Sexl Physik 8, Schulbuch

49 | Quelle y z x Analysator 1 Detektor 1 Analysator 2 Detektor 2 Apparat 1 Apparat 2 49.1 Schema: Das erste EPR-Experiment wurde 1972 durchgeführt. Eine Quelle mit an- geregten Calciumatomen sendet in entgegen gesetzte Richtungen jeweils zwei Photonen aus, deren Polarisationen verschränkt sind. Die Photonen werden hinter Analysatoren gleichzeitig registriert. Die Wahrscheinlichkeit von Koinzidenzen hängt vom relativen Winkel zwischen den Analysatorrichtungen ab. Das Experiment ergab volle Übereinstimmung mit den quantenphysikalischen Vorhersagen. 49.2 Übereinstimmung zwischen erwarte- ter (Linie) und gemessener (•) Anzahl gleichzei- tig registrierter Photonen im EPR-Experiment von a nton Z eilinger (1998). Ebenfalls erfolgreich war 2007 eine Wiederholung, bei der sich die Messplätze 140 km voneinander entfernt auf zwei Kanarischen Inseln befanden. 49.3 Ein anderes bahnbrechendes Experiment gelang r. g rimm 2003 in Innsbruck: Cäsium- Atome bilden bei Abkühlung auf etwa 10 –10 K einen neuen Materiezustand, das von Einstein 1924 vorhergesagte Bose- Einstein-Kondensat. 49.4 Schrödingers Katze: Schrödinger wollte mit dem Gedankenexperiment die Problematik aufzeigen, die bei der Anwendung quanten- mechanischer Gesetze auf die Makrowelt entsteht. Befindet sich Schrödingers Katze in einem Zustand zwischen Leben und Tod, bis der Behälter geöffnet wird? 3.8 Verschränkung – Das EPR-Experiment Im Jahre 1935 beschrieben e iNsteiN und seine Mitarbeiter p odolsKy und r oseN ein Ge- dankenexperiment, das Schwierigkeiten mit der Interpretation der Quantenmecha- nik aufzeigen sollte. e iNsteiN betrachtete die quantenphysikalische Beschreibung der Welt als unvollständig. Im Jahre 1972 wurde das vorgeschlagene Experiment (EPR-Experiment, 49.1 ) erstmalig durchgeführt, 1998 wurde es von a NtoN Z eiliN - ger und seinen Mitarbeitern an der Universität Innsbruck perfektioniert. ( 49.2 ) Im Innsbrucker Experiment wurden mittels Laser und einem doppelbrechenden Kristall Paare von Photonen hergestellt. Jeweils ein Photon war horizontal, das andere vertikal polarisiert, doch welches der beiden Photonen horizontal polari- siert ist, ist unbekannt. Solche Photonenzustände werden verschränkte Zustände genannt. Die Photonen wurden in getrennte Glasfasern eingespeist, die zu 400 m voneinander entfernten Messplätzen führten. Die Photonen wurden in getrennte Glasfasern eingespeist, die zu 400 m voneinander entfernten Messplätzen führten. Dort trafen sie auf je einen Analysator (ähnlich wie im Abschnitt 3.6). Für ver- schiedene zufällig während der Flugzeit der Photonen gewählte Analysator-Stel- lungen wurden die Photonen registriert. Die Messungen erfolgten unabhängig von- einander an jedem der gleichzeitig erzeugten Photonen. Die Zeit, innerhalb der die Messungen an den Photonenpaaren erfolgten, war kürzer als jene, die eine Nach- richt zwischen den Messplätzen gebraucht hätte.. Die nachträgliche Auswertung der Daten ergab eine völlige Bestätigung der Vorhersagen der Quantenphysik . Insbesondere bei gleichzeitiger Messung mit zufällig gewählten, jedoch um 90° ge- geneinander gedrehten Analysator-Stellungen wurden – abgesehen von erklärba- ren optischen Verlusten – Photonen paarweise registriert. Die Polarisationsrichtung der Photonen ist so lange unbestimmt, bis sie ge- messen wird. Woher „weiß“ ein Photon, wie sich sein Partner bei einem weit ent- fernten Polarisator „entschieden“ hat? Einstein hat diesen Effekt als „spukhafte Fernwirkung“ bezeichnet, denn wie sollte das zweite Photon wissen, welche Po- larisation das erste Photon bei der Messung hatte. Einstein konnte sich mit dieser Fernwirkung nicht abfinden. Die Quantenphysik sagt, dass die Quantenobjekte so lange mit einander „ver- schränkt“ sind, d. h. durch eine gemeinsame Wellenfunktion zu beschreiben sind und nicht von einander unabhängig sind, als keine Störungen durch die Umwelt diese Verschränkung aufheben. Im beschriebenen Experiment könnte dies durch schlechte Lichtleiter erfolgen, die zufällig die Polarisation von Photonen verän- dern. Dann würden sich die Photonen wie klassische Teilchen verhalten und keine Korrelationen bei den Messungen zeigen. Die Verschränkung ist die Grundlage von weiter führenden Experimenten mit drei und mehr Photonen (Teleportation von Quanteneigenschaften). An Anwendungen der Quanten-Verschränkung auf Quantencomputer wird weltweit geforscht. Grund- lagenforschung zur Quantenphysik erfolgt in Österreich schwerpunktmäßig an den Universitäten in Innsbruck und Wien, einschließlich der TU Wien. Schrödingers Katze Mit einem Gedankenexperiment wollte Schrödinger 1935 auf Verständnisprobleme der Quantenphysik hinweisen. In einer Kiste befinden sich eine Katze und ein ra- dioaktives Atom, das mit 50%iger Wahrscheinlichkeit innerhalb einer Stunde zer- fällt, worauf eine Maschine die Katze tötet. Atom und Katze bilden wie polarisierte Photonenpaare ein verschränktes Quantensystem. Nach einer Stunde beschreibt die Wellenfunktion des Systems folgenden Zustand: Mit je 50%iger Wahrschein- lichkeit ist das Atom nicht zerfallen und die Katze lebt, bzw. das Atom ist zerfallen und die Katze ist tot. Entscheidet sich das Schicksal der Katze erst bei einer Mes- sung, beim Öffnen der Kiste? Eine vielfach akzeptierte Lösung sagt, dass makroskopische Objekte (Lebewesen) immer mit der Umwelt in Kontakt stehen und ihren Zustand z. B. durch Wärme- strahlung anzeigen. Dadurch wird die Verschränkung Atom-Katze aufgehoben – dies wird als Dekohärenz bezeichnet. Die Entscheidung „Katze tot oder lebendig“ fällt daher sofort. Es stellt sich nun die Frage, wo die Grenze zwischen mikro- und makroskopischen Objekten ist. Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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