Sexl Physik 8, Schulbuch

| 12 Sender Empfänger Zähler und Zeitanzeige Korrektursignal Cs 1.3 Die Zeit Die Veränderung des Zeitbegriffes, die aus der Relativitätstheorie folgte, erregte viel Aufsehen. In der Philosophie, aber auch in der Literatur, ist der Zeitbegriff ein Thema, mit dem man sich immer wieder beschäftigte. So schrieb A ugustiNus (354– 430, lebte in Nordafrika), ein Philosoph und christlicher Theologe der Spätantike, in seinen „ Confessiones “: „Was ist die Zeit? Wenn mich niemand danach fragt, weiß ich es; will ich es einem Fragenden erklären, weiß ich es nicht mehr.“ Vergleichen wir diese berühmten Worte mit dem Beginn eines Kapitels im Roman „Zauberberg“ von t hoMas M aNN (1875–1955): „Was ist die Zeit? Ein Geheimnis – wesenlos und allmächtig. Eine Bedingung der Erscheinungswelt, eine Bewegung, verkoppelt und vermengt dem Dasein der Körper im Raum und ihrer Bewegung. Wäre aber keine Zeit, wenn keine Bewegung wäre? Keine Bewegung, wenn keine Zeit? Frage nur! Ist die Zeit eine Funktion des Raumes? Oder umgekehrt? Oder sind beide identisch? Nur zu gefragt!“ Eineinhalb Jahrtausende trennen diese beiden Zitate. Sie machen deutlich, wie sehr die Zeit die Menschen seit jeher beschäftigt und wie schwer es ist, ihr Wesen zu er- gründen. In der Physik hat man sich darauf beschränkt, die Zeit messbar zu machen. Zur Zeitmessung eignen sich am besten periodisch ablaufende Vorgänge, also sol- che, die sich auf gleiche Weise dauernd wiederholen. Beispiele für solche Vorgän- ge sind die Drehung der Erde um ihre Achse oder die Schwingung eines Pendels (s. Physik 5, S 10, und Physik 6, S 75). Auf Schiffen sind Pendeluhren nicht verwendbar. Für die Navigation war aber die Kenntnis der genauen Zeit von großer Bedeutung. Dies führte zur Entwicklung von immer genaueren tragbaren Uhren, in denen eine sogenannte Unruh , ein kleines Rädchen, das an einer Feder befestigt ist, Drehschwingungen ausführt. Eine entscheidende Verbesserung der Uhrentechnik trat um 1930 ein, als die Quarzuhr erfunden wurde. In ihr wird ein Quarzkristall elektrisch zu Schwin- gungen angeregt, welche so regelmäßig sind, dass sich eine Ganggenauigkeit von Bruchteilen einer Sekunde im Jahr erreichen lässt. Die genaueste Uhr, die es derzeit gibt, ist die Atomuhr . Bei der Atomuhr macht man sich Schwingungen zunutze, die in Cäsiumatomen auftreten. Die Atomuhr Mittels Atomuhren wird seit 1964 die Definition der Sekunde praktisch für die Zeit- messung genutzt. Atomuhren stehen in den Eichämtern, sie steuern Funkuhren und gewährleisten dadurch weltweit eine gleiche Zeit. Sie fliegen in Satelliten um die Erde und erlauben über das Global Positioning System (GPS) eine Zentimeter ge- naue Navigation auf der Erde ( 12.2 ; siehe S. 26 und 31). In jeder Uhr sorgt ein schwingungsfähiges System (Pendel, Unruh usw.) für die Einteilung der Zeit in kleine, regelmäßige Abstände. In Atomuhren verwendet man dazu Atome. Sie werden durch elektromagnetische Wellen zu Schwingungen ange- regt, die nur dann von merklicher Stärke sind, wenn die Erregerfrequenz mit einer Eigenfrequenz des Atoms übereinstimmt. 12.1 Die Astronomische Uhr aus dem Jahr 1410, die sich in Prag an der Südmauer des Altstäd- ter Rathauses befindet. Das obere Zifferblatt zeigt u. a. die Zeit (in 24 Stunden), den Stand der Sonne und des Mon- des, die Mondphasen und die Tierkreiszeichen. Das untere Zifferblatt ist ein Kalender, der die Monate und die Tage zählt. Zur vollen Stunde zeigen sich bewegte Figuren. 12.2 Aus den Signalen des GPS-Satelliten- netzes wird der Ort des Empfängers berech- net. Das Foto entstand auf dem Leopoldsberg bei Wien. 12.3 Das Herz jeder Atomuhr ist ein Behälter mit Cäsiumgas, auf das ein Radio- sender gerichtet ist. Ist die Sendefrequenz korrekt einge- stellt, so wird die Radiowelle vom Cäsiumgas absorbiert. Weicht der Sender dagegen von dieser Frequenz ab, so durchdringt die Welle das Gas und trifft beim Empfänger ein. Daraufhin erfolgt eine Korrektur der Sendefrequenz. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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