Sexl Physik 8, Schulbuch
| 126 Neutronensterne zeigen sich als Pulsare Neutronensterne müssen außergewöhnliche Eigenschaften besitzen, damit sie beobachtet werden können. Zwei Eigenschaften zeichnen sie aus, ihre hohe Rotati- onsgeschwindigkeit und ihr Magnetfeld. Alle Sterne drehen sich mit einer Periode von einigen Tagen um ihre Achse. Bei der Kontraktion erhöht sich die Umdrehungsgeschwindigkeit – genau wie bei einer Schlittschuhläuferin, die in einer Pirouette die Arme dicht an den Körper anlegt. Die Mehrzahl der Sterne besitzt ein schwaches Magnetfeld, das Feld der Sonne beträgt 10 –3 Tesla . Bei der Verdichtung des Sterns wächst das Magnetfeld rasch an und erreicht an der Oberfläche eines Neutronensternes 10 8 T . Das Magnetfeld rotiert mit dem Stern mit, der dadurch zu einem gigantischen Dynamo wird. Eine elektrische Spannung von 10 18 V zwischen Pol und Äquator des Sterns reißt Elekt- ronen aus der Sternoberfläche und beschleunigt sie entlang der Magnetlinien. Da- bei wird Synchrotronstrahlung in einem engen Kegel abgestrahlt, der sich mit der Sternrotation mitdreht. Der Neutronenstern ist nun eine pulsierende Radioquelle, ein Pulsar . ( 126.1 ). Der berühmteste Pulsar liegt im Zentrum des Krebsnebels ( 126.2 ). Dieser Ne- bel entstand im Jahre 1054 bei einer Supernova-Explosion, die von chinesischen Astronomen beobachtet wurde. Der Kollaps eines Sternes führte zu einem Neut- ronenstern, der sich 33-mal pro Sekunde um seine Achse dreht und dabei sowohl sichtbares Licht als auch Radiowellen aussendet. e Die Bildung der Elemente jenseits von Eisen Nur bei der Verschmelzung leichter Kerne bis Eisen wird Energie frei. Bei den hohen Temperaturen knapp vor dem Supernova-Kollaps können allerdings Kerne wieder gespalten werden und diese schweren Bruchstücke, bzw. auch frei gesetzte Neutronen können unter Energieaufwand mit anderen Kernen schwere Kerne bil- den. Dies hat zwei Folgen: a) Der Stern wird gekühlt und bricht daher noch schneller zusammen. b) Es werden Elemente jenseits von Eisen gebildet. Eine weitere Gelegenheit zur Bildung schwerer Elemente bis Uran folgt nach dem Kollaps: Der noch nicht als planetarer Nebel abgedampfte Teil der Sternhülle wird mit großer Wucht der vorausgeeilten Gaswolke nachgeschleudert. Bei den Kollisio- nen der Kerne können besonders durch Anlagerung von Neutronen schwere Kerne erzeugt werden. Dabei wandeln β -Zerfälle die überschüssigen Neutronen in Pro- tonen um und erhöhen die Ordnungszahl. Dadurch lässt sich die Häufigkeitsver- teilung der Elemente im Sonnensystem als Folge von Sternexplosionen vor 5 Mrd. Jahren erklären. f Schwarze Löcher Hat der Neutronenstern eine Masse M > 2,5 M 8 , so kann der Druck der Neutronen der Gravitation nicht das Gleichgewicht halten. Der Stern fällt immer weiter in sich zu- sammen – die bekannten Gesetze der Physik versagen. Allerdings können wir diesen Zusammenbruch nicht bis zum Ende beobachten. Wegen der Abnahme des Sternradius R erhöht sich die Fluchtgeschwindigkeit und erreicht schließlich beim kritischen Wert R S , dem Schwarzschildradius , Licht- geschwindigkeit: Auch Licht kann dieses kompakte Objekt nicht mehr verlassen, der Stern wird unsichtbar. Indem wir den (nichtrelativistischen) Ausdruck für die Fluchtgeschwindigkeit mit der Lichtgeschwindigkeit gleichsetzen, erhalten wir c 2 /2 = GM / R S , also R S = 2 GM / c 2 . Dieser Wert ergibt sich auch in der Allgemeinen Relativitätstheorie. Schwarzes Loch und Schwarzschildradius Sinkt der Radius eines Sternes unter seinen Schwarzschildradius R S = 2 GM / c 2 , so können weder Licht noch Materie den Stern verlassen. Rotationsachse Magnetfeld 0 100 200 300 400 500 600 Zeit in ms Intensität Erde Radioteleskop Bahn geladener Teilchen S (c) N 126.1 Der Durchmesser eines Neutronensterns beträgt etwa 10 km. Geladene Teilchen kreisen in seinem starken Magnetfeld und senden Synchrotronstrahlung aus. Die Rotation des Sterns läßt die Strahlung den Raumwie ein Scheinwerfer überstreichen. Trifft sie auf die Erde, kann sie mit Radioteleskopen registriert werden. 126.2 Der Krebsnebel ist der Überrest einer Supernova, die im Jahre 1054 in unserer Milchstraße explodierte. Chinesische und japanische Chroniken berichten von einem „Gaststern“ „ , der zwei Jahre sichtbar blieb und heller als Venus strahlte. 126.3 J ocelyn b ell (*1943, britische Radioas- tronomin), a ntony h ewish und m artin r yle entdeckten 1967 den ersten Pulsar. Bell wurde bei der Vergabe des Nobelpreises für Physik 1974 an Anthony Hewish und Martin Ryle nicht berücksichtigt, was zu heftigen Diskussionen führte. (Vergleiche die Situation bei Lise Meit- ner und Otto Hahn / Fritz Straßmann, s. S. 87) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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