Sexl Physik 8, Schulbuch
109 | Proton Quark Elektron 109.1 Bei der Streuung hochenergetischer Elektronen an Nukleonen treten stärkere Ablenkungen auf, als bei einer gleichmäßigen Ladungswolke zu erwarten wäre. Man schließt daher auf die Existenz von punktförmigen Quarks im Inneren der Nukleonen. Hinweis zur Arbeitsweise der Physik Eine Vorstellung, hier der Begriff Quark, be- währt sich, indem sich mit ihrer Hilfe viele Naturvorgänge verstehen lassen. Einige in Gedanken mögliche Vorgänge werden jedoch nie beobachtet, z. B. die Freisetzung von Quarks. In der Physik bleibt der Ausweg, die Unmöglichkeit solcher Vorgänge zum Naturprinzip zu erheben und dieses als Baustein der Theorie zu verwenden. Oft ist dieses Vorgehen erfolgreich. Wichtige Erhaltungsgesetze (Energie, Ladung, …) wurden auf diese Weise gefunden, aus ih- nen wurden weiterführende Konsequenzen abgeleitet. Gelegentlich wird mit verfeiner- ter Experimentiertechnik oder auch nach eingehender Analyse ein solches Prinzip als Irrtum erkannt, was dazu führt, dass einer längeren evolutionären Phase des Erkenntnisgewinns eine Revolution in der Physik folgt. Q a) Q b) 109.2 Kraftwirkung zwischen elektrisch geladenen Teilchen. a) Eine beschleunigte Ladung sendet elektro- magnetische Strahlung aus. Eine andere Ladung wird durch das elektrische Feld der Strahlung beschleunigt. b) Die Kraftwirkung zwischen elektrischen Ladungen kann als Austausch von Photonen aufgefasst werden. Der Preis für die neue Einfachheit besteht darin, dass die elektrische Ladung der Quarks ein, bzw. zwei Drittel der Elementarladung beträgt ( 108.2 ). Da Baryonen aus drei Quarks bestehen, besitzen die Quarks die Baryonzahl B = 1/3 . Zu jeder Quarksorte existieren die entsprechenden Antiquarks. Die Eigenschaft up, down, charm, strange, top, bottom wird – im übertragenen Sinn – als Flavor (Geschmack, Duft) bezeichnet. Mit dieser Vorstellung gelang Gell-Mann die erfolgreiche Vorhersage eines bis da- hin nicht entdeckten Teilchens, das aus drei s-Quarks besteht und einfach negativ geladen ist. Dieses Ω – konnte bald darauf gefunden werden ( 108.1 ). Die Mesonen sind kurzlebige Teilchen mit Spin 0 . Sie bestehen aus Quark-Anti- quarkpaaren. Z. B. setzt sich das π + aus einem u -Quark und einem d -Antiquark zusammen. Mesonen sind Bosonen, für sie gilt keine Erhaltung der Teilchenzahl. Beispielsweise können Pionen in Reaktionen folgender Art erzeugt werden: p+p ¥ p+n+ π + oder p+p ¥ p+p+ π + + π – . Anschließend zerfallen die Pionen mit einer mittleren Lebensdauer von 2·10 –8 s , beispielsweise π + ¥ μ + + ν μ ¥ e + + ν μ + ν e , so dass nur Fermionen übrig bleiben. Allgemein akzeptiert wurde das zunächst zögernd anerkannte Quarkmodell , als sich in der Streuung von hochenergetischen Elektronen an Protonen und Neutronen dasselbe Phänomen wie in Rutherfords Streuexperiment zeigte: Es werden wesent- lich mehr Teilchen um große Winkel gestreut als für strukturlose Nukleonen zu er- warten ist. Dies deutet wie beim Atom auf „punktförmige“ Bestandteile ( 109.1 ). Eine Frage stellt sich: Warum wurden immer nur Teilchen beobachtet, deren elek- trische Ladung eine Elementarladung (oder ein ganzes Vielfaches davon) ist? Warum wurden bisher nie einzelne Quarks beobachtet? Aus den vergeblichen Versuchen, einzelne Quarks zu erzeugen, schließt man auf die Gültigkeit eines Na- turprinzips: Quarks existieren nur als Bestandteile von „Quarkmolekülen“ wie Nukleonen oder Mesonen (s. Quark-Confinement , S. 111). Quarkmodell Proton, Neutron und alle anderen Baryonen bestehen aus drei Quarks. Mesonen bestehen aus einem Quark-Antiquarkpaar. Einzelne Quarks können nicht beobachtet werden. 2.5 Teilchen übertragen Kräfte Bevor wir uns mit den Kräften zwischen den Quarks beschäftigen, wollen wir an der Wechselwirkung zwischen Materie und Licht, der elektromagnetischen Wechselwirkung , einige Grundbegriffe kennenlernen. Jede ruhende elektrische Ladung ist von einem elektrischen Feld umgeben. Wenn die Ladung beschleunigt wird, wird aus dem statischen elektrischen Feld ein Strahlungsfeld (s. Physik 7, S. 102 ff.). Gemäß der Quantentheorie besteht dieses Strahlungsfeld aus Photonen. Photonen werden von beschleunigten Ladungen emittiert und von anderen Ladungen absorbiert. Das Strahlungsfeld besteht aus Teilchen (Photonen), die Energie und Impuls zwischen Ladungen übertragen. Die Hypothese liegt nahe, dass Kräfte durch Teilchen übertragen werden. Mit dieser Hypothese werden zwei ursprünglich völlig verschiedenartige Begrif- fe, nämlich Teilchen und Kraft , auf einen einzigen Begriff zurückgeführt. Kräfte zwischen Teilchen (z. B. Elektronen) werden durch Überträger-Teilchen bewirkt, die Energie und Impuls von Teilchen zu Teilchen transportieren ( 109.2 , 110.1 ). Wie ist der Austausch von Überträger-Teilchen vorstellbar? Die Energie-Zeit-Unschärferelation Δ E · Δ t ≈ h sagt, dass für einen Zeitraum Δ t die Energie E eines Quantensystems nur mit der Genauigkeit Δ E ≈ h / Δ t bestimmt ist (s. S. 47). Für die Zeit Δ t kann das Kraftfeld die Energie Δ E einem Teilchen des Feldes (z. B. Photon) zur Verfügung stellen. Erreicht dieses „virtuelle“ Teilchen innerhalb der Zeit Δ t eine andere Ladung, so überträgt es die Energie Δ E und einen entspre- chenden Impuls. Als virtuell werden diese Teilchen bezeichnet, da sie in Detek- toren keine Spuren hinterlassen. Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv
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