Sexl Physik 8, Schulbuch

| 98 Reaktortypen Die einzelnen Kernkraftwerkstypen unterscheiden sich durch die Stoffe, die als Moderator und Kühlmittel verwendet werden, und durch die Bauweise. Als Moderator und Kühlmittel werden leichtes bzw. schweres Wasser (H 2 O bzw. D 2 O) verwendet, als Kühlmittel auch Gase (z. B. CO 2 ). Der Leichtwasserreaktor ist der heute am weitesten verbreitete Reaktortyp. Das angereicherte Uran befindet sich in metallumhüllten Brennstäben, die zu Brenn- elementen gebündelt werden. Brennelemente, Regelstäbe und Kühlmittel befinden sich im zentralen Reaktorkern . Der Reaktorkern ist in einem Druckbehälter un- tergebracht. Das Wasser durchströmt den Reaktorkern und dient dabei einerseits als Kühl- und Transportmittel für die bei der Kernspaltung entstehende Wärme, andererseits als Moderator. Verliert der Reaktordruckbehälter Wasser, so werden die schnellen Neutronen im Reaktorkern nicht mehr abgebremst und die Ketten- reaktion kommt von selbst zum Stillstand. Trotzdem kann es zum Schmelzen des Reaktorkerns kommen, da die in den Brennelementen vorhandenen Spaltprodukte weiterhin zerfallen und dabei Wärme produzieren. Daraus ergibt sich die Notwen- digkeit eines Notkühlsystems zur Abfuhr der Nachzerfallswärme. Zur Energiegewinnung sind heute zwei Arten von Leichtwasserreaktoren im Ein- satz: Siedewasser- und Druckwasserreaktoren. Im Siedewasserreaktor siedet das Wasser. Der dabei entstehende Wasserdampf hat eine Temperatur von rund 300 °C, weshalb der Druck auf etwa 70 bar gehalten wer- den muss, um übermäßiges Sieden zu vermeiden. Der Dampf wird einer Turbine zugeführt, die einen Generator zur Stromerzeugung antreibt. In einem Kondensator wird der Dampf gekühlt und wieder dem Reaktorkern zugeführt. 98.4 Schema eines Druckwasserreaktors Die meisten Leichtwasserreaktoren sind Druckwasserreaktoren ( 98.4 ). Der Druck im Reaktordruckbehälter des Primärkreislaufes wird auf ca. 140 bar ein- gestellt. Damit wird erreicht, dass das Wasser trotz der hohen Temperatur nicht siedet. Durch Pumpen wird das Wasser einem Wärmetauscher zugeführt, wo es seine Energie an einen zweiten Wasserkreislauf abgibt. In diesem Sekundärkreis- lauf herrscht geringerer Druck, so dass dort das Wasser verdampfen kann und der Dampf mittels Dampfturbinen Generatoren antreibt. Ein Vorteil des Druckwas- serreaktors ist, dass der Primärkreislauf keine direkte Verbindung mit den Turbi- nen und dem Reaktordruckbehälter hat und diese damit keiner direkten Strahlung ausgesetzt sind. Beim Druckwasserreaktor arbeitet man mit einer ähnlich hohen Betriebstempe- ratur wie beim Siedewasserreaktor. Diese benötigt man zur Erzielung eines hohen thermischen Wirkungsgrads (vgl. Physik 6, S. 54). Kernkraftwerke sind Wärmekraftwerke. Die bei der Spaltung freiwerdende Energie dient zur Erzeugung von Wasserdampf, mit dem Dampfturbinen angetrieben werden. Der thermodynamische Wirkungsgrad liegt bei etwa 30%. Die Brennstoffenergie wird nur zu etwa einem Drittel zur Strom- erzeugung genutzt, die restlichen zwei Drittel werden als Wärme an die Umgebung abgegeben. Anteil in % 50 100 0 1980 2000 2020 2040 Daten Prognose Kernenergie Erdöl Erdgas erneuerbare Energie Kohle 98.1 Die Energiewirtschaft prognostiziert einen Mangel an Energie in den kommenden Jahrzehnten. Die Grafik stammt von der EIA (US Energy Information Administration, annual report 2006). Sie zeigt die prozentualen Anteile der verschiedenen Energieträger an der Deckung des Primärenergiebedarfs bis zum Jahr 2050. Die prognostizierten Anteile ab dem Jahr 2004 besitzen eine hellere Farbe, die sich ab 2020 öffnende Energielücke ist farblos gezeichnet. USA Frankreich Japan Russland Republik Korea Indien Kanada China UK Ukraine Schweden Deutschland Spanien Belgien Taiwan Tschechische Repulik Schweiz Finnland Ungarn Slowakei Pakistan Argentinien Brasilien Bulgarien Mexiko Rumänien Südafrika Armenien Iran Holland Slowenien 0 20 40 60 80 100 120 Reaktoranzahl 98.2 Die Gesamtleistung der Kernkraftwerke betrug 2012 etwa 370 GW (IAEA 2012). Steuerung Regelstäbe Brennstäbe Moderator (Wasser) Kühlwasser (kalt) Reaktordruck- gefäß Kühlwasser (heiß) 98.3 Schnitt durch den Reaktordruckbehälter. Der Ablauf der Kettenreaktion kann durch eine geeignete Anordnung von Moderator und Uranstäben gesteuert werden. Dampf- erzeuger Primärkreis Druckwasserreaktor Dampf Transfor- mator Luft und Wasserdampf Luft Kühlturm Pumpe Generator Turbine Fluss Regel- stäbe Brenn- elemente Luft Sekundärkreis Pumpe Kondensator Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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