Sexl Physik 8, Schulbuch
5 | Physik des 20. Jahrhunderts Die physikalischen Theorien, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden, be- treffen auch unsere Vorstellung von Raum, Zeit und Materie und zwingen zu einem Umdenken. Als „Moderne Physik“ werden jene physikalischen Theorien bezeichnet, die seit dem Beginn des 20. Jh. entwickelt wurden. Die Mechanik N ewtoNs und die Elek- trodynamik M axwells bewährten sich und ließen am Ende des 19. Jh. den Ein- druck entstehen, dass die wichtigsten physikalischen Erscheinungen verstanden seien. Lord K elviN hielt im Jahr 1900 die Physik für ein nahezu vollständig er- kundetes Gebiet mit nur zwei Wolken am Horizont: Offen war für ihn, wie sich Licht im Vakuum ausbreitet, und die Erklärung des Spektrums glühender Körper. Zur Beantwortung dieser Fragen mussten in der ersten Hälfte des 20. Jh. grund- legende Annahmen der Physik in Frage gestellt werden, und es zeigte sich, dass die bisherige Physik nur einen kleinen Ausschnitt der Welt gezeigt hatte. We- sentlich für diese Entwicklung waren die Entdeckungen a lbert e iNsteiNs im Jah- re 1905. Sie eröffneten völlig neue Sichtweisen auf die Physik. Einstein zeigte mit der Speziellen Relativitätstheorie , dass der Newton’sche Begriff von Zeit, also unser Alltagsbegriff von Zeit, nur bei kleinen Geschwin- digkeiten gilt. Er räumte auch mit der Vorstellung auf, dass Licht ein Medium benötigt, um sich fortzupflanzen. In einer weiteren Arbeit gelang es ihm, den zur damaligen Zeit noch heftig diskutierten Atombegriff zu bestätigen. Und in einer dritten Arbeit legte er einen wesentlichen Grundbaustein für die Quantentheorie. Alle diese Theorien wurden in der Folge experimentell bestätigt. Mit der Allgemeinen Relativitätstheorie von 1915 schuf Einstein eine Verallge- meinerung der Newton’schen Gravitationstheorie. Sie beschreibt, wie die Massen von Körpern die Geometrie des Raumes verändern. Aufsehen erregte bereits im Jahr 1919 eine erste Bestätigung dieser Theorie, als die Ablenkung von Sternen- licht durch die Gravitation der Sonne nachgewiesen wurde. Heute werden mit diesem Effekt in der Astrophysik die Massen von Galaxien bestimmt. Die Allge- meine Relativitätstheorie ist die Grundlage der Kosmologie, welche die Entwick- lung des Universums beschreibt. Bis heute ist es jedoch noch nicht gelungen, die Allgemeine Relativitätstheorie mit der Quantenphysik zu verbinden – dies ist ein aktuelles Forschungsziel der Physik. Die Quantenphysik ist die Grundlage der Physik der Lichtteilchen (Photonen), der Hüllen und Kerne der Atome und der Elementarteilchen. Sie bestimmt die elektrischen Eigenschaften von Isolatoren, Halbleitern und Leitern, und hat da- durch eine umfassende praktische Bedeutung. Jedoch noch viel stärker als die Relativitätstheorie hat die Quantenphysik unsere Vorstellungen über die Welt in Frage gestellt. Wird Realität erst durch Messungen geschaffen? Fragen wie diese sind auch heute noch Gegenstand von Diskussionen zwischen Physikern und Philosophen. Dank großer Fortschritte der Experimentiertechnik wurden Untersuchungen zu Grundsatzfragen der Quantenphysik möglich. Darüber hinaus lieferte die Quantenphysik auch die Grundlagen für zahlreiche technische Ent- wicklungen. Quantencomputer könnten in Zukunft eine wichtige Anwendung der Quantenphysik sein. Nur zu Prüfzwe ken – Eigentum des Verlags öbv
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=