wieder- holen. So wurden schon Trägeroberflächen mit bis zu 10 3 monomolekularen Schichten hoher Güte erzeugt. Neben der Polarität von Endgruppen (Hydrophilie und Hydrophobie) von organischen Molekülen kann man auch chemische Reaktionen zwischen Endgrup- pen und einem Trägermaterial zum Aufbau von selb- storganisierten Schichten nützen. Ein Beispiel dafür ist die Bindung von Alkanthiolen (etwa Dokosanthiol CH 3 —(CH 2 ) 21 —SH) an Goldfolien. Bei Alkanthiolen bindet sich die schwefelige Endgruppe an Gold, wäh- rend die CH 3 -Endgruppe vom Gold weggerichtet ist. Monomolekulare Filme von Alkanthiolen lassen sich dadurch erzielen, dass man die Trägermaterialien (zB Goldfolien) mehrere Stunden in alkoholische Lösun- gen der Alkanthiole einlegt. Durch Selbstorganisation entstehen gut geordnete monomolekulare Filme ( self assembled monolayers, SAMs ) Abb. 108.1 Am Träger lagern sich Monolagen von Ölsäuremole- külen an. Einfachlage Wasser Vielfachlage auf dem Substrat Luft Abb. 108.2 Mit Hilfe von Alkanthiolen lassen sich extrem dünne dielektrische Schichten zwischen Metallen herstellen. CH 3 Au(111) 0,5 … 3,5 nm einige zehn nm Molekül lm Metall lm Metall lm Isolator Molekül lm S Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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