Elemente und Moleküle, Schulbuch

139 7.4 MODerne Trenn- UnD analYSenverFahren Kernresonanzspektroskopie (NMR) Die Kernresonanzspektroskopie (NMR; engl.: Nuclear Magnetic Resonance Spectro- scopy) beruht auf dem magnetischen Verhalten von Atomkernen. Nucleonen haben wie Elektronen einen Spin. Er wird als Drehung um die eigene Achse veranschaulicht. Durch diesen Spin bekommen die Nucleonen magnetische Eigenschaften, man kann sie sich wie kleine Stabmagnete vorstellen. Stabmagnete oder Magnetnadeln, die paarweise antiparallel zusammenliegen, heben sich in ihrer Wirkung auf. Dasselbe geschieht mit den Nucleonen. Nur bei einer ungeraden Zahl von Protonen oder Neu- tronen verhält sich der Gesamtkern wie ein kleiner Permanentmagnet. Dies ist in organischen Verbindungen hauptsächlich bei den H-Atomen der Fall. Nur diese sol- len in der Folge betrachtet werden, obwohl heute auch mit 13 C-Kernen Kernreso- nanzspektroskopie betrieben wird. Bringt man eine organische Verbindung in ein starkes Magnetfeld, so ordnen sich die Wasserstoffkerne parallel zu den magnetischen Feldlinien, wie es zB eine Mag- netnadel im Erdmagnetfeld tut. Neben dieser stabilen Lage ist durch Energiezufuhr, zB mit elektromagnetischen Wellen, noch eine zweite, labile, antiparallele Orientie- rung erreichbar. Die H-Atome absorbieren Strahlung einer bestimmten Frequenz, die der Energiedifferenz von paralleler und antiparalleler Orientierung entspricht. Diese Absorption wird registriert. Die Aufnahme eines NMR-Spektrums erfolgt aber aus gerätetechnischen Gründen nicht durch Variation der eingestrahlten Frequenz, son- dern durch Variation des äußeren Magnetfeldes bei konstanter Betriebsfrequenz. Aus dem bisher Besprochenen wäre zu erwarten, dass alle H-Atome einer organi- schen Verbindung nur ein Absorptionssignal liefern. Die Ursache, dass ein Spektrum entsteht (dh. verschiedene Signale), liegt in der „ chemischen Verschiebung “ (engl.: chemical shift). Durch das angelegte Magnetfeld wird in der Elektronenhülle ein Magnetfeld induziert, das dem angelegten Feld entgegengesetzt ist und seine Wir- kung etwas verringert. Im Molekül herrschen jetzt je nach chemischer Umgebung verschiedene Elektronendichten um die H-Atome und daher verschieden starke Abschirmungen. H-Atome, die an stark elektronegative Atome oder an diesen be- nachbarte C-Atome gebunden sind, sind schwächer abgeschirmt als zB H-Atome in Alkylgruppen. Dadurch absorbieren H-Atome verschiedener chemischer Umgebung bei etwas verschiedenen Magnetfeldstärken. H-Atome mit verschiedener Umgebung absorbieren bei einer etwas größeren Magnetfeldstärke als ein hypothetisch „nack- tes“ H-Atom. Die Differenz in der Magnetfeldstärke zu diesem hypothetisch „nack- ten“ H-Atom nennt man chemische Verschiebung. Man erhält nun verschiedene Absorptionssignale für die verschiedenen H-Atome (Protonen) des Moleküls. Als Beispiel soll das Spektrum des Ethanols (Abb. 139.2) betrachtet werden. Es existieren 3 verschiedene H-Atome – das schwach abge- schirmte in der OH-Gruppe, die stärker abgeschirmten in der CH 2 -Gruppe, die neben der OH-Gruppe steht, und die am stärksten abgeschirmten in der CH 3 -Gruppe. Je stärker die Abschirmung, desto weiter rechts im Spektrum befindet sich der zuge- hörige Peak. Die Peakflächen sind der Anzahl der jeweiligen H-Atome proportional. Sie werden durch eine Integrationskurve dargestellt. In unserem Fall beträgt das Verhältnis 1:2:3. Die chemische Verschiebung ist der Stärke des angelegten Magnetfeldes proporti- onal. Sie wird in Bruchteilen der Stärke des angelegten Magnetfeldes angegeben. Der Abschirmungseffekt durch die Elektronenhülle ist nicht sehr stark. Die verwen- dete Einheit ist ppm (parts per million). Bei stark abgeschirmten Kernen ist das wirksame Magnetfeld also nur einige Millionstel schwächer als bei „freien“ Protonen. Mit der Entwicklung höher auflösender Geräte hat man erkannt, dass die NMR-Sig- nale für chemisch äquivalente Protonen in vielen Fällen eine Feinstruktur besitzen. Diese Signale sind in mehrere kleine Signale aufgespalten, die zusammen Multipletts genannt werden. Diese Signalaufspaltung lässt sich durch die Wechselwirkung mit anderen Protonen (Spin-Spin-Kopplung) erklären. Auch daraus können Informatio- nen über den Molekülaufbau gewonnen werden. Heute hat sich aus der NMR-Spektroskopie eine medizinische Untersuchungsmethode entwickelt, die Kernspintomografie. Sie ermöglicht eine „Abbildung“ innerer Organe, die durch die Röntgenbilder nicht sichtbar gemacht werden konnten. Hochfrequenz- sender Sendespule Signalanzeige Empfänger Probe N S Abb. 139.1: NMR-Spektroskopie schematisch Abb. 139.2: NMR-Spektrogramm von Ethanol Chemische Verschiebung in ppm 1 H-NMR-Spektrum (60 MHz) 7 6 5 4 3 2 1 0 Abb. 139.4: NMR-Spektrum des Ethanols aufgelöst Abb. 139.3: NMR-Spektrum des Ethanols aufgelöst Integrationskurve Signalkurve –OH –CH 2 –CH 3 x 2x 3x magnetische Feldstärke NMR-Spektrum Frage: oder diese nur eine Art von H-Atomen daher oder diese Struktur? Diese C 5 H 12 CH 3 CH 3 H 3 C CH C H 2 H 3 C H 2 C C H 2 CH 3 H 2 C C CH 3 CH 3 H 3 C H 3 C Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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