Sexl Physik 8, Schulbuch

87 | Zerfallsgesetz Sind anfänglich N 0 Kerne eines radioaktiven Isotops vorhanden, so existieren nach einer Zeitspanne t nur noch N ( t ) = N 0 e – λ t Kerne dieses Isotops. λ bezeichnet man als Zerfallskonstante. Die Halbwertszeit T 1/2 gibt die Zeitspanne an, nach der die Hälfte der ursprünglich vorhandenen Kerne zerfallen ist. Sie ist für jedes Isotop verschieden. Es gilt: T 1/2 = ln2/ λ . Die Anzahl der pro Sekunde zerfallenden Kerne ist also der Zahl der noch vor- handenen Kerne proportional. Bei radioaktivem Iod, I-131, das in Kernreaktoren entsteht, zerfallen z. B. von einer Milliarde Kerne rund 1 000 Kerne pro Sekunde. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein bestimmter Iodkern innerhalb einer Sekunde zerfällt, beträgt also 10 –6 , daher ist λ = 10 –6 s –1 und T 1/2 ≈ 8 d . Sie ist unabhängig da- von, wie viel Zeit seit der Erzeugung des I-131 bereits vergangen ist. Der radioaktive Zerfall von Kernen lässt sich durch chemische und physikalische Prozesse nicht beeinflussen. Die Aktivität einer radioaktiven Substanz kann man nicht beeinflussen. Man muss warten bis sie von selbst abklingt. Die Menge eines radioaktiven Isotops verringert sich durch den Zerfall ständig. Woher stammen die radioaktiven Substanzen auf unserer Erde? Man nimmt an, dass die heute im Erdinneren vorhandenen radioaktiven Elemente Uran, Thorium und Kalium-40 Relikte aus der Entstehungszeit des Sonnensystems sind. Sie haben sich bei Kernumwandlungen in früheren Sterngenerationen gebildet. Überreste dieser Sterne waren Teil der Gaswolke, aus der das Sonnensystem vor rund 5 Milli- arden Jahren entstanden ist. Die kurzlebigen radioaktiven Elemente zerfielen bald, aber einige sehr langlebige Isotope, wie z. B. Uran-238 mit einer Halbwertszeit von 4,5 Mrd. Jahren , sind noch vorhanden. Sie bilden Ausgangspunkte der natürlichen Zerfallsreihen ( 86.2 ). Diese Reihen beginnen jeweils mit einem langlebigen Iso- top, bei dessen Zerfall fortlaufend radioaktive Isotope neu entstehen. Radium-226 mit einer Halbwertszeit von 1 620 a wird dadurch ständig nacherzeugt. Radioaktive Elemente sind in unterschiedlicher Konzentration in allen Gesteinen enthalten. Die beim Zerfall frei werdende Energie verursacht die hohen Tempera- turen im Erdinneren. Besonders radioaktiv ist Granit. Ein Kubikkilometer Granit liefert ca. 2770 Watt ! Experiment: Der radioaktive Ballon 87.1 Du brauchst: einen Luftballon, einen Geigerzähler Was ist zu tun? Blase den Luftballon auf und lade ihn durch Reiben mit Wolle (oder fettfreiem Haar) elektrisch auf. Hänge den Luftballon so auf, dass er sich nicht durch Kontakt mit leitenden Objekten entladen kann. Lass nach einiger Zeit (10 Minuten bis 2 Stunden) die Luft aus dem Ballon und miss mit einem Geigerzähler die Aktivität auf der Ballonhaut. Die Aktivität liegt wesentlich über dem Nulleffekt. Der Grund ist, dass das elektrische Feld Ionen der Tochterprodukte des Radon in der Raumluft zum Ballon wandern ließ. Die beträchtliche Flächenänderung beim Auslassen des Ballons ermöglicht es, ein deut- liches Signal zu erkennen. Die Luftballonhaut kann als Modell für die Lungenoberfläche dienen. Radon-Folgeprodukte werden an der Lungenoberfläche abgelagert, wo die ioni- sierende Strahlung in den teilungsfähigen Basalzellen zu Strahlenschäden führen kann (s. S. 92). 87.1 Geysire beziehen ihre Energie aus der im Erdinneren beim Zerfall radioaktiver Nuklide entstehenden Wärme. 87.2 Die österreichische Physikerin l ise m eitner (1878– 1968 ) . Da um 1900 Mädchen das Gym- nasium nicht besuchen durften, maturierte sie als externe Schülerin am Akademischen Gymnasium in Wien. Als zweite Frau in der Geschichte der Universität Wien dissertierte sie in Physik (über Wärmeleitung, bei Ludwig Boltzmann). Ihr Interesse für Kernphysik führte sie nach Berlin, wo sie ab 1907 mit Otto Hahn als unbezahlter Gast arbeitete. Eine bezahlte Stelle als Assistentin erhielt sie erst 1913, 1926 wurde sie Professorin. Gemeinsam mit Otto Hahn entdeckte sie zahlreiche Radionuklide. Aufgrund ihrer jüdischen Herkunft musste sie 1938 nach Schweden emigrieren. Otto Hahn entdeckte kurz darauf die Kernspaltung, eine Frucht der gemeinsamen Arbeit. Er erhielt dafür einige Jahre später den Nobelpreis. Lise Meitner wurde mehrfach dafür vorgeschlagen, ging aber letztlich leer aus (s. auch S. 95). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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