Physik compact, Basiswissen 8, Schulbuch
104 Materialwissenschaft, Mikro- und Nanotechnik 24 Führt man statt eines Elektronenstrahls mit Hilfe von Piezokristallen eine feine Spitze über die Oberfläche eines Objektes, so lässt sich die Oberfläche ebenfalls rastern und stark vergrößert darstellen. Zwischen der Spitze und der Oberfläche wird eine elektrische Span- nung gelegt. Wenn Spitze und Oberfläche nahe ge- nug beisammen sind, tritt wegen des Tunneleffektes ein Stromfluss auf. Die Stärke dieses Tunnelstroms ist stark vom Abstand zwischen Probe und Spitze abhän- gig. Verschiebt man die Spitze parallel zur Probeno- berfläche, so lässt sich durch geeignetes Anheben oder Absenken der Spitze der Tunnelstrom konstant halten. Die Information über das Anheben oder Ab- senken der Spitze ( z -Richtung) ergibt gemeinsam mit der Information über die Verschiebung parallel zur Oberfläche ( x - und y -Richtung) die Möglichkeit, ein Profil der Oberfläche zu berechnen und darzustellen. Diese Art der Mikroskopie heißt Rastertunnelmikro- skopie . Die zugehörigen Mikroskope werden auch häufig als STM (scanning tunneling microscope) be- zeichnet. A1 Informiere dich wann und von wem das STM er- funden wurde! Bei jedemSTMbenützt man den sogenanntenTunnel- strom. Dies setzt voraus, dass entweder die Oberflä- che des untersuchten Objektes oder zumindest eine Schicht sehr nahe der Oberfläche elektrisch leitend ist. Für die Untersuchung von Isolatoroberflächen ist ein STM nicht geeignet, vielmehr verwendet man Kraftmikroskope ( AFM , atomic force microscope ). Beim AFM wird eine feine Nadel in der Nähe einer Oberfläche durch die van der Waals-Kraft in vertikaler oder seitlicher Richtung abgelenkt. Die Stärke dieser van der Waals-Kraft ist indirekt proportional zur drit- ten Potenz des Abstandes zwischen Nadel und Ober- fläche. Die Messung der Kraft auf die Nadel beim AFM entspricht der Messung des Tunnelstroms beim STM. Auch mit dem AFM wird die Oberfläche des Objekts gerastert und aus den Messwerten wird eine vergrö- ßerte Darstellung erzeugt. A2 Die Spitze eines AFM ist nicht so fein wie jene ei- nes STM. Sie hat einen Durchmesser von einigen nm. Überlege was sich hinsichtlich der Auflösung eines AFM im Vergleich zu einem STM erwarten lässt? Eine Kombination von AFM und Lichtmikroskop stellt das sogenannte Nahfeldmikroskop ( SNOM , scan- ning nearfield optical microscope ) dar. In diesem wird die Spitze eines Lichtleiters mit Hilfe von Piezokristal- len nahe über eine Oberfläche bewegt. Dadurch las- sen sich Informationen über die Oberflächenstruktur und über die optischen Eigenschaften des untersuch- ten Objektes gewinnen. Die örtliche Auflösung eines Nahfeldmikroskops reicht heute schon weit unter die Wellenlänge von Licht und beträgt etwa 30 nm. Bei allen bisher genannten Mikroskopen und mikros- kopischen Verfahren bemüht man sich, die Auflösung zu verbessern. Daneben gibt es auch Entwicklungen von Mikroskopen, die mit anderen Strahlungen als Licht oder Elektronen arbeiten. Als Beispiele seien die Röntgen- und die Heliummikroskopie genannt. Bei Röntgenmikroskopen lässt sich wegen der kur- zen Wellenlänge der Strahlung ein höheres Auflö- sungsvermögen als bei Lichtmikroskopen erwarten. Ein Vorteil von Röntgenmikroskopen besteht in der Variablilität der Untersuchungsobjekte. Es lassen sich sowohl belebte als auch unbelebte Objekte, elektri- sche Leiter und Isolatoren sowie trockene und nasse Objekte untersuchen. Allerdings besteht ein wesentli- ches Problem bei der Verwendung von Röntgenstrah- len in Mikroskopen darin, dass herkömmliche Linsen für Röntgenstrahlen einen Brechungskoeffizienten nahe bei 1 haben und daher praktisch nicht brechend wirken. Die Strahlen durchdringen Glaslinsen fast geradlinig. Zur Fokussierung der Röntgenstrahlen werden daher in Röntgenmikroskopen Spiegel oder beugende Elemente wie zB Zonenplatten eingesetzt. Eine Zonenplatte ist ein Beugungungsgitter, das aus konzentrischen Kreisen besteht. Abb. 104.1 Wesentlich für den Einsatz eines STM sind neben einer erschütterungsfreien Aufhängung eine zuverlässige piezo- elektrische Steuerung der Spitze und eine schnelle Elektronik zur Bilderzeugung. Piezos: -Annäherung z Spitze: ( , ) x y Objekt Feder: Schwingungs- isolierung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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