Sexl Physik 8, Schulbuch

21 | 1.11 Umrechnung von Koordinaten zwischen Bezugssystemen Im letzten Abschnitt haben wir gesehen, dass nicht nur der Zeitablauf, sondern auch Positions- und Längenbestimmungen bei rasch bewegten Bezugssystemen überraschende Probleme aufwerfen. Wie lassen sich für ein und dasselbe Ereignis Zeitpunkt und Ort in verschiedenen, sich relativ zu einander bewegenden Bezugssystemen berechnen? Die Galilei-Transformation – Physik des Alltags i saac N ewtoN nahm an, dass im gesamten dreidimensionalen Raum eine einheitli- che, universelle Zeit existiert und gleichförmig abläuft. Diese Annahme ist Teil der klassischen Physik. Damit können wir Ortsangaben in verschiedenen Inertialsys- temen in einander umrechnen oder transformieren (Galileitransformation). Wir betrachten ein Inertialsystem S, an dem sich ein anderes Inertialsystem S’ mit der Geschwindigkeit v vorbei bewegt ( 21.2 ). Der Einfachheit halber nehmen wir an, dass die x -Achsen der beiden Systeme zusammenfallen und dass die Bewegung von S ’ in Richtung der positiven x -Achse so erfolgt, dass zum Zeitpunkt t = t’ = 0 der Koordinatenursprung von S ’ mit dem Koordinatenursprung von S zusammen- fällt. Zu einem späteren Zeitpunkt t hat der Ursprung von S ’ die Strecke v · t zurückge- legt. Kennt man die x’ -Koordinate eines Ereignisses E in S ’ , so muss man zu ihr v · t addieren, um die x -Koordinate des Ereignisses in S zu erhalten. Die y- und z- Ko- ordinaten sind in beiden Systemen gleich, ebenso die Zeitpunkte t bzw. t’ des Er- eignisses, da nach der klassischen Physik die Zeit in allen Bezugssystemen gleich vergeht. Es ergibt sich somit folgendes System von Gleichungen: Galilei-Transformation x’ = x – v·t x = x’ + v·t’ y’ = y É y = y’ z’ = z z = z’ t’ = t t = t’ Die Annahme einer universellen Zeit, eine Grundannahme der Galilei-Transforma- tion, hat sich in Kapitel 1.8 wegen der Relativität der Gleichzeitigkeit als unhaltbar erwiesen. Zur Verdeutlichung betrachten wir ein Lichtsignal, das zum Zeitpunkt t = 0 von x = 0 ausgeht und sich in S in der x -Richtung mit der Geschwindigkeit c ausbreitet. Zur Zeit t gilt: x = c · t Gemäß der Galilei-Transformation würde die Ausbreitung des Lichtsignals im Sys- tem S‘ gemäß x’ = x – v·t = c·t – v·t = ( c – v ) ·t = ( c – v ) ·t’ erfolgen, also mit der Geschwindigkeit c – v . Dies ist aber ein Widerspruch zum Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das besagt, dass die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Bewegung des Beobachters ist. Die Galilei-Transformation kann daher nur in der klassischen Physik, nicht aber bei Berechnungen gemäß der Relativitätstheorie verwendet werden. Die Lorentz-Transformation Die Lorentz-Transformation dient zur Umrechnung von Koordinaten und Zeitpunk- ten zwischen verschiedenen Inertialsystemen gemäß der Relativitätstheorie. Bei der Galilei-Transformation ist das Relativitätsprinzip erfüllt, nicht aber das Prinzip der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, wie wir im vorigen Abschnitt be- rechnet haben. Denn aus x / t = c im System S folgt für das System S ’ : = = = c – v 21.1 g alileo g alilei (1564–1642) Einer der bedeutendsten Naturforscher (z. B. Entdeckung der Fall- und Pendelgesetze, der hydrostatischen Waage und von vier Jupiter- monden) und „Vater“ der naturwissenschaftli- chen Methode. Er führte zur Erforschung der Natur Experimente durch, was vor ihm nicht üblich gewesen war. z z’ y y’ x x’ E y = y’ x’ x z = z’ v·t v S S’ 21.2 Kennt man Ort und Zeit eines Ereignis- ses E in einem der beiden Bezugssysteme, so kann man mit Hilfe der Galilei-Transformation Ort und Zeit des Ereignisses im anderen Be- zugssystem berechnen. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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