Sexl Physik 7, Schulbuch

17 | Die Huygens’sche Wellentheorie des Lichts h uyGenS nahm an, dass der gesamte Raum – auch das Vakuum und das Innere der Körper – von einem besonderen Stoff, dem Lichtäther , erfüllt sei. Jeder leuchtende Punkt einer Lichtquelle ruft im Lichtäther eine Kugelwelle hervor. Diese Kugelwel­ len breiten sich aus und überlagern sich ungestört. Fällt ein Lichtwellenzug auf die Netzhaut des Auges, so wird eine Helligkeitsempfindung hervorgerufen. Fällt eine Lichtwelle auf die Oberfläche eines durchsichtigen Körpers, so wird das Licht teils reflektiert, teils dringt es in den Körper ein und pflanzt sich im Inneren des Körpers weiter fort. Mit Hilfe seiner Theorie der Elementarwellen (siehe Physik 6, S. 90 ff.) vermochte Huygens ohne Schwierigkeiten das Reflexionsgesetz und das Brechungsgesetz herzu­ leiten. Er musste nur annehmen, dass sich die Elementarwellen in Materie mit gerin­ gerer Geschwindigkeit ausbreiten als im Vakuum. Für die Beschreibung des Lichts schien Huygens Theorie daher richtig zu sein. Das bedeutet: Das Licht hat Wellennatur. Mit der Huygens’schen Theorie lässt sich auch verstehen, wieso die Lichtstrahlen einander ohne die geringste Behinderung durchdringen können. Es kommt hier das Gesetz der ungestörten Überlagerung der Elementarwellen zur Anwendung. Nach Huygens wäre es andernfalls unmöglich, „dass mehrere Beobachter gleich­ zeitig durch ein und dieselbe Öffnung verschiedene Gegenstände sehen können und dass von zwei Personen jede zu gleicher Zeit die Augen des anderen sieht“. Der Huygens’schen Lichttheorie fällt es dagegen schwer, die geradlinige Ausbreitung des Lichts zu erklären. „Wenn man ferner die außerordentliche Geschwindigkeit, mit welcher das Licht sich nach allen Richtungen hin ausbreitet, beachtet und erwägt, dass, wenn wir einen leuchtenden Gegenstand sehen, dies nicht durch die Übertragung einer Materie ge- schehen kann, welche von diesem Objekt bis zu uns gelangt, wie etwa ein Geschoß oder ein Pfeil die Luft durchfliegt; denn dies widerstreitet doch zu sehr diesen bei- den Eigenschaften, des Lichts und besonders der letzteren. Es muß sich demnach auf eine andere Weise ausbreiten, und gerade die Kenntnis, welche wir von der Fortpflan- zung des Schalles in der Luft besitzen, kann uns dazu führen, sie zu verstehen.“ (Christian Huygens, Traité de la lumière, Leiden 1690) „Auch die Wellen, Stöße und Schwingungen der Luft, die den Schall bilden, werden offenbar gebeugt, wenn auch nicht so stark wie Wasserwellen. Denn eine Glocke oder eine Kanone hört man hinter einem Hügel, der den tönenden Körper nicht erblicken lässt, und Töne verbreiten sich ebenso leicht in krummen, wie in geraden Pfeifen. Aber vom Lichte bemerken wir niemals, dass es krumme Bahnen verfolgt, noch in den Schatten einbiegt.“ (Isaac Newton, Opticks, London 1704) Newtons Theorie wurde erst im 20. Jahrhundert mit der Entdeckung des Photons wieder aktuell. Die Diskussion um die beiden Theorien konnte damit wieder von Neuem beginnen. Untersuche, überlege, forsche: Newton und Huygens 17.1 Erstelle einen kurzen Lebenslauf von Newton und Huygens. Informiere dich auch über die Zeit, in der Newton und Huygens lebten. Verteidige in einer Diskussionsrunde die Positionen von Newton bzw. Huygens. Überlege dabei, wie du die jeweiligen Argu- mente am Beispiel von Alltagsphänomenen verteidigen kannst. 17.1 c hRistian h uygens (1629–1695) entwi- ckelte die Wellentheorie des Lichts. Er war ein sehr vielseitiger Wissenschaftler. So gilt er als Begründer der Wahrscheinlichkeits- rechnung, baute die erste genau gehende Pendeluhr und fand den Saturnmond Titan. 17.2 „Zunächst folgt nämlich über die Erzeu- gung des Lichts, dass jede kleine Stelle eines leuchtenden Körpers, wie der Sonne, einer Kerze oder einer glühenden Kohle, ihre Wellen erzeugt, deren Mittelpunkt diese Stelle ist. Sind demnach in einer Kerzenflamme A, B, C verschiedene Punkte, so stellen die um jeden dieser Punkte beschriebenen konzen- trischen Kreise die Wellen dar, welche von ihnen ausgehen.“ (Christian Huygens, Traité de la lumière, Leiden 1690) A A’’ B’’ C’’ A’’ B’ Luft Glas     17.3 Brechung. Die ebenen Wellenfron- ten ergeben sich durch Überlagerung der Elementarwellen. Die Lichtstrahlen stehen normal auf die jeweiligen Wellenfronten. Die Brechung des Lichts resultiert aus der unter- schiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten des Lichts in den beiden Medien (s. Physik 6). Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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