Elemente und Moleküle, Schulbuch

82 5 GRoSSteCHNISCHe CHeMIe 5.2 HERStELLUNG ANORGANISCHER GRUND- CHEMIKALIEN Ammoniak • Salpetersäure • Schwefelsäure • Soda • Natronlauge • Chlor Ammoniak Die Synthese von Ammoniak aus den Elementen wurde von Fritz Haber und Carl Bosch in Deutschland kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs entwickelt. Das Ziel damals war, ausgehend vom Luftstickstoff einen Zugang zu den Stickstoffverbin- dungen zu finden, um vom Import von Chilesalpeter (Natriumnitrat, NaNO 3 ) unab- hängig zu sein. Die Produktion von Salpetersäure aus Ammoniak ermöglichte die Herstellung der kriegswichtigen Sprengstoffe. Ammoniak erwies sich dann als Schlüssel zu den Stickstoffdüngern und, man kann ohne Übertreibung sagen, als Basis der Welternährung. Die Entdeckung wurde 1918 mit dem Nobelpreis ( Fritz Haber , 1868–1934) ausgezeichnet. Für die technische Umsetzung erhielt Carl Bosch (1874–1940) 1931 ebenfalls den Nobelpreis. Die weltweite Produktion von Ammoni- ak beträgt heute jährlich etwa 125 Mio. Tonnen. Zur Ammoniakgewinnung muss zuerst das Ausgangsgasgemisch, eine Mischung aus Stickstoff und Wasserstoff im Molverhältnis 1:3, hergestellt werden. Der Roh - stoff dafür ist heute fast ausschließlich Erdgas (CH 4 ). Es wird zuerst entschwefelt, dann komprimiert und so mit Wasserdampf zur Reaktion gebracht. Diese „ Erdgasspaltung “ ist eine endotherme Reaktion, dh., je höher die Temperatur ist, desto günstiger wird die Gleichgewichtslage. Die Reaktion erfolgt technisch in von außen beheizten Rohren bei etwa 800 °C. Dabei setzen sich etwa 90 % des Me - thans um. Um das restliche Methan zu spalten, muss man die Temperatur auf über 1000 °C steigern. Dies geschieht durch Zusatz von Luft, in der die brennbaren Gase des Gemisches stark exotherm verbrennen. Man führt so viel Luft zu, dass der Stick- stoffgehalt des Gasgemisches für die Ammoniaksynthese ausreichend ist. Nun liegt ein Gasgemisch aus Wasserstoff, Stickstoff und Kohlenstoffmonoxid vor. Im nächsten Schritt wird Kohlenstoffmonoxid mit weiterem Wasserdampf umgesetzt. Diese schwach exotherme Reaktion muss nach dem Prinzip vom kleinsten Zwang bei möglichst tiefer Temperatur ablaufen. Man benötigt daher Katalysatoren. In zwei Stufen über Eisen- und Chromoxid bei 350–400 °C und über Kupfer bei 200 °C wird eine fast vollständige Umsetzung erreicht. Die Reaktion nennt man „Konvertieren“, da man für jedes Mol CO ein Mol H 2 erhält, also CO in H 2 „umwandelt“. Nun wird das entstandene Kohlenstoffdioxid in organischen Lösungsmitteln und heißer Kaliumcarbonat-Lösung gelöst und damit aus dem Gasgemisch entfernt (Heißpottasche-Verfahren). Durch Druckverminderung und heißen Wasserdampf wird das entstandene Kaliumhydrogencarbonat wieder in Kaliumcarbonat zurück - verwandelt (Dampfstrippen). Aus dem nun prinzipiell für die Ammoniak-Synthese fertigen Gasgemisch müssen noch Reste von Kohlenstoffmonoxid entfernt werden, da diese bei der Ammoniak - synthese als Katalysatorgift wirken. Dies geschieht durch Umkehrung der ersten Reaktion über Katalysatoren (Methanisierung). Die Methanspuren beeinträchtigen die Katalysatoren der Ammoniaksynthese nur wenig. Nun erfolgt die Synthese des Ammoniaks, wie sie von Haber und Bosch entwickelt wurde. Sie ist bis heute, abgesehen von einigen Detailverbesserungen, gleich ge- blieben (Abb. 82.2). Stickstoff (N 2 ) ist ein Molekül mit einer sehr großen Bindungsenergie. Dies ist der Grund für seine Reaktionsträgheit. Alle Reaktionen, bei denen elementarer Stickstoff beteiligt ist, benötigen eine hohe Aktivierungsenergie. Bei tiefer Temperatur ist die Gleichgewichtslage der schwach exothermen Reaktion günstig, aber die Reaktion fast unendlich langsam. Bei hoher Temperatur, bei der die Reaktion rasch genug wäre, liegt das Gleichgewicht bei den Ausgangsstoffen. Man benötigt also einen Katalysator. Mit den heute verwendeten Eisen- und Aluminiumoxidkatalysatoren kann man die Reaktionstemperatur auf 380 °C absenken, aber auch bei dieser Tem - peratur ist die Gleichgewichtslage noch ungünstig. Daher nützt man die Molzahlän- derung bei der Reaktion aus. Die Ausgangsstoffe (4 mol) haben nach dem Gesetz 3 H 2 + N 2 2 NH 3 CH 4 + H 2 O CO + 3 H 2 ∆ H = +206,2 kJ Erdgasspaltung CO + H 2 O CO 2 + H 2 ∆ H = –41,2 kJ Konvertierung K 2 CO 3 + H 2 O + CO 2 2 KHCO 3 Bindung des Kohlenstoffdioxids CO + 3 H 2 CH 4 + H 2 O ∆ H = –206,2 kJ Entfernen des Rest-CO N 2 + 3 H 2 2 NH 3 ∆ H = –92,2 kJ Ammoniaksynthese Abb. 82.2: Reaktionen der Ammoniakerzeugung Festpunkt –77,7 °C Kochpunkt –33,0 °C • Giftig (MAK-Wert: 50 ppm) • Stechender Geruch • Gut wasserlöslich 1 L Wasser löst bei 20 °C 675 L NH 3 • Wässrige Lösung heißt Salmiakgeist • Wässrige Lösung reagiert basisch • Handelsform: 25%ige wässrige Lösung Abb. 82.1: Eigenschaften des Ammoniaks NH 3 Abb. 82.3: Historische Ammoniaksynthese- Apparatur Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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