Mathematik HTL 4/5, Schulbuch

258 6.3 Fehlerfortpflanzung Ich lerne die Fortpflanzung von Fehlern mithilfe des Differentials abzuschätzen. Wenn man Zahlen durch Ziffern darstellt und rundet, dann rechnet man nicht mit den Zahlen selbst, sondern mit Näherungen davon. Ebenso sind Zahlen, die durch Messung ermittelt wurden, in der Regel mit Messfehlern behaftet. Wenn a N eine Näherung einer reellen Zahl a ≠ 0 ist, dann heißen die Zahlen ‡ a N – a ‡ und ‡ a N – a ‡ _ ‡ a ‡ absoluter Fehler und relativer Fehler dieser Näherung . Wenn bekannt ist, wie groß der absolute Fehler maximal sein kann, dann schreiben wir dafür Δ a (sprich: „delta a“) und ‡ a N – a ‡ ª Δ a. Der relative Fehler ist dann ª Δ a _ ‡ a ‡ . Wenn wir eine Zahl auf Hundertstel runden, dann ist der absolute Fehler kleiner als 0,005. Schreiben wir 3,14 statt π , dann ist der absolute Fehler kleiner als 0,005 und der relative Fehler kleiner als 0,005 _ π ≈ 0,0016 = 0,16%. Runden wir 0,005 auf Hundertstel, schreiben wir also 0,01 statt 0,005, dann ist der absolute Fehler 0,005, aber der relative Fehler viel größer, nämlich 0,005 _ 0,005 = 1 = 100%! Wenn wir Funktionswerte f(a) von Zahlen, die mit Fehlern Δ a behaftet sind, berechnen, stellt sich die Frage, wie groß der absolute Fehler für den Funktionswert f(a) werden kann. Wie pflanzt sich der Mess- oder Rundungsfehler bei a fort? Wenn f mit f(x) = k·x + d eine lineare Funktion von R nach R ist, dann ist f(a ± Δ a) = k·a + d ± k· Δ a = f(a) ± k· Δ a. Der Fehler beim Argument wurde also mit der Änderungsrate von f multipliziert. Wenn f differenzierbar ist, dann liegt es daher nahe, anstatt den Fehler mühsam für f abzuschät- zen, ihn einfach für die lineare Funktion g mit g(x) = f(a) + f’(a)(x – a), die f in einer Umgebung von a annähert, abzuschätzen. Ist f eine differenzierbare Funktion von R nach R , dann ist für „kleine“ Fehler Δ a f(a ± Δ a) ≈ f(a) + f’(a)((a ± Δ a) – a) = f(a) ± f’(a)· Δ a und ‡ f(a ± Δ a) – f(a) ‡ ≈ ‡ f’(a) ‡ · Δ a. Der Fehler pflanzt sich umso stärker fort, je größer der Betrag der Ableitung von f an der Stelle a ist. Dieselbe Überlegung können wir auch für Funktionen in zwei Variablen anstellen: Wenn f mit f(x, y) = c 1 ·x + c 2 ·y + c 0 eine lineare Funktion von R 2 nach R ist, dann ist f(a ± Δ a, b ± Δ b) = c 1 ·(a ± Δ a) + c 2 ·(b ± Δ b) + c 0 = c 1 ·a + c 2 ·b + c 0 ± c 1 · Δ a ± c 2 · Δ b = = f(a, b) ± c 1 · Δ a ± c 2 · Δ b. Ist f eine differenzierbare Funktion von R 2 nach R , die durch die Funktion h mit h(x, y) = f(a, b) + ∂ f _ ∂ x (a, b)·(x – a) + ∂ f _ ∂ y (a, b)·(y – b) in der Nähe der Stelle (a, b) gut angenähert wird (das ist zum Beispiel der Fall, wenn f eine Polynomfunktion ist), dann ist f(a ± Δ a, b ± Δ b) ≈ f(a, b) ± ∂ f _ ∂ x (a, b)· Δ a ± ∂ f _ ∂ y (a, b)· Δ b und ‡ f(a ± Δ a, b ± Δ b) – f(a, b) ‡ ≈ | ∂ f _ ∂ x (a, b)· Δ a + ∂ f _ ∂ y (a, b)· Δ b | = | D f, (a, b) ( Δ a, Δ b) | . Der Fehler pflanzt sich umso stärker fort, je größer | ∂ f _ ∂ x (a, b)· Δ a + ∂ f _ ∂ y (a, b)· Δ b | ist. absoluter und relativer Fehler Fehler- fortpflanzung Fehler- fortpflanzung für Funktionen in zwei Variablen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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