Physik compact, Basiswissen 7, Schulbuch
114 Bionik 19 führen zu vergleichbaren Spindelformen, die selbst bei turbulenter Umströmung einen sehr geringen Strömungswiderstand besitzen. Dabei zeigten Unter- suchungen im Strömungslabor, dass die Rümpfe der mit den Flügeln – teils sehr schnell – schwimmenden Pinguine nahezu starr bleiben, was eine Übertragung auf technische Strömungskörper erleichtert. Abgüsse der Körper verschiedener Pinguinarten führten bei realitätsnaher turbulenter Umströmung zu Wider- standsbeiwerten von 0,025. A1 Informiere dich über c w -Werte aktueller Autos! Im Labor konnte der Widerstandsbeiwert mit Pingu- inrümpfen nachgebauten Rotationskörpern sogar bis auf 0,016 gesenkt werden. In der Realität dürfte durch die feinstrukturierte Oberfläche des Gefieders der Strömungswiderstand lebender Pinguine noch geringer sein. Anwendungsbereiche sind Großraumflugzeuge und Unterwasserfahrzeuge, bei denen eine optimierte Spindelform bei erhöhtem Fassungsvermögen zu ei- ner deutlichen Reduktion des Treibstoffverbrauchs führen kann. Durch Vogelflugforschung lassen sich weitere Verbes- serungen erreichen. Das Verhindern des Strömungs- abrisses vergrößert nicht nur den Auftrieb sondern kann auch den Luftwiderstand verringern. So sind nach oben gebogene Flügelspitzen (Winglets) heute bei vielen modernen Flugzeugen zu finden. Hausbelüftung nach Präriehund- oder Termitenart und Wärmedäm- mung nach dem Prinzip Eisbär A2 Informiere dich zB aus einem Lexikon über das Bernoulli-Prinzip! Bernoulli fand heraus, dass in einem strömenden Gas (Luft) ein Druckabfall auftritt, wenn die Strömungsge- schwindigkeit steigt. Kühlung und Heizung benötigen viel Energie. Einspa- rungen ohne Komfortverlust können daher in diesen Bereichen viel bringen. Anfang der 70er-Jahre unter- suchte der amerikanische Zoologe und Biophysiker Steven Vogel zusammen mit seinen Kollegen die Be- lüftung in Bauten des Präriehundes (Cynomis ludovici- anus) . Sie konnten zeigen, dass Präriehunde an einem ihrer Baueingänge einen steilwandigen Kegel bauen, wodurch dieser Eingang höher liegt als der andere Ein- gang, an dem sie lediglich eine flache Kuppel bauen. Dieser Höhenunterschied ruft bei darüberwehendem 19.5 Wind eine Druckdifferenz hervor, die unabhängig von der Windrichtung eine immer in eine Richtung durch den Bau ziehende Luftströmung erzeugt. Somit lüften Präriehunde ohne eigenen Energieaufwand indem sie das Bernoulli Prinzip anwenden. Sie setzen so die Windenergie / Sonnenenergie für die Lüftung ihres Baus ein, der sonst wohl unbewohnbar wäre. Ähnliche Prinzipien dienen in der traditionellen vor- derasiatischen Architektur der Belüftung. Auch manche Termitenarten nützen die Sonnen- und Stoffwechselwärme zur Lüftung ihrer Bauten. Hierbei strömt die warme Luft aus dem Inneren des Baus in einem geschlossenen Röhrensystem durch den Bau nach oben und direkt unterhalb der Bauoberfläche wieder nach unten (Druckausgleich). Durch das po- röse Material (Sand und Speicheldrüsensekret, stein- hart) des Termitenbaus kann zusätzlich Kohlendioxid aus dem Bau herausdiffundieren, während Sauerstoff hineindiffundiert („Frischluftzufuhr“). A3 Informiere dich, was man unter „Totalreflexion“ versteht! Was sind Lichtleiter? A4 Wiederhole die Eigenschaften des „schwarzen Körpers“! Ein ebenfalls für Fragen der Klimatisierung interessan- tes Phänomen wurde von dem Berliner Physikoche- miker Helmuth Tributsch und Mitarbeitern beim Eis- bären (Ursus maritimus) nachgewiesen. Der Eisbär ist eigentlich ein Schwarzbär! Die Bärenhaut ist nämlich fast schwarz – die weißen Haare des Eisbärfells leiten die einfallende Licht- und Wärmestrahlung wie Licht- leiter nach unten zur dunklen Hautoberfläche, die sie absorbiert. Abb. 114.1 Termitenbau Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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