Sexl Physik 8, Schulbuch

39 | 39.1 Die erste Deutung des Zusammenhangs zwischen Welle und Teilchen stammt von m ax b orn . Sie wurde in einem Artikel über die Quantenphysik der Stoßprozesse veröffentlicht. Welle Teilchen Welle Teilchen Welle Teilchen übergeordnete Theorie ? Widerspruch in der Natur 39.2 Verschiedene Standpunkte zum Prob- lem „Licht – Welle oder Teilchen?“ 1400 W/m 2 39.3 Auf die Erde (Radius 6400 km) treffen pro Sekunde rund 4,5·10 35 Photonen mit einer durchschnittlichen Energie von 2,5 eV (hauptsächlich sichtbares Licht). Die Photonen werden absorbiert und erwärmen die Erd- oberfläche. Die Erde strahlt diese Energie als langwellige Wärmestrahlung ab. Da die Tempe- ratur der Erde ( T E ≈ 300 K) rund ein Zwanzigstel der Sonnentemperatur ( T S ≈ 6000 K) beträgt, ist die mittlere Energie der abgestrahlten Photonen ebenfalls zwanzig Mal kleiner, und daher müssen zwanzig Mal so viele infrarote Photonen abgestrahlt werden (s. Wien’sches Verschiebungsgesetz, S. 65). müssen immer wieder lange Zeit bewährte Vorstellungen revidiert werden. Neben der Relativitätstheorie veränderte die Quantenphysik unsere Vorstellungen über die Natur am Radikalsten. Welche Beziehung haben Wellen- und Teilchentheorie des Lichtes zueinander? Anfangs schienen die beiden Theorien einfach nebeneinander zu stehen. Ein pro- minenter Physiker sagte einmal: „Am Montag, Mittwoch, Freitag ist das Licht ein Teilchen; Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag eine Welle.“ Diese scherzhafte Bemerkung zeigt, wie sehr das Nebeneinander von Welle und Teilchen die Physi- ker verwirrte. In dieser Situation wurden verschiedene Ansichten entwickelt, bei- spielsweise: a) Es gibt Widersprüche in der Natur. Die einander widersprechenden Wellen- und Teilcheneigenschaften sind Beispiele dafür. b) Teilchen und Welle sind verschiedene Modelle zur Beschreibung des Lichts. Je nach Experiment ist einmal das eine Modell und dann das andere zu bevorzu- gen. Zur Erklärung weiterer Experimente könnte es künftig notwendig werden, wiederum andere Modelle heranziehen. c) Es gibt eine Theorie, die das Verhalten von Licht korrekt beschreibt, d. h. es las- sen sich aus ihr experimentell überprüfbare Vorhersagen über den Ausgang von Experimenten ableiten. Wir bilden jedoch unsere physikalischen Begriffe mit Hilfe der Erfahrungen des Alltags, in dem die Quantenphänomene nicht direkt wahrnehmbar sind. Daher ist unsere Sprache zur Beschreibung der Erschei- nungen im Mikrokosmos nur schlecht geeignet. Wir sind gezwungen, einander scheinbar widersprechende, in Wahrheit jedoch ergänzende Begriffe (wie Welle und Teilchen) für Teilaspekte einer Erscheinung zu verwenden. Die Ergänzung erfolgt keineswegs willkürlich, da die verschiedenen Aspekte des Mikrophäno- mens in einer physikalischen Theorie enthalten sein müssen. Die Diagramme ( 39.2 ) sollen die Auffassungsunterschiede erläutern. Heute er- scheint nur mehr der Standpunkt c) physikalisch akzeptabel. Gegen den Standpunkt a) spricht: Es liegt näher, Widersprüche in unseren Vorstel- lungen über die Natur zu suchen als in der Natur selbst. Standpunkt b) würde ein beziehungsloses Nebeneinander von Modellen bedeuten, die nicht durch eine übergeordnete Theorie zu einer Einheit verbunden wären. Eine solche Theorie wäre kaum überprüfbar, da bei jedem Konflikt mit dem Expe- riment weitere ad hoc-Modelle die Situation „retten“ könnten. Die unter c) angesprochene Theorie ist die Quantenelektrodynamik (QED) . Ihre Entwicklung dauerte etwa 20 Jahre und führte 1948 zur endgültigen Form der QED. Die QED beschreibt neben der Erzeugung und Absorption von Licht durch ge- ladene Teilchen auch die Umwandlung von Strahlung in Materie, indem Paare von Teilchen und Antiteilchen erzeugt werden. Sie ist die am besten überprüfte physi- kalische Theorie (siehe Kapitel Teilchenphysik ). Warumerscheint Licht imAlltag alsWelle, wobleibt der Teilchenaspekt? Betrachten wir dazu das Sonnenlicht. Das Intensitätsmaximum bei λ = 500 nm entspricht einer Photonenenergie von ca. 2,5 eV . Die Sonne strahlt mit einer Leis- tung von 1 400 W/m 2 auf die Erde ( 39.3 ), das bedeutet bei einer mittleren Photo- nenenergie von 2,5 eV einen Photonenfluss von rund N = 3,5·10 21 Teilchen/(m²·s). Pro Quadratmeter und Sekunde treffen etwa 3,5·10 21 Photonen auf die Erde. Die Analogie zu einem Gas, bei dem die große Anzahl von Molekülen in einem Behäl- ter ( 6·10 23 pro Mol ) das Prasseln der Moleküle gegen die Behälterwand als konti- nuierlichen Druck erscheinen lässt, legt nahe: Wegen der großen Anzahl der bei alltäglichen Erscheinungen auftretenden Photonen erscheint uns Licht als kontinuierliche Welle. Wir erwarten daher, dass die Teilchenaspekte von Licht besonders bei kleinen Photonenzahlen deutlich werden. Betrachten wir daher nochmals ein Experiment, das die Wellennatur des Lichtes zu beweisen schien, die Beugung am Spalt . Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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