Sexl Physik 8, Schulbuch
19 | 19.1 Zur Bestimmung der Wagenlänge stellt man fest, wo sich Anfang und Ende des Waggons zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden. Der Abstand zwischen diesen beiden Punkten ist die Länge des Waggons. Myon entsteht H 19.2 Infolge der Zeitdilatation können die in einer Höhe von rund 10 km entstehenden Myonen die Erdoberfläche erreichen. Myon H v ( ) Erde 19.3 Von den Myonen aus gesehen erscheinen alle Abstände in Bewegungsrich- tung verkürzt und die Erde, die ihnen fast mit Lichtgeschwindigkeit entgegenfliegt, erscheint stark abgeplattet. Die Myonen können deshalb die Entfernung zur Erdoberfläche innerhalb ihrer Lebensdauer zurücklegen und die Erde erreichen. 1.9 Die Relativität von Längen: Lorentzkontraktion Gedankenexperiment: Längenmessung 19.1 Die Länge eines fahrenden Eisenbahnwaggons soll gemessen werden. Für einen im Zug mitfahrenden Beobachter ist dies kein Problem. Er kann die Länge des Waggons ganz einfach bestimmen, indem er den Waggon mit einem Maßband ausmisst ( 19.1 ) . Für einen am Bahndamm stehenden Beobachter ist die Situation schwieriger. Er kann ja nicht das eine Ende des Maßstabs an einem Ende des Waggons anlegen, dann zum anderen Ende des Waggons gehen und die Länge des Waggons auf dem Maßstab ab- lesen. Die Aufgabe wird gelöst, indem entlang des Bahndamms Beobachter mit synchronisier- ten Uhren aufgestellt werden. Sie stellen fest, wo sich Anfang und Ende des Waggons zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden. Der Abstand dieser beiden Punkte ist die Länge des Waggons. Der im Waggon mitfahrende Beobachter protestiert jedoch gegen diese Längenmes- sung. Wegen der Relativität der Gleichzeitigkeit haben nämlich die Positionsbestim- mungen der beiden Enden des Waggons, die im System des Bahndammes gleichzei- tig waren, im System des Waggons zu verschiedenen Zeitpunkten stattgefunden. Der mitfahrende Beobachter sagt: „Ihr habt das vordere Ende des Waggons früher gemessen als das hintere Ende. Die Länge, die Ihr messt, ist zu klein!“ Misst man also die Länge eines bewegten Gegenstandes, so stellt man eine kleine- re Länge fest als ein mit dem Gegenstand mitbewegter Beobachter. Wie wir im Kapitel 1.11.2 (Lorentz-Transformation) sehen werden, beträgt der Ver- kürzungsfaktor . Lorentzkontraktion Aus der Sicht eines ruhenden Beobachters erscheint ein bewegter Gegenstand in seiner Bewegungsrichtung verkürzt, und zwar umso mehr, je größer seine Geschwindigkeit ist. l = l ' · Dabei ist l die Länge, des bewegten Gegenstandes, l ’ die Länge, die ein mitbewegter Beobachter messen würde und v die Geschwindigkeit des Gegenstandes relativ zum ruhenden Beobachter. Beispiel: Wie weit können Myonen fliegen? Die Verlängerung der Halbwertszeit von bewegten Myonen wurde bereits vor dem CERN-Experiment (siehe Kapitel 1.8) auf andere Weise festgestellt. Myonen entstehen nämlich auch in der Erdatmosphäre in einer Höhe von etwa H = 10 km durch den Zu- sammenprall energiereicher Teilchen aus dem Weltall (der kosmischen Strahlung) mit Atomkernen der Erdatmosphäre. Die dabei entstehenden Myonen bewegen sich fast mit Lichtgeschwindigkeit zur Erdoberfläche. Dazu benötigen sie mindestens die Zeit t = > = = 3·10 –5 s = 30 µs. Diese Zeit ist wesentlich länger als die Halbwertszeit ruhender Myonen. Nur dadurch, dass die Halbwertszeit infolge der Zeitdilatation auf den Wert T 1/2 ( v ) = verlängert ist, kann ein wesentlicher Bruchteil der Myonen bis zur Erdoberfläche vor- dringen und gemessen werden ( 19.2 ). Wir betrachten diese Situation nun vom Standpunkt eines Beobachters, der mit den Myonen zur Erdoberfläche fliegt. Für ihn ruhen die Myonen, und ihre Halbwertszeit be- trägt daher – gemessen mit seinen Uhren – nur T 1/2 = 1,52 µs. Wieso können die Myonen die entgegenfliegende Erde dennoch erreichen? Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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