Sexl Physik 7, Schulbuch
| 116 „Elektrosmog“ ist ein Kunstwort, wobei sich das Wort „smog“ aus smoke (Rauch) und fog (Nebel) zusammensetzt. Der Begriff bedeu- tet also „elektrischer Rauchnebel“ und soll somit an die bereits bekannten Gefahren von Industrie- und Verkehrssmog erinnern. Lest euch den unten stehenden Zeitungsar- tikel durch und diskutiert darüber in eurer Klasse. Klärt zuerst die darin vorkommen- den physikalischen Begriffe und Einheiten. Welche Schlüsse könnt ihr für euch daraus ziehen? Das Thema „Elektrosmog“ schlägt Wellen (Die Zeit Nr. 34, 14.8.2003, Seite 23) Die Elektrosmog-Debatte ist ein Dauer- brenner in den Medien. Leider wird das Thema oft unseriös behandelt; eine be- trächtliche Verunsicherung der Öffent- lichkeit ist die Folge. Derzeit macht ein weiteres Forschungsprojekt (Reflex-Studie) von sich reden. In der Projektstudie heißt es: Elektromagnetische Felder können das Erbgut menschlicher Zellen schädigen. „Gefahr!“, muss der normale Zuschauer denken. Allerdings ist dieses Forschungs- gebiet nicht mehr ganz frisch. Starke elektromagnetische Felder, das ist längst bekannt, bewirken durchaus physikalische Effekte in biologischen Organismen. Mit solch starken Feldern werden wir im Alltag aber nicht behelligt. Für die Hersteller elek- trischer Anlagen und Geräte sind Grenz- werte weit unterhalb dieser Größenord- nung schon lange verbindlich. Seit etwa drei Jahrzehnten sind Wissen- schaftler nun bemüht, irgendeine gesund- heitlich bedeutsame Wirkung aufzuspüren, die von jenen schwachen Feldern verur- sacht wird, die uns im Alltag umgeben. Bis jetzt wurde kein einziger allgemein anerkannter und reproduzierbarer Effekt gefunden. Einige Menschen scheinen schwache Felder zu spüren, doch ob das gesundheitliche Relevanz besitzt, ist äu- ßerst fraglich. In der Studie heißt es nun: Sowohl hoch- frequente Felder (Mobilfunk) als auch ext- rem niederfrequente Felder (Stromversor- gung) schädigen das Erbgut menschlicher Zellen. Und Letztere tun das angeblich schon bei einer magnetischen Flussdichte von 35 Mikrotesla. Seltsam: Schon das na- türliche Magnetfeld der Erde, in dem wir ständig leben, weist höhere Flussdichten auf – nämlich bis zu 60 Mikrotesla. Welcher mysteriöse Mechanismus soll dafür verant- wortlich sein, dass bereits solch schwache Felder „signifikante Schäden“ bewirken? Müssten wir nicht längst krank sein, unse- rer bloßen Existenz auf der Erdoberfläche wegen? Die Antwort bleiben die Autoren – wie leider meistens bei solchen Studien – schuldig. Die biologische Wirkung elektromagnetischer Felder hängt von der Frequenz ab. So ist z. B. elektromagnetische Strahlung in Form von sichtbarem Licht für das Leben auf der Erde notwendig (Photosynthese). Kontrovers wird der Bereich „Elektrosmog“ diskutiert. Prinzipiell wird bei Untersuchungen um mögliche biologische Einflüsse zwischen der Wirkung elektrischer, magnetischer sowie elektromagnetischer Felder unter- schieden. Da statische elektrische und magnetische Felder für die Normalbevöl- kerung weitgehend keine Rolle spielen, weil ihre Feldstärken sehr gering sind, wollen wir uns in diesem Abschnitt genauer mit der Wirkung von elektromagne- tischen Feldern im Nieder- und Hochfrequenzbereich beschäftigen. Niederfrequente elektromagnetische Felder Als niederfrequent werden vor allem Felder bezeichnet, die im Frequenzbereich zwischen 50 Hz (technischer Wechselstrom) und 10 kHz liegen. Hier müssen die elektrische und die magnetische Komponente getrennt betrachtet werden. Ge- messen werden dabei die elektrische und die magnetische Feldstärke. Elektrische Felder dringen nur wenig in den Körper ein, eine Abschirmung ist grundsätzlich nicht schwierig, da diese bereits durch Hauswände oder gar Bü- sche gewährleistet ist. Anders verhalten sich die magnetischen Anteile: Sie durchdringen den Körper ungehindert. Aus diesem Grund konzentriert sich die Suche nach den biologischen Wirkungen vorwiegend auf sich zeitlich ändern- de Magnetfelder, da sie im menschlichen Körper durch Induktion Stromdichten hervorrufen, welche vor allem die Steuerung des Herzens beeinflussen können (Herzkammerflimmern). Die durch den menschlichen Herzschlag hervorgerufe- nen Stromstärken liegen bei 0,1 A . Hochfrequente elektromagnetische Felder Mobilfunknetze benutzen Frequenzen im Bereich von 0,5 bis 2,7 GHz. Der Ausbau der notwendigen Funknetze mit der flächendeckenden Errichtung von Sendetür- men entfachte eine heftige Diskussion darüber, inwieweit die beim mobilen Tele- fonieren auftretenden elektromagnetischen Felder die Gesundheit beeinträchti- gen. Mobiltelefone stehen im Verdacht, die Funktion von Herzschrittmachern zu stören oder Krebs, Alzheimer, Asthma und andere Krankheiten zumindest zu be- günstigen. Es gibt viele Studien darüber, ob elektromagnetische Wellen schädlich sind, nur wenige davon genügen den allgemein anerkannten wissenschaftlichen Kriterien (statistische Signifikanz, Replizierbarkeit der Untersuchungsergebnis- se, …). In Österreich beschäftigt sich der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF) damit, aus wissenschaftlicher Sicht Antworten auf die Frage zu geben, ob Mo- bilfunk gesundheitsbeeinträchtigende Auswirkungen auf den Menschen hat. Die Themenfelder, welche dabei auf Basis wissenschaftlicher Kriterien für Studien im Rahmen der Thematik „Mobilfunk und Gesundheit“ festgelegt wurden, sind: Mobilfunk und Nervensystem, Mobilfunk und Tumorentwicklung, Mobilfunk und Befindlichkeit des Menschen. Unterschiedliche biologische Wirkung Direkte thermische Wirkung Hochfrequente elektromagnetische Strahlung (wie z. B. bei Handys) erwärmt den Körper. Wichtig ist dabei die Strahlungsenergie, welche beim Eindringen in den Körper in mechanische Wärmebewegung der Wassermoleküle (Dipole) umgewan- delt wird. Da Muskeln mehr Wasser enthalten als z. B. die Haut, werden diese mehr erwärmt. Die Belastung im menschlichen Körper ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Körpergröße: Als Maß für die absorbierte Energie dient dabei die spezifische Ab- sorptionsrate in Watt/kg (SAR, spezifische Absorptionsrate). Geometrie in Abhängigkeit der Frequenz: Durch Reflexion und Resonanz kann es im Körper lokal zu besonders starker Erwärmung kommen (Hot Spots). Bereiche, wo Wellen an Organgrenzflächen (z. B. an Fett-Fleisch-Grenzschichten) reflek- tiert werden, reagieren besonders empfindlich auf Temperaturerhöhung (z. B. Ho- dengewebe, Augenlinse, …). Biologische Wirkung elektromagnetischer Felder Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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