Sexl Physik 8, Schulbuch

| 36 Der Forscher Faust in Goethes Tragödie Faust I möchte erkennen, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ . Am Weg zu diesem Ziel müssen Forscherinnen und Forscher wie Detektive vorgehen. Vorgefasste Meinungen erweisen sich meist als falsch. Um 1900 schien die Wellennatur des Lichtes durch zahlreiche Experimente bestä- tigt. Interferenz-Erscheinungen an Gittern erlaubten die Bestimmung der Wellen- länge des Lichtes. Wegen seiner Polarisierbarkeit wurde Licht als Transversalwel- le angesehen. Die Bestätigung der Maxwell’schen Theorie durch die Hertz’schen Experimente legte nahe, dass Licht eine elektromagnetische Welle ist. Für ebenso gesichert hielt man die Teilchennatur der Elektronen. Als eines der letzten ungelösten Probleme die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie wurde am Ende des 19. Jh. das Versagen der klassischen Physik angese- hen, die von glühenden Körpern ausgehende Strahlung korrekt zu beschreiben. Die Lösung, die M ax p laNcK ( 36.2 ) am 14. Dezember 1900 seinen Kollegen in Berlin vortrug, bedeutete den Beginn der Quantenphysik . In ihr tritt erstmals das Planck’sche Wirkungsquantum h = 6,63·10 –34 J·s , eine neue Naturkonstante, auf. (s. Strahlungsgesetze, S. 64) Die Grundlagen der Quantenphysik wurden im Jahr 1925 von w erNer h eiseNberg (1901–1976, 45.1 ) und im Jahr 1926 von e rwiN s chrödiNger ( 36.3 ) gelegt. An die Stelle eines strengen Determinismus treten Wahrscheinlichkeitsaussagen . Die Ausarbeitung der Quantenphysik zu einer genauen Beschreibung der Wechsel- wirkung von Licht mit Materie ( Quantenelektrodynamik ) erfolgte in den späten 1940er Jahren. Man könnte heute daher glauben, dass die Quantenphysik als reife Wissenschaft kaum mehr Stoff zur Diskussion gibt. Das Gegenteil ist der Fall: − Es wird immer noch über die Interpretation von Experimenten mit Photonen, Elektronen und anderen Teilchen diskutiert. − Der Fortschritt der Experimentiertechnik erlaubt die Durchführung von Experi- menten, die als reine Gedankenexperimente lange Zeit für undurchführbar ge- halten worden waren. − Die praktische Anwendung quantenphysikalischer Phänomene hat zur Ent- wicklung der Mikroelektronik geführt, die uns z. B. den rasanten Fortschritt der Kommunikationstechnologien beschert. Die Ergebnisse aller Experimente stehen in bester Übereinstimmung mit den Vor- hersagen der Quantenphysik, jedoch gibt es heftige Diskussionen über die Inter- pretation von Quantenprozessen . Es scheint, dass die Natur fantasievoller ist als unser an Alltagserscheinungen geschultes Vorstellungsvermögen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass die mathematische Formulierung der Gesetze der Quantenphysik in sehr abstrakter Weise erfolgt; teilweise mussten die adäquaten mathematischen Begriffe und Methoden erst geschaffen werden. Durch den damit verbundenen Verlust an Anschaulichkeit kann die Quantenphysik nur in einem ge- ringen Maß einfach dargestellt werden. 36.1 Gerne wird der Satz „ Gott würfelt nicht! “ als e insteins Kritik an der Quantenmechanik zitiert. Was hat er damit gemeint? 36.2 m ax p lanck (1858–1947) erhielt 1918 für das von ihm gefundene Strahlungsgesetz den Nobelpreis. Mit der Idee der Absorption und Emission von Energiepaketen bereitete er den Boden für Einsteins bahnbrechende Deutung des Photoeffekts. 36.3 e rwin s chrödinger (1887–1961) arbeite- te bis 1921 in Wien. Danach lehrte und forschte er an der Universität Zürich, wo er 1926 grund- legende Arbeiten zur Wellenmechanik schrieb, für die er 1933 den Nobelpreis erhielt. Als Nachfolger von Max Planck kam er 1927 nach Berlin, von 1936 bis 1938 war er in Graz tätig, 1938 floh er vor dem NS-Regime nach Irland. 1956 kehrte er nach Wien zurück. 3 Quantenphysik In diesem Kapitel erfährst du, … − warum eine völlig neue Sichtweise auf Materie notwendig ist, − ob Teilchen sich auch wie Wellen verhalten, − worauf die Quantenphysik aufbaut und zu welchen erstaunlichen Konsequenzen sie führt. Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

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