Sexl Physik 8, Schulbuch

| 56 Experiment: TV-Schirm 56.1 Du brauchst : Einen Monitor, eine Vi- deokamera (Webcam). Was ist zu tun ? Verbinde die Kamera mit dem Eingang des Monitors. Richte die Kamera (leicht verkantet) auf den Schirm. Dieser soll möglichst Bild füllend abge- bildet sein. Gib etwas vor die Linse der Kamera (Finger, Licht eines Feuerzeugs) und beobachte das oszillierende Bild am Monitor. Verändere die Brennweite oder die Beleuchtung. Auf YouTube fin- dest du unter „Videofeedback“ zahlrei- che Beispiele für derartige Rückkopp- lungen. (1) a = 2,9 (2) a = 3,5 (3) a = 3,9 56.1 Zeitliche Entwicklung einer Populati- on im Modell II für verschiedene Werte des Wachstumsparameters a : (1) Konvergenz gegen einen Grenzwert, (2) periodische und (3) aperiodische Schwankungen. 56.2 Die Folge x k strebt nach vielen Schrit- ten k gegen einen Grenzwert ( a < 3), bzw. für a > 3 gegen 2, 4, 8,… verschiedene Werte. Bei Werten ab einem kritischen a ≈ 3,57 ist keine Periodizität zu erkennen. Chaotische Prozesse sind nichtlinear, d. h. sie antworten auf Einwirkungen von außen nicht in jedem Bereich proportional. Im Gegensatz zum harmonischen Pen- del, bei dem die rücktreibende Kraft proportional zur Auslenkung ist, ist bei chao- tisch oszillierenden Systemen die rücktreibende Kraft eine nichtlineare Funktion der Auslenkung (z. B. proportional zur dritten Potenz oder zum Sinus der Aus- lenkung). Das Verständnis nichtlinearer komplexer Systeme gehört zu den großen wissenschaftlichen Herausforderungen, da dieses für die gesamten Naturwissen- schaften von Bedeutung ist. Galaxien, Wolken, chemische Reaktionen, optische, magnetische und quantenphysikalische Systeme, aber auch Nervensysteme und menschliche Gesellschaften zeigen ein komplexes zeitliches Verhalten. Einfache Rückkopplung Chaotische Systeme sind deterministische, dynamische Systeme . Dynamische Systeme sind Systeme, deren Zustand sich innerhalb der Zeit verändert, wobei die Veränderung kontinuierlich erfolgen kann, aber auch sprunghaft. Die Dynamik des Systems ergibt sich häufig aus Rückkopplungs-Mechanismen. In Physik 6, Seite 75 haben wir den Begriff der Rückkopplung bereits am Beispiel des Wechselspiels von Ist- und Soll-Wert einer Heizung kennengelernt. Wie chaotisches Verhalten durch Rückkopplung entsteht, zeigen die folgenden Beispiele. Die Videokamera verarbeitet ein Bild, das anschließend leicht verändert am Schirm dargestellt wird und dann wieder verarbeitet wird (Experiment 56.1). Der Versuch zeigt uns wesentliche Merkmale chaotischer Systeme: − Der folgende Zustand wird durch den vorangegangenen über Rückkopplung be- stimmt. − Die Rückkopplung erfolgt nichtlinear. Mathematik: Populationsdynamik 56.1 Dynamische Systeme lassen sich in ihren Grundzügen an einem einfachen mathe- matischen Modell für das Wachstum einer Tierpopulation ohne Feinde, aber mit be- schränktem Lebensraum studieren. Modell I : Verfolgen wir den Bestand an Tieren über die Jahre, so wird seine Entwicklung von der Geburtenrate b und der Sterberate s abhängen. Gab es im k -ten Jahr N k Tiere, so ergibt sich im folgenden Jahr N k+1 als N k+1 = (1 + b – s )· N k . Für b > s wächst die Population jährlich um denselben Faktor. Das Wachstum erfolgt exponentiell. Nach einigen Jahren wird das mathematische Modell unrealistisch, der Le- bensraum reicht nicht mehr für die große Zahl an Individuen. Hunger führt zu einer erhöhten Sterberate. Modell II : sei jene Population, die den Lebensraum vernichtet und sich dadurch selbst ausrottet. Wir modifizieren daher die obere Gleichung durch einen Zusatzterm: N k+1 = (1 + b – s )· N k ·(1 – N k / ). Indem wir (1 + b – s ) = a und N k / = x k setzen, erhalten wir für die Glieder der Folge die einfachere Gleichung x k+1 = a · x k ·(1 – x k ) 0 < x k < 1, k = 0, 1, 2, …. Nach Wahl eines Startwerts x 0 ergibt sich durch wiederholte Berechnung (Iteration) das weitere Schicksal der Population. Die Abbildungen 56.1 und 56.2 zeigen für einige Werte von a die Entwicklung. Abhängig von a wird schließlich entweder ein stabiler Wert erreicht oder die Population beginnt zu schwanken. Zunächst pendelt sie zwi- schen zwei Werten, dann zwischen vier, acht, … , und geht schließlich bei Überschrei- ten eines kritischen Wertes ( a ≈ 3,57) in ein unperiodisches, chaotisches Verhalten über. In diesem Bereich ist das System sehr empfindlich: Kleine Unterschiede in den Anfangs- werten führen nach wenigen Iterationen zu einem völlig unterschiedlichen Verhalten. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des V rlags öbv

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