Sexl Physik 8, Schulbuch
69 | Im menschlichen Knochen sind steife Elemente wie Calciumphosphatplättchen in eine „weiche“ Grundsubstanz aus Proteinen eingebettet, die vor allem aus Kollagen besteht. Die Verbindung zwischen festen Elementen und verformbarer Grundsubs- tanz ist für die guten mechanischen Eigenschaften verantwortlich. Viele im Labor hergestellte so genannte Biomaterialien zeichnen sich durch große mechanische Festigkeit aus. Sie sind daher für Anwendungen in der Medizin (z. B. Knochen- ersatzmaterialien) geeignet. Unter dem Begriff Biokeramik werden nichtmetal- lische, anorganische Werkstoffe verstanden, die im medizintechnischen Bereich, insbesondere als Zahnkronen und -brücken bzw. für künstliche Gelenke eingesetzt werden ( 69.1 ). Sie werden als Prothese- und Implantatwerkstoffe vor allem auf- grund ihrer hervorragenden Bioverträglichkeit verwendet. Wichtig ist eine hohe Rissfestigkeit, da die Prothese- und Implantatkomponenten im menschlichen Kör- per permanent von einem feuchten, aggressiven Milieu umgeben sind. Verbindungen aus zahlreichen mehr oder weniger großen Teilchen, die von festem Material umgeben sind, bezeichnet man als Teilchenverbunde . Ein Beispiel dafür sind Polymere, in denen Partikel eingelagert werden. Wird etwa Gummi mit Ruß versetzt, können seine Festigkeit, Steifigkeit und Härte beeinflusst werden. Auch gegossene Metallverbindungen können durch Partikeleinlagerungen verbessert werden. Solche Verbunde werden unter anderem zur Herstellung von Kolben für Verbrennungsmotoren verwendet, da sie im Einsatz hohen Betriebstemperaturen ausgesetzt sind und dabei ihre Festigkeit bewahren müssen. Schichtverbunde sind eine weitere Gruppe technischer Verbundstoffe. Sie beste- hen aus Schichten verschiedener Materialien, welche entweder durch Verkleben oder durch hohen Druck und hohe Temperatur miteinander verschmolzen werden. Sandwichstrukturen bestehen aus einer leichten Kern- und Füllschicht, die von zwei Kraft aufnehmenden Deckschichten umhüllt sind. Die Füllstoffe, etwa Glas- fasern oder Polymerschäume, verleihen den Sandwichstrukturen gute Schall und Wärme dämmende Eigenschaften. Sie vereinigen geringes Gewicht mit hoher Fes- tigkeit und werden daher z. B. als Wandmaterial im Flugzeugbau eingesetzt. Als Deckschichten werden beispielsweise glasfaserverstärkte Kunststoffe, Metall oder Holz verwendet. Um Treibstoff zu sparen werden Fahr- und Flugzeuge in Leichtbauweise entwi- ckelt. Zugleich sollen die mechanischen Eigenschaften der Werkstoffe verbessert werden. Für diesen Zweck werden Schichtverbunde entwickelt, die zwischen zwei Deckschichten Aluminiumschaum enthalten. Ein solcher Schaum entsteht, indem eine Mischung aus Aluminiumpulver und einem Treibmittel unter hohem Druck zwischen die Deckschichten gepresst wird. Während dieses Vorgangs schmilzt das Aluminium und das Treibmittel, ein Metallhydrid, setzt gasförmigen Wasserstoff frei. Dadurch wird das geschmolzene Aluminium aufgeschäumt und gegen die ebenfalls aus Aluminium bestehende Deckschicht gepresst. Das poröse Alumini- um besitzt eine dreidimensionale Wabenstruktur, die fest mit den Deckschichten verbunden ist. Neben dem geringen Gewicht – die Struktur ist zehnmal leichter als Stahl – und ihrer hohen Stabilität besitzen derartige Schichten auch den Vorteil, die großen Energien, die bei Kollisionen auftreten können, aufzunehmen. Vakuumdämmung – Isolationstechnik Vakuumdämmelemente sollen zukünftig im Gebäudebau eine große Rolle spielen, da die Anforderungen an den Wärmeschutz von Gebäuden kontinuierlich steigen. Diese neu entwickelten Materialien von nur 4–5 cm Dicke halten die Wärme zehn- mal besser als herkömmliche bis zu einem halben Meter dicke Dämmstoffschichten. Grundsätzlich besteht ein Vakuumdämmelement aus einer äußeren luft- und dampfdichten Hülle mit einem so genannten Stützkern aus kleinporigem Kunst- stoffschaum. Indem das Gas bzw. die Luft aus dem Stützkern herausgepumpt wird, entsteht im Dämmelement ein Vakuum. Vakuumdämmelemente zeigen bei der Wärmeübertragung entscheidende Vorteile gegenüber herkömmlichen Dämmstof- fen. So wird die Wärmeleitung im Porengas vollständig unterbunden, wenn man in den Poren Vakuum erzeugt. Ist das Stützkernmaterial besonders feinporig, so wird die Wärmestrahlung durch vielfache Reflexion an den Porenwänden minimiert. 69.1 Keramische Hüftgelenkskugel (Mitte): Die mechanischen und chemischen Eigen- schaften von Biokeramiken sollen ähnlich wie bei natürlichen Knochen sein. Damit wird eine verbesserte Verträglichkeit und Haltbarkeit der Prothese erwartet. (Der Metallteil ist aus Titan, die Gelenkspfanne aus Polyethylen.) 69.2 Hartes biologisches Gewebe wie Zähne (a), Wirbelsäulenknochen (b) oder Perlmutt (c) sind Verbundstoffe aus harten Mineralkristal- len, eingebettet in eine weiche Proteinmatrix (d, e, f) Außendecke Welle Zwischendecke Innendecke Welle 69.3 Schematischer Aufbau von Doppelwell- pappe als Beispiel für einen Schichtverbund, der sich durch hohe Festigkeit (erreicht durch gezielte Druckverteilung) auszeichnet. (Versu- che dazu unter physikplus.oebv.at) Glasbehälter, doppelwandig, Innenwand der Doppelwand silberbeschichtet, Vakuum 69.4 Ein Beispiel für wirkungsvolle Isolation ist die Thermoskanne. Zur Verminderung der Wärmeleitung und Wärmeströmung besteht dieses Gefäß aus einem doppelwandigen Behälter mit evakuiertem Zwischenraum und ist zur Verhinderung der Wärmestrahlung verspiegelt. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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