Mathematik HTL 3, Schulbuch
59 2.2 Ableitung und Ableitungsregeln Differentialquotienten und differenzierbare Funktionen Erinnern wir uns an die Radfahrerin, die in zwei Stunden 50 km zurückgelegt hat. Mit s(z) km haben wir den nach z Stunden zurückgelegten Weg bezeichnet und mit s(z) – s(a) __ z – a km/h ihre Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen den Zeitpunkten a und z. Was ist gemeint, wenn wir von ihrer „Geschwindigkeit zur Zeit a“ sprechen? Bei Vorgängen, die in der Zeit ablaufen und durch eine reellwertige Funktion f beschrieben werden können, wie zum Beispiel der Kurs einer Aktie, die Stromstärke an einem Widerstand, der von einem Fahrzeug zurückgelegte Weg … berechnet man den Differenzenquotienten f(z) – f(a) __ z – a , um die mittlere Änderungsrate , also die mittlere Veränderung pro Zeiteinheit des Aktienkurses, der Stromstärke, des zurückgelegten Weges … im Zeitintervall [a; z] zu ermitteln. Was bedeutet es aber, von der „momentanen Änderungsrate zum Zeitpunkt a” zu sprechen? Wir können die Veränderung ja immer nur zwischen zwei Zeitpunkten messen! Die Überlegung, dass wir die mittlere Änderungsrate umso genauer beschreiben können, je näher die zwei Zeitpunkte einander sind, legt es nahe, die momentane Änderungsrate als Grenzwert der Differenzenquotienten, also der mittleren Änderungsraten, zu definieren: Wir halten einen Zeitpunkt a fest und betrachten den Grenzwert der mittleren Änderungsraten zwischen den Zeit punkten a und z, wobei der zweite Zeitpunkt z gegen a konvergiert. Die momentane Änderungsrate zum Zeitpunkt a definieren wir daher als lim z ¥ a f(z) – f(a) __ z – a . Natürlich müssen wir von der Funktion f annehmen, dass dieser Grenzwert existiert (was nicht für jede Funktion der Fall ist). Wissen wir aber nicht schon aus Abschnitt 2.1, dass dieser Grenzwert existiert und gleich der Ableitung von f an der Stelle a ist? Nur dann, wenn f eine Polynomfunktion ist! Im Alltag treten aber viele Funktionen auf, die nicht Polynomfunktionen sind. Wir können aber unsere Überlegungen für Polynomfunktionen nun auf alle Funktionen f über tragen, für die der Grenzwert lim z ¥ a f(z) – f(a) __ z – a existiert. Wir betrachten eine Teilmenge M von R , die Vereinigung von offenen Intervallen oder offenen Halbgeraden ist (zum Beispiel R , ein offenes Intervall oder eine offene Halbgerade) und eine Zahl a * M. Eine Funktion f: M ¥ R heißt in a differenzierbar , wenn der Grenzwert der Differenzen quotienten lim z ¥ a f(z) – f(a) __ z – a von f in [a; z] bzw. [z; a] für z gegen a existiert. Wenn die Funktion in a differenzierbar ist, nennen wir diesen Grenzwert der Differenzen quotienten die Ableitung von f in a oder den Differentialquotienten von f in a oder die momentane Änderungsrate von f in a und bezeichnen ihn mit f’(a) (sprich: „f Strich von a”). Die Zahl f’(a) = lim z ¥ a f(z) – f(a) __ z – a berechnen heißt f in a differenzieren . Beschreiben die Zahlen im Definitionsbereich von f Zeitpunkte, dann kann man statt f’(a) auch ˙ f (a) schreiben (sprich: „f Punkt von a“). an einer Stelle differenzierbare Funktion Ableitung, Differential- quotient oder momentane Änderungs- rate einer differenzier baren Funktion in einer Stelle Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv
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