Elemente und Moleküle, Schulbuch

96 5 GRoSSteCHNISCHe CHeMIe Glas Normalglas • Altglas • Spezialgläser • Färbiges Glas Glas ist ein amorpher Stoff, das heißt, dass es kein regelmäßiges Kristallgitter auf- weist (Abb. 96.1). Dadurch fehlt auch der für kristalline Stoffe charakteristische Schmelzpunkt. Glas wird beim Erhitzen weich und mit zunehmender Temperatur immer dünnflüssiger. Daher lässt es sich – je nach Temperatur – sehr gut durch Bla- sen, Walzen, Pressen oder Vergießen bearbeiten. Auch bei Zimmertemperatur hat Glas noch gewisse Eigenschaften von Flüssigkeiten. Es verformt sich unter dem Einfluss der Schwerkraft ganz langsam, aber messbar. So müssen große Linsen von Fernrohren rotiert werden, damit die Verformung des Glases nicht die Abbildungs- eigenschaften der Linse beeinträchtigt. Auch sehr alte Fenster in Kirchen sind unten dicker als oben. Durch seine Lichtdurchlässigkeit, seine hohe Härte, die es vor Zerkratzen schützt, und seine porenfreie Oberfläche, die es gut reinigbar macht, ist Glas ein weit ver- breiteter Werkstoff. Die Jahresweltproduktion beträgt über 70 Millionen Tonnen. Die Glasherstellung ist der Menschheit schon sehr lange bekannt. Eine 2500 Jahre alte assyrische Keilschrifttafel beschreibt die Glasherstellung. Erst seit zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein billiges Verfahren zur Herstellung des Glasrohstoffes Soda entwickelt wurde, ist Glas ein Massenprodukt. Die Grundsubstanz für die Glasherstellung ist Quarz. Schon aus reinem Quarz lässt sich Glas erzeugen. Dazu wird dieser geschmolzen und die Schmelze lässt man wie- der erstarren. Beim Schmelzen brechen die Silicium-Sauerstoffbindungen zT auf. Die SiO 4 -Tetraeder verknüpfen sich beim Erstarren großteils wieder. Dies führt aber nicht mehr zu einer regelmäßigen, kristallinen Anordnung. Dieses Quarzglas hat hervor- ragende Eigenschaften. Es ist UV-durchlässig, sehr hoch erhitzbar, temperaturwech- selbeständig und chemisch äußerst resistent. Im chemischen Apparatebau spielt es eine wichtige Rolle, ebenso für UV- und Halogenlampen. Als normales Gebrauchsglas ist es nicht in Verwendung, da es spröder als herkömmliches Glas, seine Herstellung sehr energieaufwändig (Schmelzpunkt von Quarz: über 1700 °C) und die Bearbeitung schwierig ist (Erweichungstemperatur: ca. 1500 °C). Massenglas ist ein amorph erstarrtes, künstlich hergestelltes Silicatgemisch aus Natrium- und Calciumsilicaten. Man stellt es durch Zusammenschmelzen von Quarz, Soda und Kalk her. (Abb. 96.2) 6 SiO 2 + Na 2 CO 3 + CaCO 3 → Na 2 O • CaO • 6SiO 2 + 2 CO 2 Die „Formel“ von Glas gibt nur die ungefähre Zusammensetzung des Glases an. Die Malzeichen sollen andeuten, dass in Wirklichkeit nicht ein Oxidgemisch vorliegt, sondern ein Gemisch aus Silicaten von unterschiedlichem Vernetzungsgrad. Die Ausgangsmengen der Substanzen sind variabel. Je mehr Quarz eingesetzt wird, desto stärker vernetzte Silicate entstehen und desto schwerer schmelzbar ist das Glas. Normales Gebrauchsglas erweicht bei 400–800 °C. Die Glaserzeugung ist sehr energieaufwändig (ZB 4,4 GJ/t bei Hohlglas). Die Roh - stoffe werden vermischt und in großen, beheizten Wannen über 12 bis 15 Stunden auf 1500 °C erhitzt. Dabei läuft zuerst die endotherme Reaktion der Glasbildung unter CO 2 -Entwicklung ab. Durch Zusatz von Glasscherben (dh. Altglas) lassen sich das Schmelzen und die Glasentstehung beschleunigen. Altglasrecycling erspart also nicht nur den Einsatz von Glasrohstoffen, sondern auch beträchtliche Mengen an Energie (10 % Altglas spart 2,5 % der Gesamtenergie). Trotzdem ist die Einwegfla - sche auf Grund des Energieaufwandes bei der Glasherstellung nicht als umwelt- freundliche Verpackung anzusehen. Die Umweltbilanz wird nur bei Mehrwegglas- flaschen positiv. Glas eignet sich wegen seiner guten Reinigungsmöglichkeiten für Mehrwegverpackungen besonders. Gegen Ende des Schmelzvorganges werden Läuterungsmittel zugesetzt. Diese er- zeugen in der Glasschmelze Gas, das Verunreinigungen an die Oberfläche reißt, wo sie abgeschöpft werden können. Glas ist äußerst beständig gegen Säuren (außer Flusssäure HF) und Lösungsmittel. Nur stark alkalische Lösungen greifen Glas an (Festfressen von Schliffstopfen in Kristalliner Quarz Glasiger Quarz Glas Kationen Quarz Kalk Soda Mischen Einschmelzen Altglas CO 2 Läutern Läuterungs- mittel Verunreinigungen Verarbeitung = Formen Abkühlen fertiges Produkt 12–15 h 1500 °C Heizen Heizen langsames stufenweises Senken der Temperatur Abb. 96.2: Schema der Glasherstellung Abb. 96.1: Strukturen von Quarz und Glas Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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