Sexl Physik 8, Schulbuch

9 | Viele Institutionen und Firmen benötigen heute eine sehr genaue, weltweit defi- nierte Zeitskala. Es ist dies die „internationale Atomzeit“ TAI ( „Temps Atomique International“ ) (s. Physik 5). Sie entsteht durch Mittelung der Zeitangaben von über 200 Atomuhren, die sich in mehr als 50 Laboratorien in aller Welt befinden. Um aus den Zeitangaben der einzelnen Laboratorien eine internationale Zeit- skala aufzubauen, ist es notwendig, Uhren, die sich in verschiedenen Ländern befinden, auf den gleichen Stand zu bringen. Diesen Vorgang nennt man Syn- chronisation . Dazu verfügt jedes der Laboratorien über einen Sender für Zeit- signale. Mit Hilfe dieser Signale können die Atomuhren auf 10 –9 s genau syn- chronisiert werden. Bei dieser hohen Messgenauigkeit muss die Laufzeit des Radiosignals von einem Laboratorium zum anderen berücksichtigt werden. Dabei sollte sich eine allfällige Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Richtung deutlich bemerkbar machen. Betrachten wir z. B. ein Radiosignal, das nachmittags von der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt in Braunschweig ausgesendet wird. Dieses Labora- torium ist etwa D = 6000 km vom National Bureau of Standards in Washington entfernt. Wie müsste sich das Radiosignal gemäß der Äthertheorie ausbreiten ( 9.3 ) ? Das Signal sollte mit der Verzögerung t 1 = in Washington eintreffen, falls es sich gegen die Richtung der Erdbewegung durch den Äther ausbreitet. In der Nacht läuft das Signal dann wegen der tägli- chen Drehung der Erde in die Gegenrichtung, so dass die Verzögerung nunmehr t 2 = betragen sollte. Wir erwarten daher, dass die Zeitsignale mit wechselnder Ver- spätung bei den Laboratorien eintreffen. Der Unterschied zwischen den Laufzei- ten ist dabei gegeben durch: Bereits die Geschwindigkeit der Erdbewegung um die Sonne, v = 30 km/s , sollte zu messbaren Unterschieden in den Laufzeiten führen, nämlich zu Bei einer Messgenauigkeit von 10 –9 s müsste es leicht möglich sein, diesen Effekt nachzuweisen und damit auch die Geschwindigkeit der Erde im Äther zu bestimmen. Tatsächlich beobachtet man aber bei den Messungen im Welt- uhrensystem keinerlei Unterschiede in der Laufzeit der Signale. Tag und Nacht, Sommer und Winter treffen sie mit der gleichen Verzögerung ein. Im Gegensatz zur obigen Annahme ist die Lichtgeschwindigkeit bei Tag und bei Nacht gleich. Die internationale Atomzeitskala TAI 9.1 Das Labor für Zeit- und Frequenzmessung des österreichischen Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen 9.2 Atomuhr (siehe Seite 12) und Satelliten- empfänger 6 h 9 h 12 h 15 h 18 h 21 h 0 h 3 h D USA v c + v 6 h 9 h 12 h 15 h 18 h 21 h 0 h 3 h D USA v c – v 9.3 Gemäß der Äthertheorie sollten sich Radiosignale auf der Erde mit unterschied- licher Geschwindigkeit ausbreiten. Das Zeit- signal aus Europa sollte z. B. vormittags in USA mit kleinerer Verzögerung eintreffen als am späten Abend Bei der Synchronisation des weltweiten Uhrensystems wird die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit täglich bestätigt. Die Lichtgeschwindigkeit auf der Erde hängt also nicht von der Ausbreitungs- richtung ab. Auf ihrer Bahn um die Sonne ändert die Erde laufend ihre Bewe- gungsrichtung und ihre Geschwindigkeit. Trotzdem hat die Lichtgeschwindigkeit auf der Erde stets und in allen Richtungen den gleichen Wert. Neuere Experimente bestätigen dies sogar mit einer Genauigkeit von 3 cm/s. Die Lichtgeschwindigkeit auf der Erde hängt nicht von der Ausbreitungsrichtung ab, sondern ist in allen Richtungen gleich groß. Dieses Resultat ermöglicht es, das Weltuhrensystem auf sehr einfache Weise zu synchronisieren. Die Laufzeit der Zeitsignale ist stets durch t = D / c gegeben und kann somit aus der Entfernung D der beiden Laboratorien leicht berechnet werden. Diese Verzögerung wird bei der Einstellung der Uhren berücksichtigt, und eine weltweite Uhrensynchronisation wird so gewährleistet. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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