Sexl Physik 7, Schulbuch
| 64 Antwort auf die Einstiegsfrage: Die Entstehung von Gewittern B enJaMin f ranklin (1706–1790, Naturforscher und einer der Gründer der USA) stellte 1752 fest, dass die Unterseite einer Gewitterwolke meist negativ geladen ist. Franklins Forschungen führten zur Erfindung des Blitzableiters. Die Gewitterwolke funktioniert wie ein riesiger Bandge nerator (siehe Physik 5, S. 101: Van de GraaffGenerator). Mechanische Energie der Aufwinde wird in elektrische Energie umgewandelt. Gewitterwolken entstehen, wenn feuchte, warme Luft vom Boden aufsteigt. Dabei kühlt sie durch Ausdehnung ab. Der enthaltene Wasserdampf kon densiert zu kleinen Tröpfchen, Kondensationswärme wird frei. Deshalb ist die aufsteigende Luft wärmer als die Luft in der Umgebung und steigt in eine Höhe von 10 bis 15 km . Die detaillierten Vorgänge, die zur Aufladung von Wolken führen, sind auch heute noch nicht vollständig geklärt. Die elektrische Ladung einer voll entwickelten Gewitterwolke verteilt sich auf drei Bereiche: Der Oberteil der Wolke, der sich etwa 12 km hoch ans Ende der Troposphäre, des Bereichs des Wettergeschehens, er streckt, ist positiv geladen. Dort beträgt die Temperatur etwa –60 °C . Die negative Ladung ist in einer wenige hundert Meter di cken Schicht in etwa 6 km Höhe bei –15 °C konzentriert. Darunter befindet sich eine weitere, nur schwach ausge prägte Zone positiver Ladung in rund 2 km Höhe. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 Kilometer T = +10 °C T = -15 °C Tropo- sphäre Strato- sphäre 64.1 Ladungs- und Temperaturverteilung in einer voll entwickelten Gewitterwolke. Die folgende Erklärung der Ladungstrennung in der Wol ke wird von Laborexperimenten gestützt: Mikroskopisch kleine Eiskristalle und unterkühlte Wassertröpfchen wer den durch den Aufwind in den Oberteil der Wolke getra gen. Dabei wachsen Eiskristalle zu millimetergroßen Eis körnchen, den Graupelkörnern, die vom Aufwind nicht mehr höher getragen werden und zu fallen beginnen. Sie kollidieren mit aufsteigenden Eiskristallen, dabei wird La dung übertragen. Unterhalb von etwa –15 °C geben Eiskristalle negative La dung an die Graupelkörner ab und werden dadurch positiv. Sie werden vom Aufwind in den oberen Teil der Wolke ge tragen bilden einen diffusen Bereich positiver Ladungen. In der –15 °C Zone der Atmosphäre geben die negativ ge ladenen Graupelkörner ihre Ladung an die Eiskristalle ab, die sich dadurch negativ aufladen und eine schmale, stark negative Schicht in der Wolke bilden. Im weiteren Fallen laden sich die Graupelkörner positiv auf und bilden den schwach positiven unteren Rand der Wolke, bevor sie als Regenschauer zur Erde fallen. Das elektrische Feld an der Erdoberfläche wird hauptsäch lich durch die negative Ladungszone der Wolke bestimmt. Durch Influenz wird unter der Wolke die negative Ladung der Erdoberfläche verdrängt, so dass sich dort positive La- dung aufbaut. Das System GewitterwolkeErdoberfläche verhält sich wie ein riesiger Doppelkondensator, dessen äußere Platten (Wolkenobergrenze, Erdoberfläche) positiv geladen sind, während die mittlere Platte (Wolkenunter grenze) eine negative Ladung trägt. Die Spannung zwi schen Erdboden und Wolke beträgt einige 10 Mio. Volt. Übersteigt die elektrische Feldstärke lokal 10 6 V/m , be ginnt die Blitzentladung. Sie wird von einem Vorblitz ein geleitet, der sich vom unteren Rand der negativen Zone zur Erdoberfläche vorschiebt. Elektronen ionisieren die Luft und bilden schrittweise kurze (ca. 50 m lange) Stücke des Blitzkanals. Wenn der Blitzkanal Bodennähe erreicht, setzt der Haupt- blitz ein. Durch die hohe Feldstärke unter dem Blitzka nal beginnt an der Erdoberfläche eine Spitzenentladung, durch die positive Ionen über den Blitzkanal zur Wolke fließen. Ströme von etwa 20 kA fließen zwischen Wolke und Erde. Der Hauptblitz verursacht das Leuchten und Donnern. Die im elektrischen Feld beschleunigten positiven Ladungen ionisieren durch Stöße andere Luftmoleküle und führen zu einer lawinenartigen Vermehrung der positiven Ionen. Die Luft verwandelt sich dadurch in ein Plasma, welches durch den Stromfluss auf 30 000 °C erhitzt wird, hell zu leuchten beginnt und schließlich zum elektrischen Licht bogen wird. Der Knall erfolgt durch die schlagartige Aus dehnung der erhitzten Luft. 90 % der Blitzüberschläge er folgen innerhalb der Wolke. 64.2 Globale Verteilung der Häufigkeit von Blitzeinschlägen pro Jahr und km 2 . In Österreich betreibt ALDIS (Austrian Lightning Detec tion and Information System) weltweit anerkannte Blitz forschung. (http://www.aldis.at ) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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