Sexl Physik 8, Schulbuch

133 | me aus, dass das Universum kurz nach dem Urknall sehr heiß war und in dieser Frühzeit des Weltalls intensive Kernverschmelzungen stattfanden. In dieser Zeit intensiver Kernreaktionen sollte das Universum auch von Strahlung sehr hoher Temperatur erfüllt gewesen sein. Gamow hoffte, dass Reste der Strahlung sich bis in unsere Zeit als kosmische Hintergrundstrahlung mit einer Temperatur von ei- nigen Kelvin erhalten haben. Diese Strahlung wurde von Penzias und Wilson tat- sächlich entdeckt. Um zu verstehen, wie die Hintergrundstrahlung entstand, wollen wir vom ge- genwärtig kühlen Zustand des Universums ausgehend eine Zeitreise in die Ver- gangenheit unternehmen und den Zeitpfeil zurückverfolgend in immer heißere Phasen des Universums vordringen. Wir machen dazu folgendes Gedankenexperi- ment: Denken wir uns einen Ausschnitt des intergalaktischen Universums – etwa so groß wie die Sonne – und komprimieren wir dieses Gemisch aus Materie und Strahlung (s. Tab. 133.1 ). Zeit seit Urknall 1,4·10 10 a 4·10 5 a 230 s Durchmesser 1,4·10 6 km 1 400 km 4,7 m Inhalt an Materie 280 g 280 g 280 g Temperatur 3 K 3 000 K 9·10 8 K Massenäquivalent 1 g 1 kg 300 t 133.1 Kompression einer intergalaktischen Gaswolke von der Größe der Sonne. Die durch die Kompression zugeführte Energie wird zunächst die thermische Energie der Materie erhöhen. Gleichzeitig vergrößert sich (infolge der Energie- zufuhr) der Anteil der Photonen. Wenn das Raumelement ein Tausendstel seiner ursprünglichen Größe erreicht hat, herrscht eine Temperatur von 3 000 K . Damit ist jener Zustand erreicht, in dem sich das Universum 400 000 Jahre nach dem Urknall befunden hat. Wir finden nun ein Gemisch von H- und He-Kernen, Elektro- nen und ein riesiges Meer von Photonen vor. In diesem Stadium wurden die lang- sameren Elektronen von den Atomkernen eingefangen und es bildeten sich Atome. Gehen wir den Zeitpfeil weiter zurück, so wird die Temperatur immer höher und die Anzahl der freien Elektronen größer. Die zunehmende Anzahl an freien Elekt- ronen behindert die Photonen an ihrer Ausbreitung – das Weltall ist undurchsich- tig. Aus dieser Zeit erhalten wir kein Licht mehr. Jede Information, die wir über das Weltall bekommen, stammt daher aus einer späteren Zeit. Die älteste Information stammt aus der Zeit, als das Weltall plötzlich durchsichtig zu werden begann. Es ist jenes Licht, mit dem das Weltall 380 000 Jahre nach sei- ner Entstehung erfüllt war. Dieses Licht ist heute infolge der Expansion langwellig – der Nachthimmel bleibt daher für uns dunkel. Die erkaltete Strahlung kann nur noch von den Radioastronomen registriert werden. Die Theorie vom Urknall wird durch drei Beobachtungen gestützt: − die Rotverschiebung der Spektrallinien, − die Hintergrundstrahlung, − die relative Häufigkeit der leichten Elemente in Sternen und Galaxien ( 133.3 , s. Kapitel 4.3). Wie können wir uns den Urknall vorstellen? Um diese Frage beantworten zu kön- nen bzw. entsprechende Theorien dazu zu bilden, benötigen wir die Erkenntnisse der Elementarteilchenphysik. Hier schließt sich der Kreis zwischen dem unendlich Kleinen und dem unendlich Großem. 133.2 r obert w ilson (links) und a rno p en - Zias vor der Hornantenne, mit der sie die 3 K-Hintergrundstrahlung fanden. Zunächst glaubten sie bei dem „Rauschen“ handele es sich um eine Störung der Signale durch Vogel- mist, erst wiederholte Messungen bewiesen, dass es sich nicht um einen Schmutzeffekt han- delte, sondern um Strahlung aus der Anfangs- zeit des Universums. Anteil der Teilchen 10 -4 10 -3 10 -2 10 -1 10 1 10 2 10 3 10 4 Zeit in s 3·10 9 3·10 8 10 9 Temperatur in K Neutronen 4 He Deuterium 133.3 Helium und Deuterium entstanden aus Wasserstoff in den ersten Minuten nach dem Urknall. Nach 1 000 s bestand das Weltall zu 90 % aus Wasserstoff und zu 10 % aus Helium. 0 1 2 3 4 5 6 Rotverschiebung z z = 2,0 z = 4,4 13,5 8 5 0 Alter des Universums 10 a 9 133.4 Der Rotverschiebungsfaktor in Abhän- gigkeit von der Entfernung der Galaxien 133.5 Die eingekreisten Objekte sehen wir so, wie sie vor 13 Mrd. a. waren. Das Weltraumte- leskop Hubble ermöglichte 2012 diesen tiefen Blick in die Vergangenheit des Universums. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

RkJQdWJsaXNoZXIy ODE3MDE=