Sexl Physik 8, Schulbuch

| 8 Historisches Experiment (Michelson und Morley 1887) 8.1 Für ihren Versuch, die Geschwindigkeit der Erde relativ zum Äther zu bestimmen, verwendeten Michelson und Morley ein von Michelson entwickeltes Interferometer ( 8.1 ). Ein von einer Lichtquelle L kommender Lichtstrahl wird durch einen halbdurch- lässigen Spiegel S in zwei Teilstrahlen aufgespalten. Der erste dieser Teilstrahlen läuft von S zum Spiegel A, wird von diesem reflektiert und läuft wieder zurück zu S, wo er zum Schirm reflektiert wird. Der zweite Teilstrahl läuft von S zum Spiegel B, wird von diesem reflektiert und läuft wie- der zurück zu S, wo er zum Schirm durchgelassen wird. Zwischen S und dem Schirm überlagern sich die beiden Teilstrahlen. Schließlich fallen sie auf den Schirm, auf dem man Interferenzringe beobachtet ( 8.2 ). Da die Lichtquelle kein völlig paralleles Licht aussendet, entstehen auf dem Schirm In- terferenzringe und nicht einfach ein heller bzw. dunkler Punkt. Die Abstände der Spiegel A und B von S sind gleich groß: — SA = — SB = D. Verursacht die Bewegung durch den Äther einen Gangunterschied der Teilstrahlen und dadurch eine Änderung der Interferenzringe? ( 8.3 )? Wir wollen annehmen, dass der Interferometerarm SA parallel zur Bewegungsrichtung der Erde liegt. Der erste Teilstrahl läuft dann auf dem Weg von S zu A dem Äther entge- gen. Relativ zur Erde hat er die Geschwindigkeit c – v . ( v bezeichnet die Geschwindigkeit der Erde durch den Äther.) Auf dem Rückweg von A nach S läuft der Strahl der Erde und damit dem Interferometer mit der Geschwindigkeit c + v entgegen. Die Zeit, die das Licht von S zum Spiegel A und zurück benötigt, ist daher Die Geschwindigkeit des Lichtstrahls, der den zur Erdbewegung senkrechten Interfe- rometerarm SB durchläuft, beträgt ( 8.3 ). Er benötigt daher von S nach B und zurück die Zeit . Das Licht sollte sich also in verschiedenen Richtungen mit unterschiedlicher Geschwin- digkeit bewegen. Wie wir sehen, ist t SBS < t SAS , die beiden Teilstrahlen haben also einen Gangunterschied. Dreht man das Interferometer um 90°, so vertauschen die beiden Interferometerarme ihre Rollen. Der Interferometerarm, der vorher parallel zur Bewegungsrichtung der Erde gelegen war, liegt nun quer zur Bewegungsrichtung und umgekehrt. Die Laufzeitdif- ferenz t SAS – t SBS ändert dabei ihr Vorzeichen. Man sollte daher eine Verschiebung der Interferenzringe beobachten. Trotz sorgfältigster Versuchsdurchführung konnten m ichelson und m orley keine Ände- rung des Interferenzmusters feststellen, obwohl bereits eine Geschwindigkeit von we- nigen Kilometern pro Sekunde einen messbaren Effekt hätte hervorrufen müssen: Dies spricht gegen die Existenz des Äthers. Der Versuch wurde seither mehrfach wiederholt. Trotz der großen Geschwindigkeit von 30 km/s, mit der sich die Erde um die Sonne bewegt, konnte bei keinem dieser Versuche eine Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit von der Ausbreitungsrichtung und damit eine Bewegung der Erde durch den Äther festgestellt werden. Man könnte vermuten, dass der negative Ausgang des Experimentes dadurch zu erklären ist, dass der Äther von der Erde mitgeführt wird und somit die Licht- quelle relativ zum Äther ruht. Das Experiment wurde daher auch mit Sternenlicht durchgeführt, dies lieferte jedoch das gleiche Ergebnis. Seither haben Wissenschaft und Technik enorme Fortschritte gemacht. Selbst bei alltäglichen Vorgängen, wie der Synchronisation des weltweiten Uhrensystems oder der Navigation mit Hilfe des GPS-Systems, würden sich heute Unterschiede in der Lichtgeschwindigkeit deutlich bemerkbar machen und müssten berücksichtigt werden. Lichtquelle L halbdurchlässiger Spiegel S Spiegel B Spiegel A Schirm v 8.1 Ein Interferometer ist ein Messgerät, das durch Überlagerung von Lichtstrahlen äu- ßerst genaue Längenmessungen ermöglicht. Mit dem Michelson-Interferometer können Gangunterschiede der Lichtstahlen auf Bruch- teile der Wellenlänge genau bestimmt werden. 8.2 Interferenzringe Äther Ruhesystem der Erde – v – v v c c c c+v c–v – v c –v 2 2 8.3 Lichtausbreitung gemäß der Ätherhypo- these: Im Äther (hellgrauer Hintergrund) brei- tet sich ein Lichtblitz in alle Richtungen mit der selben Geschwindigkeit c (gelbe Pfeile) aus; die Pfeilspitzen liegen auf dem gestrichelten Kreis. Die Bewegung der Erde (dunkelgraues System) durch den Äther mit der Geschwin- digkeit v führt zu einem „Ätherwind“, so dass von der Erde aus betrachtet auf die einzelnen Strahlen des Lichtblitzes je nach ihrer Richtung ein Gegenwind, ein Rücken- oder ein Seiten- wind wirkt. Auch im System der Erde liegen die Spit- zen der Geschwindigkeitspfeile auf einem Kreis. Dieser (schwarz gezeichnete) Kreis ist gegenüber dem gestrichelten um – v verscho- ben. Die Geschwindigkeitspfeile haben daher verschiedene Längen: in Bewegungsrichtung c – v , entgegen der Erdbewegung c + v , quer zur Erdbewegung . Diese Geschwindig- keitsunterschiede wollte Michelson messen. Da dies nicht gelang, muss man die Ätherhypo- these als gescheitert ansehen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=